Inverse Zinsstruktur in den USA: Alarmglocken klingeln massiv! - Nord LB Kolumne
Heute Mittag geschah etwas historisch Bemerkenswertes: Erstmals seit 2007 fiel die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries wieder unter jene der zweijährigen. Bedeutsam ist diese Entwicklung vor allem aus einem Grund: Eine negative Zinsdifferenz 10J minus 2J – also eine inverse Zinsstruktur – war in der Vergangenheit oftmals ein Vorbote für eine baldige Rezession. Über viele Monate hinweg wurde bereits über die Möglichkeit einer 10J-2J Inversion in den USA diskutiert, mit den wahrscheinlichen Folgen für die zu erwartende globale konjunkturelle Entwicklung – nun ist der Fall tatsächlich eigetreten!
Angekündigt hatte sich diese Bewegung auf den Rentenmärkten bereits vor Monaten – tatsächlich sorgten aber vor allem die letzten 2 ½ Wochen für den entscheidenden Schub. Als Ausgangpunkt müssen wohl die Befürchtungen angesehen werden, dass die diversen, vor allem politisch motivierten „Unruheherde“, über kurz oder lang die weltweite Konjunktur zunächst signifikant verlangsamen und dann einige Länder in die Rezession führen werden. Dabei würden zwar die Notenbanken wie gewohnt mit Zinssenkungen reagieren, da aber der wirtschaftliche Einbruch markanter sein werde als üblich, sei wieder mit unkonventionellen Maßnahmen wie Quantitative Easing zu rechnen, was die langfristigen Zinsen stärker nach unten drückt, als die (an den Leitzinsen hängenden) kurzfristigen Zinsen. Flucht in Safe Haven-Anlagen ist zudem das Gebot der Stunde, wenn es düster mit der Konjunktur – und der Politik aussieht.
Und an der Politik scheint es derzeit zu liegen, wenn man den Befürchtungen folgt: Merkwürdige politische Maßnahmen, die man nach den Wirrungen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts schon zu den alten Zöpfen der Wirtschaftspolitik zählte, scheinen zuletzt wieder aus der Mottenkiste geholt zu werden. Es ist ein altertümlich anmaßender Mix von Entscheidungen aus den Bereichen Zollpolitik, Abschottungspolitik, Immigrationspolitik, Drohungen und Ultimaten gegenüber anderen Ländern, die überhaupt keinen Hauch von seriöser Diplomatie mehr beinhalten. Die sich hieraus ergebene Unsicherheit auf den Finanzmärkten zieht einen zunehmenden Attentismus bei den Unternehmenslenkern nach sich und führt vielleicht bald auch einer zaghafteren Konsumneigung.
Aufzuführen sind konkret die Problemfelder Brexit, Zölle zwischen den USA und China, weitere mögliche Zölle zwischen den USA und Europa, die italienische Regierungskrise, Zank zwischen Südkorea und Japan und zuletzt die Auseinandersetzungen zwischen dem chinesischen Staat und den Bürgern Hong Kongs. Einzeln wären diese wohl behandelbar, in der Summe aber bedenklich! Wäre man nach drei Jahren Ausflug auf einer einsamen Insel heute wieder zurück im Lande, würde man sich verwundert die Augen reiben.
Es gibt noch durchaus Hoffnung: So scheint der wichtigste Wirtschaftsblock der Welt – die USA – solide dazustehen. Der Arbeitsmarkt brummt, der Konsum ist robust, der Immobilienmarkt kühlt sich leicht ab, so dass er nicht überhitzt. Vermutlich wird in 2019 ein Wirtschaftswachstum von immerhin 2,3% herausspringen. Die Anhebung der US-Zölle gegenüber China wurde auf Mitte Dezember verschoben. Es bleibt dabei: Trump möchte sicherlich ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl eine Rezession vermeiden und keine komplette Konfrontation mit China riskieren. Wir rechnen also mit einer (Teil-)Einigung in Sachen Zöllen mit dem Reich der Mitte. Bis dahin wird die Fed noch einmal die Zinsen senken, die EZB dürfte agieren und auch die PBoC wird Maßnahmen verkünden.
Fazit: Weltweite Konjunktursorgen haben in den letzten Tagen zugenommen. Ein Mix aus Brexit, US-Zöllen, Italien, Chinas Vorgehen in Hong Kong verunsichern. In diesem Zuge sind Safe Haven-Anlagen gefragt. Abzulesen ist dies vor allem in der erstmals seit 2007 zu beobachtenden negativen Zinsdifferenz 10J-2J US-Treasuries, was in der Vergangenheit oftmals eine Rezession ankündigte. Die Hoffnung liegt auf einer (Teil-)Einigung im Zollstreit zwischen den USA und China, da beide Länder von einer solchen profitieren würden.