Commerzbank: Entäuschende US-Einzelhandelsumsätze
Die US-Einzelhandelsumsätze für Juni enttäuschten. Entgegen der Erwartung eines Anstiegs gingen sie um 0,3% M/M zurück; zudem wurde der Vormonatswert herunter revidiert. Die Schwäche war breit angelegt. Analysten nennen eine Vielzahl an Gründen. So fiel der Memorial Day diesmal in den Mai und blähte die Käufe im Vormonat auf. Außerdem gab es eine Hitzewelle im Nordosten der USA. Die Einzelhandelumsätze werden nominal erhoben. Die Entwicklung bei den realen Umsätzen stellt sich anders dar und ist aufwärts gerichtet. Die realen Konsumausgaben stiegen in der ersten Jahreshälfte annualisiert um 2,4%, also durchaus robust. Wir erwarten daher weiterhin die erste Zinserhöhung der Fed im September.
Zinsen und Anleihen
Schwache Einzelhandelsumsätze in den USA ließen gestern Zweifel aufkommen darüber, dass die Erholung im zweiten Quartal so stark war, wie allgemein erwartet wird. Da auch die Vormonatsdaten nach unten korrigiert wurden und der private Verbrauch in den USA etwa 70% der Nachfrage ausmacht, dürfte der Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal gut 2% betragen haben – aber nicht viel mehr. Trotz-dem wird die Fed im September die Zinsen vermutlich erstmals seit neun Jahren erhöhen. Die Notenbank-Präsidentin Janet Yellen steht heute dem Kongress Rede und Antwort. Sie dürfte die Gelegenheit nutzen, die Zinserwartungen zu beeinflussen. In welche Richtung ist allerdings offen. Insgesamt gingen die US-Einzelhandelsumsätze im Juni um 0,3% zurück. Die von Bloomberg befragten Volkswirte hatten dagegen mehrheitlich einen Anstieg erwartet. Die Schwäche betraf nicht nur einzelne Gütergruppen, denn auch die Kernrate (ohne Autos, Benzin, Baumärkte) wies einen Rückgang von 0,1% aus (vgl. auch „Im Blickpunkt“). Die Hängepartie um Griechenland dürfte auch Auswirkungen auf die in den nächsten Wochen zur Veröffentlichung anstehenden Stimmungsindikatoren haben. Den Anfang machte gestern der ZEW-Konjunkturindikator. Hier kam es bei den Konjunkturerwartungen für Deutschland zum vierten Rückgang in Folge. Die Lage wird allerdings von den Befragten weiterhin positiv eingeschätzt. In China ist das BIP-Wachstum zum Vorjahr auf 7% gefallen. Der Zuwachs im zweiten Quartal fiel mit 1,7% aber leicht höher aus als im ersten Quartal. Auch die Industrieproduktion fiel etwas besser als erwartet aus.
Aktien
Nach der Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland und den positiven Reaktionen Ende letzter und zu Beginn dieser Woche kehrte am gestrigen Handelstag erstmals wieder ein wenig Normalität ein. Die europäischen Aktienmärkte tendierten uneinheitlich, wobei allerdings die Zugewinne überwogen. Zur vorläufigen Ruhe trug eine Normalisierung des Handels in China bei, wo es durch drastische Stützungsmaßnahmen seitens der Regierung zunächst gelungen ist, die Märkte zu stabilisieren. Auch wenn jetzt die Berichtssaison stärker in den Fokus der Anleger rücken dürfte, bleibt die Lage an den Börsen weiterhin recht fragil, da die Themen Griechenland (Gibt es evtl. Neuwahlen?) und China (Flammen die Börsenturbulenzen in Kürze wieder auf?) immer wieder für Störfeuer sorgen dürften. Zudem schwelt ja immer noch der Konflikt im Osten der Ukraine, der in den vergangenen Wochen etwas aus dem Blickfeld der Börsianer gerückt ist. Für etwas Gegenwind sorgte gestern überdies der ZEW-Index, der auf eine Eintrübung der Konjunkturerwartungen hindeutet. In diesem Umfeld gewann der Dax 0,3%. Die Aktie von RWE (-1,8%) litt unter einer Verkaufsempfehlung. Auf europäischer Sektor-ebene erzielte der Bereich Automobile die größten Verluste (-0,8%). Aktien aus dem Sektor Nahrungsmittel & Getränke gewannen als Tagessieger im Schnitt 0,9%. Die US-Börsen tendierten freundlicher (Dow Jones-Index: +0,4%). Die Quartalsergebnisse fielen gemischt aus. Übernahmefantasie im IT-Bereich (Micron Technology: +11,4%) sorgte für Rückenwind. In Asien tendierten die Börsen uneinheitlich. Während der Nikkei 225-Index um 0,4% zulegte, gerieten chinesische Aktien nach soliden BIP-Zahlen (Q2 2015: +7% J/J) wieder unter Druck, da die Zinssenkungsfantasie abebbte.