Commerzbank: Ende der Deflationshysterie
In zwei Wellen ist die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen seit der zweiten Aprilhälfte gestiegen: von einem Allzeittief von 0,05% auf zuletzt 0,88%. Ausschlaggebend dafür waren zum einen markttechnische Faktoren, zum andern aber die Einsicht, dass die teilweise grassierenden Deflationsbefürchtungen sich als unbegründet erwiesen haben. Seit ihrem Tiefstand ist die Inflationsrate im Euroraum um 0,9% gestiegen – einen Hauch mehr als die Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen. Im 4. Quartal dürfte die Inflationsrate aufgrund von Basiseffekten auf rund 1,4% anziehen. Die 10j. Rendite wird wohl aufgrund der Anleihekäufe der EZB deutlich dahinter zurückbleiben, sich aber nicht richtungsmäßig vom Inflationstrend abkoppeln.
Zinsen und Anleihen
Die Rentenmärkte sind verhalten in die neue Woche gestartet. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen pendelte um die 0,85% und befand sich damit nach dem massiven Anstieg vom Donnerstag schon den zweiten Tag in einer Seitwärtsbewegung. Die Konjunkturdaten aus Deutschland konnten den Rentenmarkt jedenfalls nicht nachhaltig beeinflussen. Die deutsche Industrieproduktion wuchs im April mit +0,9% stärker als erwartet (+0,6%), nachdem sie im März noch leicht zurückgegangen war. Auch die Exporte konnten im April nach zwei starken Vormonaten weiter zulegen (+1,9%), wohingegen die Importe um 1,3% zurückgingen. Positiv auf die gestiegenen Exporte dürfte sich der schwache Euro ausgewirkt haben. Insgesamt scheint sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland weiter gut zu entwickeln. Interessant ist die Spreadentwicklung der griechischen Staatsanleihen im Vergleich zu Bundesanleihen. Schaut man sich die Renditen der zehnjährigen Papiere an, so hält sich der Abstand in den letzten Wochen erstaunlich stabil zwischen 10 und 11Prozentpunkten. Den jüngsten Renditesprung der Bundespapiere in der Vorwoche haben die griechischen Anleihen nicht nachvollzogen – die Rendite ging sogar zurück. Die aktuelle Diskussion um Griechenlands Verbleiben in der Eurozone scheint die Kurse griechischer Anleihen derzeit nicht signifikant verändert zu haben. Dagegen sind die Anleiherenditen aus Italien und Spanien parallel zu den deutschen Staatstiteln nach oben mitgelaufen und handeln inzwischen um die 2,25% im Zehnjahresbereich. Es gibt bisher nichts Konkretes zu Griechenland; ein Treffen zwischen den Finanzministern Schäuble und Varoufakis brachte gestern keine Annäherung der Positionen.
Aktien
Während die chinesischen Festlandbörsen auch gestern ihren Höhenflug fortsetzten, mussten die europäischen Aktienmärkte erneut Verluste hinnehmen. Angesichts der Turbulenzen an den Anleihemärkten, der weiter ausbleibenden Fortschritte im Schuldendrama um Griechenland sowie eines Euro, der die Verluste vom Freitag sehr schnell wieder aufholen konnte, standen vor allem die Aktienmärkte des Euroraums unter Druck. Im deutschen Leitindex Dax 30 gab es mit der Deutschen Bank (+3,6%) nur einen Gewinner. Nach der Ankündigung vom Sonntag, dass die Doppelspitze Jürgen Fitschen und Anshu Jain zurücktreten und künftig durch das bisherige Aufsichtsratsmitglied John Cryan ersetzt wird, hatten die Aktien des Kreditinstituts zwischenzeitlich sogar mehr als 8% zulegen können. Auch im EUROSTOXX 50 gab es fast nur Verlierer. Als einzige Branche konnte sich das Nahrungsmittelsegment (Anheuser-Busch InBev +0,5%) gehalten präsentieren. Dagegen standen vor allem Energie-werte (-2%), Automobiltitel (-1,8%) sowie Grundstoffe (-1,7%) unter Druck. An der Wall Street trübten neben Griechenland nach den starken Arbeitsmarktdaten vom Freitag auch Sorgen um eine frühere Zinswende die Stimmung. Im insgesamt negativen Umfeld konnte lediglich der Telekommunikationssektor (+0,2%) leicht zulegen. Am schwächsten präsentierte sich dagegen das IT-Segment (-1,2%). Intel (-1,7%) setzte seine schwache Performance, die mit der Übernahmeofferte für Altera eingesetzt hatte, weiter fort. Auch die Produktneuigkeiten, die Apple auf der Entwicklermesse WWDC präsentierte, konnten die Anleger nicht begeistern. Die Aktie verlor 0,7%. Die asiatischen Märkte tendieren heute Morgen insgesamt schwächer. In China wird die weiter hinter den Zielen der Regierung zurückbleibende Inflation als Beleg für die schwache Nachfrage der Konsumenten gesehen.