Commerzbank: Große regionale Unterschiede bei der Erholung der Industrie
Im Euroraum ist die Industrieproduktion im September um 0,3% M/M gesunken. Hier spiegelt sich die globale Nachfrageschwäche wider, die diesem Sektor seit gut einem Jahr auch andernorts zu schaffen macht. Im Diagramm wird aber darüber hinaus deutlich: Die Industrieproduktion im Euroraum liegt noch immer gut 10% unter ihrem Vorkrisenniveau, während die USA dieses „schon“ im vergangenen Jahr überschritten haben. Hinter dieser Schwäche steckt ein massiver Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, der besonders in Italien zu beobachten ist. In Ländern wie Spanien kamen massive Verwerfungen aus der Immobilienkrise dazu. Auch wenn die Frühindikatoren wieder etwas mehr Dynamik verheißen, wird der Aufschwung zäh bleiben.
Zinsen und Anleihen
Die Rentenmärkte tendierten gestern überwiegend freundlich. Zunächst gab die Rede von EZB-Chef Mario Draghi vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments Rückenwind für Staatsanleihen des Euroraums. Draghi signalisierte mit seinen Aussagen erneut eine Lockerung der EZB im Dezember. Er betonte, dass die Rückkehr zu höherer Inflation länger dauern könnte, als noch im März beim Start des Anleihekaufprogramms erwartet worden war. So habe sich die Inflationsdynamik abgeschwächt und seien Risiken für das Wirtschaftswachstum klar zu erkennen. Nach den Äußerungen Draghis ging der EUR kurzzeitig unter 1,07 USD und die Rendite 2-jähriger Bundesanleihen unter minus 0,36%. Eine Senkung des EZB-Einlagensatzes ist so gut wie eingepreist. Auch die Staatsanleihen der EWU-Peripherie profitierten von der Draghi-Rede. In Portugal und Spanien bremsten politische Probleme jedoch die Kursgewinne. In den USA wartete man zunächst auf die Reden der Notenbankpolitiker. Während Fed-Chefin Janet Yellen keinen Hinweis auf die künftige Geldpolitik gab, sprach sich Charles Evans für eine Verschiebung des Beginns des Zinserhöhungszyklus ins nächste Jahr aus. Er möchte abwarten bis der Gegenwind von den niedrigen Rohstoffpreisen und dem starken USD schwindet und man sicherer sein kann, dass die Inflation wieder nach oben tendiere. Evans hat bei der letzten Fed-Sitzung gegen eine Erhöhung im Dezember gestimmt, die mehrheitlich von den Marktteilnehmern erwartet wird. Der Präsident der Fed St. Loius James Bullard hatte ebenfalls davor gewarnt, dass die Inflation längere Zeit sehr niedrig bleiben könne.
Aktien
An den europäischen Aktienmärkten ging es gestern nach volatilem Verlauf abwärts, die Umsätze hielten sich dabei aber in Grenzen. Zwar sorgte eine Rede von EZB-Chef Draghi, die als Indiz für weitere anstehende geldpolitische Maßnahmen gewertet wurde, für kurzfristige Pluszeichen an den Märkten, die Gewinne konnten aber nicht gehalten werden. Zum einen schien manchen Marktteilnehmern die Rede Draghis dann doch nicht konkret genug, zum anderen deutet sich eine Fed-Leitzinsanhebung im Dezember an und es kamen erneut Konjunktursorgen auf. Dies auch, da die Rohstoffpreise erneut unter Druck gerieten und entsprechend die Titel aus dem Grundstoffsektor (-4,2%) deutlich unter Abgabedruck litten. Minentitel führten zusammen mit Stahlwerten die Verlierer mit Kursverlusten von -8,7% bei Anglo American und -7,6% bei Glencore bzw. -6,3% bei Voestalpine und ArcelorMittal an. Von der Berichtssaison kam wenig Unterstützung wenngleich Siemens (+1,9%) mit guten Zahlen herauskam. Im Fokus standen aber eher die Enttäuschungen. Für Rolls Royce ging es nach schwachen Zahlen und enttäuschendem Ausblick um rd. 20% nach unten. Aegon gaben 11% nach und RWE verloren 9,5%. An den US-Märkten ging es ebenfalls deutlich abwärts, was dazu führte, dass Dow Jones und S&P500 in US-Dollar gerechnet seit Jahresanfang im Minus liegen. Die sich festigende Erwartung eines Zinsschrittes im Dezember drückte dabei am stärksten auf die Stimmung. Und wie bereits in Europa führten Energie- und Grundstoffwerte die Verlierer an. An den asiatischen Märkten geht es angesichts der Vorgaben und schwacher Kreditdaten aus China ebenfalls abwärts.