Nord LB – BIP Deutschland: 1,7% Wachstum dank größtem Konsumplus seit 15 Jahren
Soeben hat das Statistische Bundesamt eine erste Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2015 veröffentlicht. Demnach legte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wie erwartet um 1,7% im Vergleich zum Jahr 2014 zu. Erneut lag das Wirtschaftswachstum damit leicht über dem Potenzialwachstum. Bereinigt um Arbeitstage-Effekte lag das reale Wirtschaftswachstum bei 1,5%. Für die heute gemeldeten Zahlen zur Entwicklung im Gesamtjahr 2015 lagen noch nicht alle Daten bis zum Jahresende vor, zumindest für den Dezember musste das Statistische Bundesamt teilweise auf Schätzungen zurückgreifen. Wir rechnen damit, dass sich zum Jahresende die konjunkturelle Dynamik etwas im Vergleich den Vorquartalen verlangsamt hat.
Die wesentliche Konjunkturstütze war im Jahr 2015 erneut der private Konsum. Mit einer Expansion von 1,9% Y/Y trug der private Verbrauch einen Prozentpunkt zum BIP-Wachstum bei. Dies ist der stärkste Zuwachs seit 15 Jahren und ist vor allem auf die gute Beschäftigungslage zurückzuführen. So reduzierte sich die Arbeitslosenquote im Jahresverlauf auf zuletzt 6,3%, während mit saisonbereinigt 43,2 Mio. Erwerbstätigen im November ein neuer Beschäftigungsrekord seit der Wiedervereinigung erzielt wurde. Zudem legten die Reallöhne deutlich zu, da den kräftigen Nominallohnzuwächsen eine durchschnittliche Inflationsrate (HVPI) von nur 0,1% gegenüberstand.
Der öffentliche Konsum legte mit 2,8% Y/Y noch etwas stärker zu. Der Außenhandel lieferte hingegen nur einen moderaten Wachstumsbeitrag von 0,2 Prozentpunkten. Zwar erhöhte sich das Wachstum der Exporte auf 5,4% Y/Y, die starke Binnennachfrage sorgte jedoch für ein etwas höheres Importwachstum (5,7% Y/Y). Die Investitionen steuerten moderat zum Wachstum bei, die Bruttoanlageinvestitionen wuchsen um 1,7% im Vergleich zum Vorjahr.
Zudem veröffentlichten die Statistiker heute aktuelle Zahlen zum Finanzierungssaldo in der Maastricht-Abgrenzung. Demnach ergab sich das zweite Jahr in Folge ein gesamtstaatlicher Haushaltsüberschuss, der mit EUR 16,4 Mrd. weitgehend im Rahmen der Erwartungen ausfiel. Gemessen am nominalen BIP errechnet sich hieraus eine Quote von +0,5%. Stützend wirken nach wie vor das extrem niedrige Zinsniveau und sprudelnde Steuereinnahmen, so dass die Mehrausgaben für die wachsende Zahl von Flüchtlingen zu meistern waren. Bund, Gemeinden und Sozialversicherungen verzeichneten Überschüsse.
Die deutsche Wirtschaft hat sich in einem widrigen weltwirtschaftlichen Umfeld erneut als widerstandsfähig erwiesen. Zwar hat sich die Unsicherheit über die globale Wachstumsdynamik mit den Marktturbulenzen in China wieder erhöht. Die Wachstumssäule des vergangenen Jahres bleibt aber auch 2016 intakt: Die Vorzeichen für ein erneut kräftiges Konsumplus sind sehr günstig. Der jüngste Ölpreisrückgang wirkt wie ein kleines Konjunkturprogramm, zumal das Niedrigzinsumfeld kaum Sparanreize bietet. Wir prognostizieren für das laufende Jahr ein nochmals leicht höheres BIP-Wachstum von 1,9%.
Fazit: Im Jahr 2015 setzte sich der Aufschwung der deutschen Wirtschaft wie erwartet recht dynamisch fort. Das reale BIP legte um 1,7% verglichen mit dem Jahr 2014 zu. Die wichtigste Konjunkturstütze war der private Konsum, der mit dem größten Zuwachs seit 15 Jahren allein für einen Prozentpunkt des Wirtschaftswachstums gesorgt hat. Auch der öffentliche Konsum legte deutlich zu, zudem kamen moderate Wachstumsbeiträge von den Investitionen und in geringerem Ausmaß vom Außenhandel. Für das Jahr 2016 rechnen wir mit einer nochmals höheren Wachstumsrate von 1,9%. Die öffentlichen Haushalte blieben auch 2015 auf Konsolidierungskurs, trotz wachsender Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen.