Commerzbank: Die Fed hält dezidiert die Tür zur Leitzinswende im Dezember offen
Die Fed hat sich die Option auf eine Leitzinsanhebung im Dezember offengehalten. So hieß es neu in der Pressemitteilung zur FOMC-Sitzung: Ob eine Anhebung in der kommenden Sitzung (16.12.) angemessen sei, hänge vor allem da-von ab, ob man bis dahin weiter dem dualen Ziel der Vollbeschäftigung sowie einer Inflationsrate von 2% näher komme – sowohl hinsichtlich der realen Daten, aber auch der Erwartungen. Die Fed will ihre Entscheidung an einer breiten Palette festmachen, zu der auch die Entwicklungen am Finanzmarkt und des globalen Umfelds zählen. Dabei gibt ihr vor allem die niedrige Inflation viel „Ermessensspielraum“. Die Märkte müssen weiterhin mit der Unsicherheit um das Timing der Leitzinswende zurechtkommen.
Zinsen und Anleihen
Das wichtigste Ereignis des gestrigen Tages fand erst nach Schließen der europäischen Rentenmärkte statt: Die Verkündung des FOMC-Zinsentscheids. In der veröffentlichten Presseerklärung wird die Tür für eine Zinserhöhung im Dezember offen gelassen, die Fed möchte aber noch weitere Konjunkturdaten abwarten (siehe „Im Blickpunkt“). Der Euro schwächte sich nach der Sitzung auf 1,09 US-Dollar je Euro ab. Die gestrige Aufstockung der zehnjährigen Bundesanleihe erfolgte zur niedrigsten Rendite seit April. Bekamen Anleger bei der letzten Aufstockung Anfang Oktober noch eine Rendite von 0,62% für die 1% DBR 08/2015, so mussten sie nun mit 0,44% Vorlieb nehmen. Im April konnte sich der Bund zum absoluten Renditetief von 0,13% für zehn Jahre verschulden. Einen neuen Tiefpunkt erreichten die zweijährigen Bundesanleihen mit -0,355% und reflektieren damit die Erwartung, dass die EZB im Dezember den Einlagensatz (aktuell -0,20%) weiter absenkt. Der Renditeabstand zwischen zehnjährigen US-Staatstiteln und Bundesanleihen vergrößerte sich seit der EZB-Sitzung und liegt aktuell bei über 1,6%; zum Rekordabstand von knapp 1,90% im März ist aber noch Luft vorhanden und wird wohl erst dann erreichbar sein, wenn eine baldige Leitzinsanhebung in den USA klarer wird. Das amerikanische Handelsbilanzdefizit hat sich gegenüber dem Vormonat verbessert und ist so gering wie seit sieben Monaten nicht mehr. Ein wichtiger Grund für diese Verbesserung waren höhere Exporte und geringere Importe. Die schwedische Reichsbank drehte zwar nicht weiter an der Zinsschraube, sie plant aber zusätzliche Anleihekäufe.
Aktien
Vor der anstehenden Leitzinsentscheidung der US-Notenbank haben die europäischen Aktienanleger ihre Bedenken wegen einer frühen Zinswende abgeschüttelt und für steigende Kurse gesorgt. Damit konnten die im bisherigen Wochen-verlauf entstandenen Verluste komplett aufgeholt werden. Unterstützt wurde diese Entwicklung durch ein insgesamt positives Bild bei den vorgelegten Quartalsergebnissen. Im Dax 30 lagen die Vorzugsaktien von VW (+4%) an der Spitze der Kursliste. Der krisengeschüttelte Automobilproduzent profitierte davon, dass sich „Dieselgate“ bisher noch nicht in den Absatzzahlen niedergeschlagen hat. Linde (+2%) verbuchte nach soliden Geschäftszahlen einen überdurchschnittlichen Kursaufschlag. Im insgesamt positiven Umfeld erlitt lediglich Infineon (-1,3%) etwas stärkere Abschläge. Im EU-ROSTOXX 50 konnten bis auf unverändert notierende Medien alle Branchen meist deutlicher zulegen. Besonders der Gesundheitsbereich (+2%) setzte seine Erholungsbewegung fort. An der Wall Street wurde der Wortlaut des FOMC-Communiques nach anfänglichen Irritationen letztendlich positiv aufgenommen. Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss nur knapp unter seinem Tageshöchststand. Stärkster Einzelwert war Apple (4,1%) nach insgesamt überzeugenden Quartalsdaten. An den asiatischen Aktienbörsen setzt sich heute Morgen die bereits gestern uneinheitliche Tendenz weiter fort. Der Nikkei 225 sowie die chinesischen Festlandbörsen notieren moderat fester. Die europäischen Märkte dürften dank der US-Vorgabe fester eröffnen.