Commerzbank: EZB rückt einer weiteren monetären Lockerung näher
Die Entwicklung des Ölpreises spricht allein schon basisbedingt für eine wieder anziehende Inflationsrate um die Jahreswende. Gleichwohl hat EZB-Chef Draghi bei der gestrigen EZB-Ratssitzung die Erwartung weiterer monetärer Lockerungsmaßnahmen nach Kräften geschürt. Denn die EZB sieht Risiken, dass der Inflationsanstieg schleppender als erwünscht vonstatten-geht: Sorge machen ihr vor allem die schwache Konjunktur in den Emerging Markets und die potenziellen Abstrahleffekte auf den Euroraum. Es gelte, die Lage zu beobachten und Vorbereitungen zu treffen. Man denke über alle Instrumente nach; auch eine Absenkung des Einlagensatzes weiter ins negative Terrain schließt die EZB dezidiert nicht mehr aus.
Zinsen und Anleihen
Die Europäische Zentralbank ist bereit, noch in diesem Jahr den Expansionsgrad ihrer Politik ein weiteres Mal zu erhöhen. Die Renditen von 10-jährigen Bundesanleihen sanken daher um 8 Basispunkte unter 0,50%, US-Treasuries waren von den Worten des EZB-Präsidenten Mario Draghi kaum beeindruckt. Der Kurs des Euro zum US-Dollar gab deutlich nach – um zwei Cent und notierte zum Handelsschluss bei 1,11 US-Dollar je Euro. Konkret sagte Mario Draghi, dass die EZB am 3. Dezember – knapp zwei Wochen vor der Fed-Sitzung – auf Basis neuer Projektionen ihre Politik überprüfen will. Als mögliche Maßnahmen stehen neben einer Senkung des Einlagensatzes eine Ausweitung sowie eine Verlängerung des Anleihenkaufprogramms zur Auswahl. Auch könnten weitere Assetklassen (z.B. Unternehmensanleihen) im Rahmen des Programms gekauft werden (vgl. „Im Blickpunkt“). Sehr wenige Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (259.000) reflektierten erneut eine solide Entwicklung des US-Arbeitsmarktes. Der 4-Wochen-Durchschnitt ist so niedrig wie seit 1973 nicht mehr. In der Region Kansas hat sich – laut dem Index der Notenbank in Kansas City – die Stimmung in der Industrie deutlich aufgehellt. Der Rückgang der Umsätze am US-Immobilienmarkt im August erwies sich als vorübergehend – im September lagen die Verkäufe wieder nahe an dem jüngsten, zyklischen Hochpunkt. Seit dem März bröckelt im Euroraum die positive Stimmung der Verbraucher ab. Sehr pessimistisch sind die Verbraucher in Griechenland und in Osteuropa. Positiver ist man in Skandinavien und in den Niederlanden gestimmt.
Aktien
Während die asiatischen Aktienmärkte mit ihrem durchwachsenen Bild noch für einen vergleichsweise verhaltenen Start an den europäischen Börsen gesorgt hatten, war es dann die EZB, die mit ihrer Pressekonferenz für die positiven Impulse sorgte. Die Aussicht auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik im Dezember setzte den Euro deutlich unter Druck und lieferte den Aktienkursen starken Rückenwind. Spitzenreiter im deutschen Leitindex Dax30 waren die Aktien des Immobilienkonzerns Vonovia (+6,4%), nachdem die Deutsche Wohnen deren vorliegendes Übernahmeangebot als nicht attraktiv dargestellt hatte. Einziger Titel mit Kursverlusten war hinge-gen die Deutsche Lufthansa (-1,5%), wo die weiter schwellende Streikgefahr Grund für den Kursdruck war. Im EURO-STOXX50 konnten bis auf Medien (-0,3%) ebenfalls fast alle Branchen deutlich zulegen. Unter der Führung von Orange (+7,5%), die von einem starken Quartalsbericht und einer angehobenen Jahresprognose profitierten, war der Telekomsektor (+4,7%) mit Abstand die stärkste Branche. Auch an der Wall Street konnte sich die Stimmung deutlich verbessern. Hier unterstützten positiv aufgenommene Konjunkturdaten und insbesondere überraschend gute Quartalsvorlagen die Kursrallye. Spitzenreiter im Dow Jones war McDonald’s (+8%) nach unerwartet starken Quartalszahlen. Auch beim Mischkonzern 3M (+4,1%) sorgten besser als erwartete Gewinne für steigende Kurse. Noch besser entwickelten sich im S&P 500 nach Zahlen die Technologiewerte ebay (+13,9%) und Texas Instruments (+11,9%). Während die anderen Branchen meist deutlich zulegten, hielt die schwache Tendenz bei Pharma (-0,5%) weiter an. Auch an den asiatischen Märkten setzt sich heute Morgen der Höhenflug weiter fort. Die europäischen Börsen sollten ebenfalls fester eröffnen.