Phoenix Solar - Chef Köhler: "Es gibt kein Recht auf Protektion"
Bernd Köhler, Konzernchef von Phoenix Solar, ist froh, dass sich sein Unternehmen auf Regionen abseits vom Solarenergie-Streit mit China konzentriert. Man setze auf Wachstum in Asien und den USA, sei operativ gut unterwegs und wolle 2014 wieder Gewinne erzielen, sagt der Manager im Gespräch mit der Redaktion von www.4investors.de. Zudem prüft man Geschäftsmodelle außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG. Eine Existenzgefährdung sieht Köhler für das Unternehmen, das von der Börse mit 19,4 Millionen Euro bewertet wird, längst nicht mehr und warnt vor neuen Zöllen. „Sollten die Systempreise zum Beispiel aufgrund von Zöllen wieder nachhaltig steigen, könnte das den Solarmarkt in Europa auf mehrere Jahre nahezu ruinieren“.
www.4investors.de: Wenn sie jetzt Herrn Asbeck von Solarworld treffen würden, was würden sie ihm zu dem Ausgang der Auseinandersetzung mit China sagen, die er erheblich mit voran getrieben hat?
Köhler: Die Solarbranche insgesamt hat sich wohl zu lange auf staatliche Intervention verlassen; es wird Zeit, dass sie sich dem Wettbewerb und dem freien Spiel der Kräfte stellt. Es gibt kein Recht auf Protektion, und auch der Gang zum Europäischen Gerichtshof kann die Schwierigkeiten einzelner Unternehmen nicht lösen. Wir mussten ja erleben, wie schon die Warnschuss-Zölle der Kommission und die enorme Unsicherheit, die sie mit ihrer Politik des „Vielleicht - vielleicht auch nicht“ hervorgerufen hat, das Geschäft in weiten Teilen Europas zusammenbrechen ließen. Wir sind froh, dass wir unsere Schwerpunkte auf Wachstumsregionen in USA und Asien setzen, die von diesem politisch-juristischen Geschehen nicht betroffen sind.
www.4investors.de: Solarworld ist auf die Gnade der Gläubiger angewiesen, hat aber fast die vierfache Marktkapitalisierung von Phoenix Solar. Wie passt das zusammen?
Köhler: Nun zum einen ist Solarworld schon eine größere Unternehmung als wir. Zum andern ist die Marktbewertung Sache der Investoren, nicht des Unternehmens. Aber zum dritten machen wir operativ unsere Hausaufgaben und halten den Kapitalmarkt über unsere Fortschritte auf dem Laufenden. Die letzten Tage zeigen, dass die Aufmerksamkeit auf unsere Aktie wieder gestiegen ist. Ob sich das Verhältnis unserer Aktie zu anderen Branchenwerten dann ändert oder umkehrt, das wird die Zukunft zeigen.
www.4investors.de: Ihre Eigenkapitalquote ist mit 14 Prozent nicht gerade sehr komfortabel, zugleich ist das Kursniveau für mögliche Kapitalerhöhungen nicht besonders attraktiv. Wie werden sie den Wert wieder nach oben bekommen?
Köhler: Es gibt ja noch eine zweite Methode, das Eigenkapital zu stärken, die mir deutlich lieber ist: nämlich wieder Gewinne zu machen. Das geht zwar langsamer und fängt noch nicht in diesem Jahr an, schont aber die Aktionäre.
www.4investors.de: Lässt sich in Europa vor dem Hintergrund der Preissteigerungen bei den Solarmodulen überhaupt noch ein großartiges Geschäft machen, wenn die Systempreise wieder steigen sollten? Welche europäischen Länder sind noch attraktiv?
Köhler: Sollten die Systempreise zum Beispiel aufgrund von Zöllen wieder nachhaltig steigen, könnte das den Solarmarkt in Europa auf mehrere Jahre nahezu ruinieren. Da gäbe es dann auch keine Ausnahmeregionen. Wir waren doch froh, die Netzparität erreicht, Solarstrom konkurrenzfähig gemacht zu haben. Es geht für den Investor - vom Häuslebauer bis zum Großanlagenbetreiber - um eine sichere, wirtschaftlich vernünftige Solarstromerzeugung. Wenn die Einstandskosten künstlich nach oben getrieben werden, ist die Investition nicht mehr attraktiv und unterbleibt. Das gilt insbesondere für die neuen Geschäftsmodelle, die sich von der staatlich geregelten Einspeisevergütung lösen. Denn etwa eine Eigenverbrauchsanlage lebt davon, dass der eigene Strom günstiger ist als der eingekaufte.
www.4investors.de: Rechnen sie im Asien-Geschäft mit Problemen, wenn die Auseinandersetzung zwischen EU und China zum Beispiel aufgrund der angekündigten Klage beim EUGH weiter gehen sollte?
