Commerzbank: Drei Aspekte der aktuellen US-Industrieproduktion
Der schwache Anstieg der US-Industrieproduktion im Februar saisonbereinigt nur um 0,1% zum Vormonat passt in die Reihe enttäuschender Konjunkturdaten in den letzten Wochen. An den Finanzmärkten sorgten die schwachen Daten zuletzt für Erleichterung. Sie wecken die Hoffnung, dass die US-Notenbank die Zinswende auf die lange Bank schiebt. Wir fühlen uns aber mit unserer Ansicht, dass die erste Zinserhöhung im September kommt, weiterhin sehr wohl. Die schwachen Daten dürften ganz überwiegend den ungewöhnlich kalten Wintertemperaturen im Januar und Februar geschuldet sein.
Die Zerlegung der Gesamtproduktion in Bergbau, Versorger und Verarbeitendes Gewerbe zeigt drei interessante Aspekte:
- Die Produktion im Bergbau steht als Folge des schwachen Ölpreises unter Abwärtsdruck. Durch die neuen Fördermethoden (Fracking) sind in den USA Überkapazitäten bei der Erdölproduktion entstanden. Die Lager sind übervoll und sorgen für einen beständigen Druck auf die Preise. Die Branche fährt daher ihre Aktivitäten zurück. Dem Produktionsrückgang von 2,5% im Februar dürften weitere folgen.
- Dagegen ist infolge der Kälte die Produktion der Versorger so stark gestiegen wie seit den siebziger Jahren nicht mehr. Der Zuwachs betrug saisonbereinigt 7,3%. Sowohl in Chicago als auch in New York lagen die Temperaturen im Februar 7 Grad Celsius unter dem längjährigen Durchschnitt.
- Dies hat auch Spuren im verarbeitenden Gewerbe hinterlassen, dessen Produktion – nach schwachen Januardaten – erneut zurückging (-0,2%). Besonders schwach war die Automobilproduktion (-3,0%). Auch dies passt ins Winterbild, da sich große Teile der Industrie im Norden befinden.
Zinsen und Anleihen
Die europäischen Rentenmärkte zeigten sich gestern überwiegend richtungslos. Im Tagesverlauf stiegen die Renditen leicht an, auch in der EWU-Peripherie wiesen die Staatspapiere leichte Kursverluste auf. Griechische Papiere waren noch weniger gefragt und erlitten je nach Laufzeit sogar deutliche Kursverluste. Gestern teilte das Athener Finanzministerium mit, dass das Land die geschuldete Rückzahlung an den IWF in Höhe von 588 Mio. EUR geleistet habe. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat angekündigt, beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag ausführlich über die Lage seines Landes berichten zu wollen. Die EU-Kommission hat darauf zurückhaltend reagiert. Eurogruppenchef Dijsselbloem betonte, dass es einen Prozess und eine Frist gebe und sich alle Beteiligten darüber im Klaren seien. In den USA tendierten US-Treasuries erneut freundlich. Dazu verhalfen unter anderem schwächer als erwartete Konjunkturdaten. Es bleibt spannend, wie das Ergebnis der Fed-Sitzung am Dienstag und Mittwoch ausfallen wird. Wir rechnen damit, dass die Fed-Chefin Janet Yellen ihre Kommunikation ändert. Bisher war die Rede davon, dass man hinsichtlich der Leitzinswende „geduldig“ sei. Diese Formulierung könnte entfallen, nachdem die US-Arbeitslosenquote im Februar auf 5,5% gesunken ist. In der zweiten Jahreshälfte dürfte die Fed mit dem Zinsstraffungszyklus beginnen. Gestern meldeten die USA für Februar einen kleiner als erwarteten Zuwachs von 0,1% M/M bei der Industrieproduktion, und das nach einem deutlichen Rückgang von 0,3% M/M im Vormonat (siehe im Blickpunkt). Der Stimmungsindex für den US-Immobilienmarkt (NAHB-Index) fiel entgegen der Erwartung eines Anstiegs von 55 auf 53 Punkte relativ deutlich.
Aktien
Immer neue Höhen an den europäischen Aktienbörsen! Am gestrigen Handelstag konnte der Dax 30 zum ersten Mal die Marke von 12.000 Punkten überspringen. Die Liquiditätsflut der EZB sowie eine stark eröffnende Wall Street hatten für die wesentlichen Antriebskräfte gesorgt. Mit Abstand stärkster Einzelwert im deutschen Leitindex war nach positiven Analystenkommentaren die Aktie von K+S (+4,2%). Die Titel von Linde (+2,7%) erreichten eine neuen Rekordwert, nachdem die Jahreszahlen und der detaillierte Ausblick gut aufgenommen wurden. Während es im Dax keine Verlierer gab, war im EUROSTOXX 50 die italienische Eni (-2,2%), die am Freitag eine deutliche Dividendenkürzung gemeldet hatte, mit Abstand der schwächste Wert. Energietitel (-0,6%) legten zusammen mit Baumaterialien (-0,3%) als einzige Branchen eine negative Performance vor. Dagegen konnten erneut Automobil- (+2,3%) und Chemiewerte (+2,2%) neben der Gesundheitsbranche (+2,3%) die beste Entwicklung aufweisen. Auch die US-Indizes stiegen nach einem schwächeren Tag wieder an. Hier sorgte das Bündel von enttäuschenden Konjunkturdaten (Industrieproduktion, Kapazitätsauslastung, NAHB-Index und Empire State-Index) für eine Entspannung im Vorfeld der Fed-Meetings am Mittwoch. Vor allem die Pharmabranche konnte sich unter der Führung von United Health (+2,8%) sehr positiv präsentieren. Im Marktfokus stand auch das Übernahmegefecht um das Gesundheitsunternehmen Salix. Als einziger Sektor entwickelte sich die Grundstoffbranche schwächer. Die asiatischen Börsen können heute Morgen ebenfalls in der Breite weiter zulegen. Trotz dieser Vorgaben dürften die europäischen Märkte zur Eröffnung erst einmal eine Verschnaufpause einlegen.