Northern Data: Wachstumspläne im Bitcoin-Mining geplatzt - Aktie stürzt ab
Northern Data stampft die bisherigen Wachstumspläne im Kryptomining-Geschäft ein und will deutlich weniger Miner betreiben als man bisher angekündigt hatte. Pikant: Gerade erst hatte man die Pläne, die Zahl der Miner bis Ende 2022 auf 100.000 auszubauen, im verspätet vorgelegten Geschäftsbericht für 2021 bestätigt.
Schon die in den monatlichen Updates zuvor gemeldeten Ausbauzahlen ließen darauf schließen, dass das mindestens „herausfordernd” wird. „Bislang hat Northern Data rund 70.000 ASIC-Miner bezahlt und erhalten”, so Northern Data unter anderem im Geschäftsbericht für 2021. Der Krypto-Miner weiter: „Der weitere Ausbau der Bitcoin-Mining-Kapazitäten in 2022 wird nicht linear pro Monat verlaufen, sondern eine starke Zunahme im 4. Quartal 2022 zeigen”, hieß es noch am 8. September 2022.
Heute, 11 Tage später, kassiert das Unternehmen die Pläne in einem Aktionärsbrief ein. „Wir arbeiten daran, die derzeitige Kapazität bis zum Ende des Jahres um zusätzlich 10.200 – 16.200 ASIC-Miner zu steigern”, kündigt die Gesellschaft an, die per Ende August ganze 33.500 Miner installiert hatte. Davon waren allerdings lediglich 20.300 in Betrieb, darunter 17.900 Miner, welche die Gesellschaft auf eigene Rechnung betreibt - installiert hierfür sind 25.800, viele davon also gar nicht in Betrieb.
Man wolle nun die Hashrate für das Mining auf eigene Rechnung bis zum Ende des Jahres auf 3,5 bis 4,0 EH/s erhöhen, so die neue Prognose. Laut Northern Data entspreche dies nur noch 36.000 bis 42.000 Minern - weit weniger als die 70.000 ASIC-Miner, die man bereits bezahlt und erhalten habe. Das Hosting-Geschäft auf Rechnung Dritter will man nach Möglichkeit gleich ganz abwickeln.
Bitcoin-Mining wird zunehmend unattraktiv
Die zu hohen Energiepreise und der stark gefallene Bitcoin-Kurs machen das Bitcoin-Mining schon seit einiger Zeit zunehmend unattraktiv. Gebrauchte Mining-Hardware überschwemmt aufgrund der Entwicklungen beim Bitcoin- und Energiepreis den Markt. Die Preise sind im Tiefflug, was den Verkauf nicht mehr genutzter Hardware erschwert. Zu Abschreibungsrisiken äußert sich Northern Data heute zwar nicht, überraschend kämen Wertberichtigungen angesichts der Situation aber nicht. Schon jetzt kündigt Northern Data an, die Verwaltungskosten um 30 Prozent senken zu wollen. 2023 wolle man „auch in einem Szenario mit niedrigem Wachstum weiterhin einen positiven Free Cashflow generieren können”. In welcher Höhe, bleibt unklar.
Hinzu kommt der „Merge” bei Ethereum und damit die Umstellung von „Proof-of-Work” auf „Proof-of-Stake”. Für Northern Data und andere Ethereum-Miner bedeutet das das Ende dieser Aktivitäten. Kleinere Kapazitäten kann man zwar ins Mining anderer „Altcoins” verlagern, doch ob das rentabel sein wird, bleibt abzuwarten. Das Cloud-Computing steckt bei Northern Data noch in den Kinderschuhen und es bleibt fraglich, ob es dort jemals herauswachsen wird.
Das relativiert auch die Aussage der Gesellschaft, dass man 2022 weiter mit einem Umsatz zwischen 200 Millionen Euro und 250 Millionen Euro rechnet - davon laut Geschäftsbericht ganze 5 Millionen Euro bis 14 Millionen Euro aus dem Bereich Cloud Computing. Zudem plane man mit einem bereinigten EBITDA zwischen 40 Millionen Euro und 75 Millionen Euro, so Northern Data heute erneut. Was unter dem Strich heraus kommen wird, steht aber auf einem ganz anderen Blatt. Schon unbereinigt wird das EBITDA nur noch zwischen 6 Millionen Euro und 40 Millionen Euro und damit weit unter dem Wert aus dem vergangenen Jahr liegen - und hier sind potenzielle Abschreibungen noch nicht einmal berücksichtigt.
Neues Baissetief für die Northern Data Aktie
Auch die Finanzierung bereitet Kopfzerbrechen. Zwar betont Northern Data, man verfüge „über einen hohen zweistelligen Millionenbetrag an Barmitteln”, dennoch will man für die weitere Expansion noch liquide Mittel über Kredite aufnehmen. Man führe Gespräche mit Kreditgebern für projektbezogene Finanzierungen, teilt das Unternehmen mit. Mit einer Neuordnung der Geschäfte in drei Bereiche wolle man zudem Investoren so die Möglichkeit geben, Minderheitsbeteiligungen an einzelnen Geschäftssegmenten zu übernehmen, so Northern Data.
Verschwiegen gibt man sich dagegen zu einer Klage, die vor wenigen Tagen in den USA eingereicht wurde: Riot Blockchain verklagt Northern Data. Aus Vertragsverletzungen fordert Riot von Northern Data 114 Millionen Dollar. Riot Blockchain hatte 2021 von Northern Data für 650 Millionen Dollar Whinstone U.S Inc samt ihres Datencenters in Texas übernommen.
Die Aktie von Northern Data (WKN: A0SMU8, ISIN: DE000A0SMU87, Chart, News) verliert im Handel am Montag mehr als 11,6 Prozent am Wert. Im Tagesverlauf wird mit 14,19 Euro ein neues Baissetief erreicht.