Köhler: Unsere Tochtergesellschaften in Asien sind in ihren Märkten ganz gut vernetzt und das betrifft selbstverständlich auch die Lieferanten und die Behörden. Wir gehen derzeit nicht davon, dass sie unter eine Art EU-Malus fallen könnten. Vielmehr sollte es ihnen gelingen, die gute Reputation zu nutzen, die sie sich für gute Qualität und Kundenorientierung erarbeitet haben.
www.4investors.de: Phoenix Solar hat hohe Verluste und massive Einsparmaßnahmen hinter sich gebracht, sie selbst sind als Sanierer gekommen. Wie gefährdet ist das Unternehmen heute noch in seiner Existenz?
Köhler: 4investors wäre kein guter Finanzdienst, wenn Sie nicht ohnehin schon wüssten, dass wir wieder eine recht solide Existenz führen. Die Frage beantworte ich also für diejenigen Leser, die noch nicht so tief in unsere Bilanzen geschaut haben. Die Verluste haben wir durch die Einsparungen und durch die strategische Neuausrichtung auf USA und Asien deutlich reduziert. Und das haben unsere Banken dadurch honoriert, dass sie unsere Finanzierung bis Ende März 2015 verlängert haben. Wenn es uns gelingt, die Vertriebserfolge der letzten Monate zu verstetigen, und wenn das Geschäft in Europa nicht völlig zusammenbricht, dann können wir zuversichtlich sein, den operativen Turnaround im nächsten Jahr zu schaffen. Kurz: wir sind operativ ganz gut unterwegs, wir sind liquide und haben für die nächste Zukunft eine sichere Finanzierungsbasis.
www.4investors.de: Sie haben ihr Deutschland-Geschäft mit Ausnahme der Sparte „Operations + Maintenance“ eingestellt, was einen wesentlichen Beitrag zur Sanierung liefern soll. Was muss passieren, dass sie im heimischen Markt, den Phoenix Solar ja bestens kennt, wieder stärker aktiv werden?
Köhler: Wir haben einige unserer wichtigsten Know-how-Träger daran gesetzt, neue Geschäftsmodelle außerhalb des EEG zu entwickeln. Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass es dafür eine gute Erfolgschance gibt, dann werden wir den Versuch wagen.
www.4investors.de: Das hatten Sie ja schon mehrfach angekündigt. Geht es da voran? Was ist heute der Stand der Dinge?
Köhler: Ja, es geht voran; aber nein, verraten werde ich noch nichts.
www.4investors.de: Welche Rolle spielen neu entstehende Solarmärkte für Phoenix Solar derzeit – Südafrika zum Beispiel, oder Lateinamerika? Wie wird sich ihr Engagement hier entwickeln?
Köhler: Wir haben das Ziel fest im Blick, Phoenix Solar wieder in die Gewinnzone zu führen und daher konzentrieren wir uns auf die Regionen, in denen wir bereits eine gute Marktposition haben. Und sind froh, dass wir bereits vor einiger Zeit begonnen hatten, durch Internationalisierung des Geschäfts die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Diese Märkte bieten uns noch einiges an Wachstumspotenzial. Und zwar ohne dass wir dafür schon erhebliche Marktanteile erringen müssten. Wir sind also gar nicht in Versuchung, jetzt umfangreich in die Erschließung neuer Märkte zu investieren.
www.4investors.de: Eine Frage zum Abschluss: Wann werden die Solarbranche und Phoenix Solar die lange Durststrecke überwunden haben, wann schreiben sie wieder schwarze Zahlen?
Köhler: Für die Solarbranche insgesamt kann ich nicht sprechen, aber wir streben für 2014 ein wieder positives operatives Ergebnis an.