Nord LB – ifo-Geschäftsklima: Unternehmensstimmung zollt Marktkapriolen Tribut

Heute hat das Münchener ifo-Institut die Ergebnisse seines Konjunkturtests für den Berichtsmonat Januar veröffentlicht. Demnach ist der ifo-Geschäftsklimaindex zum Jahresbeginn deutlicher als erwartet gesunken. Das sicher wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft ging von 108,7 auf nur noch 107,3 Punkte zurück. Dies ist der niedrigste Stand seit dem Februar des letzten Jahres. Wir hatten zwar ähnlich wie die übrigen von Bloomberg im Vorfeld befragten Analysten mit einem leichten Rücksetzer gerechnet. Das Ausmaß des Rückgangs muss aber doch als negative Überraschung gewertet werden. Die Unternehmensstimmung zollt somit doch den Marktkapriolen der vergangenen Wochen Tribut.
Vor allem der Ausblick für die nähere Zukunft hat sich eingetrübt. Die auf die Situation in sechs Monaten gerichteten Geschäftserwartungen der rund 7.000 vom ifo-Institut befragten Unternehmenslenker sanken deutlich von 104,7 auf 102,4 Punkte. Damit liegt die Erwartungskomponente zwar noch leicht oberhalb des Augustwertes, die Bewegung binnen Monatsfrist fiel aber doch sehr ausgeprägt aus. Allerdings sollte man – insbesondere nach den schon fast panikartigen Marktverwerfungen seit dem Jahreswechsel – einen einzelnen Monatswert nicht überbewerten.
Der Rückgang ist zunächst einmal eine Momentaufnahme, in ihm spiegeln sich jedoch auch die gewachsenen Risiken für die deutsche Wirtschaft wider. Neben Sorgen um die Konjunkturlage in China, den Marktkapriolen und den geopolitischen Konflikten ist jüngst ein weiterer Risikofaktor hinzugetreten: Die Flüchtlingskrise scheint sich immer mehr zur Belastungsprobe für den Zusammenhalt der Europäischen Union zu entwickeln. Allein die Überlegungen, das Schengen-Abkommen und damit Freizügigkeit zwischen den EU-Staaten in Frage zu stellen, stellen eine Bedrohung für die deutschen Unternehmen dar. Auch die Brexit-Diskussion, separatistische Bestrebungen und das Erstarken rechtspopulistischer Parteien sind Gift für das Geschäftsklima.
Diesem regelrechten Potpourri an Risiken hat auch die von den Unternehmen nach wie vor als sehr gut beurteilte gegenwärtige Lage in diesem Monat nicht mehr viel entgegen setzen können. Die Lagekomponente sank nur minimal auf 112,5 nach zuvor 112,8 Punkten. Das vierte Quartal dürfte zwar keine Wachstumsbeschleunigung bereit gehalten haben, allerdings blieb die deutsche Wirtschaft bis zuletzt auf Kurs. Für das Gesamtjahr hat das Statistische Bundesamt Mitte Januar eine Wachstumsrate von 1,7% gemeldet.
Die heutigen Daten des ifo-Instituts stellen schon eine negative Überraschung dar. Einzelne Monatswerte soll man zwar nicht überbewerten, zumal die Stimmungsindikatoren im Januar nicht gerade ein absolut einhelliges Bild gezeichnet haben. Dennoch ist dies ein Warnschuss, auch und gerade für die Politik. EZB-Präsident Draghi hatte am Donnerstag bereits weitere Maßnahmen für März angekündigt. Aber auch die Politik sollte sich ihrer Verantwortung bewusst sein und alles dafür tun, den Eindruck erhöhter Fliehkräfte innerhalb der EU nicht noch weiter zu verstärken.
Fazit: Die Unternehmensstimmung musste im Berichtsmonat Januar den Marktkapriolen stärker als erwartet Tribut zollen. So sank der ifo Geschäftsklimaindex auf 107,3 Punkte. Vor allem die Erwartungen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in sechs Monaten trübten sich ein. Zwar wird die aktuelle Lage noch immer als sehr gut bewertet, dies sollte aber kein Ruhekissen sein. Vor allem die politischen Risiken müssen verringert werden.