TUI & Co.: Der Deutschen liebstes Hobby - Reisebranche im Beatmungszelt - Commerzbank Kolumne
Die Reisebranche gehört zu den von der Corona-Pandemie am stärksten betroffenen Branchen. Von Juli bis September 2020, also der üblichen Hauptreisezeit, setzten die Reiseveranstalter in Deutschland 75% weniger um als im Vorjahr. Als Folge dessen musste sich z. B. TUI, Europas größtes Touristikunternehmen, gleich dreimal eine monetäre Blutkonserve holen. Um das Vorkrisenniveau beim Reiseumsatz zu erreichen, wäre eine Vervierfachung der Umsätze nötig. Das ist angesichts der aktuellen Lage unmöglich. Die extrem schnelle Entwicklung und Zulassung der neuen Impfstoffe sorgte für Hoffnung hinsichtlich einer schnellen Rückkehr zur Normalität. Die Ernüchterung folgte aber auf dem Fuße in Gestalt von Lieferengpässen. Der Aufbau gigantischer Produktionskapazitäten ist ein Kraftakt und kann nicht über Nacht bewältigt werden. In der EU sind Impfstoffe deshalb in den meisten Ländern Mangelware. Auf der Prioritätenliste zur Impfung stehen in Deutschland zudem bspw. 80jährige Risikopatienten und nicht potenzielle, zahlungskräftige Urlauber.
Das Risiko, eine aktuell gebuchte Reise letztendlich nicht antreten zu können, bleibt vorerst hoch. Um die breite Bevölkerung dazu zu bewegen, jetzt ihren Urlaub zu buchen, braucht es Vertrauen in die Impffahrpläne im Heimatland, im Urlaubsland und in die Sicherheit auf dem Weg dorthin. Die Bedrohung durch neue, möglicherweise aggressivere Virusmutationen führt aber eher zu weiterer Verunsicherung und verzögert Lockerungsmaßnahmen. Nachdem aktuell noch nicht einmal garantiert werden kann, wie lange die Impfung wirksam ist und ob dennoch Dritte angesteckt werden können, kann dieses Vertrauen nicht entstehen. Ein Streitthema sind zudem Impfprivilegien. Diese wären für die Reisebranche aber notwendig, sobald die zuvor noch unklaren Wirksamkeits- und Ansteckungsfragen geklärt sind.
Anleihen
EU: BIP-Prognose der EU-Kommission, 11:00 Uhr
USA: Erstanträge, Arbeitslosengeld, 14:30 Uhr
Die Bund-Länder-Kommission hat gestern beschlossen, den Lockdown in Deutschland bis zum 7. März fortzuführen. Einige Bundesländer werden aber schon bald bei den unteren Klassen (1 bis 6) zumindest teilweise zum Präsenzunterricht übergehen. Auch die Frisöre dürfen schon früher, am ersten März, wieder öffnen. Der Einzelhandel, Restaurants und Hotels etc. bleiben aber geschlossen. In Deutschland und anderen europäischen Ländern könnten die Impfzahlen deutlich höher sein, wenn man schon im Herbst 2020 den Aufbau von Produktionskapazitäten für Impfstoff priorisiert hätte. In den USA ist der Inflationsdruck in Moment noch niedrig – wie die Januardaten zeigen. Doch es ist absehbar, dass Basiseffekte im ersten Halbjahr die Inflationsrate auf deutlich über 2% ansteigen lassen werden. Für Januar wurde ein Anstieg um 1,4% im Jahresvergleich für die Gesamtindex gemeldet – und ebenfalls 1,4% für die Kernrate, also ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise. Im Monatsvergleich war der Anstieg der Benzinpreise (+7,2% zum Vormonat) der stärkste Preistreiber. Während der Anstieg der Nahrungsmittelpreise sich abschwächte (+0,1% zum Vormonat). Bei der Kernrate war allenfalls bei Bekleidung ein merklicher Preisanstieg zu verzeichnen (2,2% ggü. Dezember). Der spürbare Preisanstieg bei Rohstoffen und Vorleistungsgütern dürfte sich in den kommenden Monaten auch auf die Verbraucherpreise übertragen. In Frankreich blieb die Industrieproduktion im Dezember saisonbereinigt um 0,8% hinter dem Vormonat zurück. Erwartet wurde dagegen ein leichter Zuwachs. Auch in Frankreich wächst die Unzufriedenheit mit der Regierung. Würden jetzt Neuwahlen angesetzt, würden Marie le Pen und Macron gleichaufliegen. Die Renditen zeigten sich gestern wenig verändert.
Aktien
Deutschland: Bilfinger, Commerzbank, Q4
Europa: Arcelor, AstraZeneca, Crédit Agricole, L’Oréal Pernod Ricard, Unicredit, Q4
USA: PepsiCo, Kraft Heinz, Verisign, Walt Disney, Q4
Die europäischen Aktienmärkte lagen gestern nahezu unverändert und der markbreite Stoxx 600 schloss mit -0,2% geringfügig tiefer. Der DAX tanzte gar nicht coronagerecht engumschlungen Tango mit der 14.000-Marke und überquerte sie ein Dutzend Mal, bevor er sich dann doch in sein Schicksal ergab und 0,6% tiefer schloss als schwächster der großen europäischen Indizes. Die Märkte fallen immer wieder angesichts Lockdown-Beeinträchtigungen und schleppendem Impffortschritt in Zweifel über den gewährten Vertrauensvorschuss. Bester Sektor waren in Europa Finanzwerte (+0,5%) gefolgt von Grundstoffen (+0,3%). Klare Verlierer gab es mit dem zyklischen Konsum ( -1,2%) und Technologie (-1%). Beste Werte im DAX waren FMC (+3%) und Siemens (+1,6%). Dagegen büßten Delivery Hero (-3%) und MTU (-2,7%) am deutlichsten ein. Im MDAX fielen ThyssenKrupp (+6,4%) nach Prognoseanhebung positiv auf. Nach Gewinnwarnung der australischen Tochter gab Hochtief 4% nach. Herausragend im EuroStoxx50 nach Quartalszahlen der niederländische Zahlungsabwickler Adyen (+8,6%). Auch in den USA war die Handelssitzung themen- und bewegungsarm. Der Dow Jones legte 0,1% zu, der S&P landete auf Vortagesniveau, die Nasdaq gab 0,3% ab. Außer dem mit leicht festerem Ölpreis um 1,9% gestiegenen Energiesegment bot nur der zyklische Konsum mit -0,9% eine größere Bewegung. Im Dow lag Walgreens (+3,2%) an der Spitze. Cisco (-2,6%) enttäuschte dagegen. Größere Bewegungen gab es bei Twitter (+13%) nach Zahlen und Tesla (-5,2%). Die asiatischen Märkte handeln etwas höher. In China sind die Märkte wegen des Neujahrsfests bis 17.02. geschlossen.
Hinweis auf Interessenskonflikt(e): Der / die Autor(in) oder andere Personen aus der 4investors-Redaktion halten unmittelbar Positionen in Finanzinstrumenten / Derivate auf Finanzinstrumente von Unternehmen, die in diesem Beitrag thematisiert werden und deren Kurse durch die Berichterstattung beeinflusst werden könnten: TUI.