Ringmetall hat General Standard im Visier, Kritik an Deutsche Börse AG
Die Deutsche Börse hat mit der Entscheidung, den Entry Standard zu schließen und ein neues Marktsegment aus der Taufe zu heben, viele überrascht. Ringmetall gehört zu den betroffenen Unternehmen, deren Aktie in ein neues Marktsegment wechseln muss. Im Interview mit der Redaktion von www.4investors.de spricht Konzernchef Christoph Petri über die Entscheidungen und Konsequenzen.
www.4investors.de: Die Deutsche Börse AG hat zum 1. März 2017 ein neues Marktsegment angekündigt, das den Entry Standard ersetzen soll. Hat sie die Entscheidung der Börse überrascht und können sie diese angesichts der vielen Pleiten im Entry Standard für Aktien und Anleihen nachvollziehen?
Petri: Die Entscheidung ist für uns eher nicht nachvollziehbar.
www.4investors.de: Kann das neue Segment das Vertrauen in den Kapitalmarkt zurück bringen, das in den letzten Jahren durch den Neuen Markt und den Entry Standard verloren gegangen ist?
Petri: Ein Vertrauensverlust des Entry Standard, so wie er etwa ehemals beim Neuen Markt spürbar war, war für uns aus Gesprächen mit Investoren nicht erkennbar.
www.4investors.de: Sind sie mit dem neuen Segment in der vorgeschlagenen Form zufrieden oder hätten sie es anders aufgebaut?
Petri: Die neue Form des Segments ist für uns ausgesprochen uninteressant. Es erscheint uns fragwürdig, anhand welcher Grundsätze das neue Segment ausgerichtet wurde. Im Vergleich zu höherwertigen Segmenten schätzen wir vor allem den Kosten-Nutzen-Faktor als eher unattraktiv ein.
www.4investors.de: Wie werden sie als betroffene Gesellschaft nun reagieren – wird es einen Wechsel in das neue Segment mit seinen deutlich umfangreicheren Folgepflichten geben, oder steht der Zwangswechsel in ein niedriger reguliertes Segment bevor?
Petri: Die Ringmetall AG hatte ohnehin vor, 2018 in den General Standard zu wechseln. Bis dahin wäre beispielsweise ein Wechsel in den M:Access eine denkbare Alternative.
www.4investors.de: Was hat für sie den Ausschlag gegeben, sich gegen den Wechsel in das neue Segment zu entscheiden?
Petri: Entscheidend war die Zwangsauflage, ein durch die Deutsche Börse bereitgestelltes Equity Research verpflichtend einkaufen zu müssen. Da wir hinter den Studien keinerlei Vermarktung des Research erkennen konnten, erscheint dies nicht unseren Qualitätsanspruch an Equity Research erfüllen zu können. Die Ringmetall AG bezahlt auf freiwilliger Basis einen Research-Anbieter, der bewusst aufgrund seiner Vermarktungsqualität ausgewählt wurde.
www.4investors.de: Sind die Anforderungen an KMU, die die Deutsche Börse AG im neuen Marktsegment stellt, ihrer Meinung nach zu hoch?
Petri: Bis auf das verpflichtende Research halten wir die Anforderungen für angemessen, obwohl sie generell noch unter den Mindeststandards liegen, die wir uns selbst auferlegen.
www.4investors.de: Die Aufmerksamkeit professioneller Investoren gegenüber den Freiverkehrssegmenten ist in der Regel sehr gering bis nicht vorhanden. Wie gehen sie mit diesem Risiko um?
Petri: Ein Unterschied in der Aufmerksamkeit ist für uns eher erst ab dem General bzw. Prime Standard spürbar. Bei hochwertiger, quartalsmäßiger Berichterstattung sowie regelmäßigen Road Shows und Conference Calls sehen wir kein Risiko einer geringeren Aufmerksamkeit durch professionelle Investoren.
www.4investors.de: Bis wann werden sie eine Entscheidung über das zukünftige Börsensegment ihrer Aktie treffen?
Petri: Die endgültige Entscheidung werden wir Anfang 2017 treffen.
www.4investors.de: Welche Faktoren werden bei der Entscheidung eine besondere Rolle spielen?
Petri: Das Kosten-Nutzen-Profil des Segments ist uns besonders wichtig, da wir ohnehin in gute Investor Relations investieren und das neue Segment nur einen Zwischenschritt vor dem Wechsel in den General Standard darstellt.