Thomson Reuters: Nachfrage nach Gold dürfte im zweiten Halbjahr 2013 zurückgehen
Thomson Reuters GFMS veröffentlichte heute das „Gold Survey 2013 – Update 1“. Dieses behandelt den massiven Umschwung im Markt zwischen dem ersten und zweiten Quartal 2013 sowie dessen Effekte. Nach Angaben von Rhona O’Connell, Head of Metal Research and Forecasting bei Thomson Reuters, wurden börsengehandelte Goldfonds im ersten Halbjahr aufgrund ihrer täglichen Transparenz immer mehr von Preisnehmern zu Preistreibern, während der unruhige professionelle Goldmarkt negativ auf externe Entwicklungen im Finanzmarkt reagierte.
O‘Connell merkt an, dass der physische Bedarf im April nach einem besonders massiven Preisfall mit Verlusten von USD 240 oder nahezu 16 Prozent in nur drei Tagen zur Monatsmitte in die Höhe schoss. Anders als der Bären-Trend des übrigen Marktes in diesem Zeitraum beruhte dieser Preisverfall nicht auf dem offen angekündigten Auslaufen der Anleihenkäufe durch die US-Notenbank (Tapering) und finanzieller Stabilität anderorts. Verantwortlich war vielmehr die Empfehlung der Europäischen Kommission, die Bank of Cyprus solle Gold im Wert von EUR 400 Millionen (zu diesem Zeitpunkt zehn Tonnen) verkaufen, um den heimischen Fiskus zu unterstützen, obwohl dies potenziell die Unabhängigkeit europäischer Nationalbanken untergraben könnte.
Im Juni war der Markt erneut turbulent, als sich Leerverkäufe häuften und professionelle Anleger erneut Positionen schlossen, weil sie immer stärker mit einem Ende der quantitativen Lockerung (QE3) in den USA rechneten. Der physische Markt war dieser Aufgabe allerdings gewachsen, und massive Käufe in all jenen Ländern, die traditionell in Gold investieren, ließen die Barrenvorräte im ersten Halbjahr auf ein neues Allzeithoch steigen. Die Herstellung von Schmuck erreichte den höchsten Stand in sechs Jahren, in einer Vielzahl von Ländern griffen Konsumenten zu mehr Karat. In Amerika geschieht dies zum ersten Mal seit zehn Jahren, während Käufer auch gleichzeitig wieder von alternativen Materialien zu Gold zurückkehren.
China zeigte sich besonders dynamisch. Die Schmuckherstellung stieg kurzfristig um 41 Prozent an und erreichte mit 345 Tonnen einen neuen Rekord. Nach mehr als zehn Jahren steigender Preise boten sich den Konsumenten seltene Kaufmöglichkeiten. Frauen im mittleren Alter, die die Haushaltskassen verwalten, umgangssprachlich als „chinesische Tanten“ tituliert, kauften auf Vorrat für Geschenke im späteren Jahresverlauf. Dies war auch ein typisches Bild im übrigen Markt. Die Ausnahme bildet Indien. Dort sorgten neue Import-und Vertriebsgesetze für generell knappe Bestände und weiter steigenden Schmuggel.
Die Bergbauindustrie in weiten Teilen der Welt erhöhte derweil weiter ihre Förderquoten. So stieg die Produktion in der ersten Jahreshälfte 2013 insgesamt um drei Prozent, insbesondere weil Bergbau-Projekte ihre Produktion hochfuhren. Das Wachstum in China, der Dominikanischen Republik, Kanada und Russland war besonders groß. Durch den anhaltenden Kostendruck (plus sieben Prozent im Jahresvergleich) sorgte das Abrutschen des Goldpreises im zweiten Quartal für weitere Margen-Kompression. Dazu bemerkte O’Connell: „Bisher haben nur wenige Produzenten ihre Produktion eingestellt. Durch die jüngste Preiserholung gehen wir davon aus, dass dies kurz- bis mittelfristig so bleibt, vielleicht mit Ausnahme kleinerer, finanzschwacher Produzenten am oberen Ende der Kostenkurve.“
Die Netto-Hedge-Positionen der Goldproduzenten sanken im ersten Halbjahr. Zwar stieg das Interesse an der Etablierung neuer Absicherungen, im Gegenzug aber nutzen deutlich mehr Produzenten den Preisverfall als Chance, bestehende Kontrakte günstiger und zum Teil sogar mit Gewinnen zu schließen. Nachdem die Konsumenten in den traditionellen Kauf- Regionen sich mittlerweile eingedeckt haben, sollten die zur Jahresmitte zu beobachtenden Handelsvolumina nun zurückgehen. Thomson Reuters GFMS erwartet zudem, dass die Schmuckherstellung in der zweiten Hälfte 2013 gegenüber dem ersten Halbjahr 2013 spürbar sinkt. Auch die Einlagerung von Goldbarren könnte um 50 Prozent abnehmen. Dennoch: Geopolitische Spannungen und der neu entbrennende Streit um eine Schuldenbremse in Washington deuten auf einen weiteren Rückgang des Baisse-Trends aus der ersten Hälfte 2013. Anfang 2014 könnte die Schwelle von USD 1.500 getestet werden, während der Durchschnittskurs des Jahres 2014 voraussichtlich bei USD 1.350 liegt, nach USD 1.446 im Jahr 2013.
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