Commerzbank: Nicht fallende Aktienkurse, sondern sinkende Realzinsen sorgen für Phantasie bei Gold
Gold als „Sicherer Hafen“ aufgrund fallender Aktienkurse – diese Argumentation dient dieser Tage immer wieder als Begründung für steigende Goldpreise. Aber dieser Zusammenhang ist höchstens, wenn überhaupt, nur kurzfristig gegeben. Denn sinkende Aktienkurse zerstören Vermögen und wirken deswegen disinflationär. Sie sind somit in der Regel per saldo sogar eine Belastung für den Goldpreis. Sinkende Aktienkurse sind aber auch ein Zeichen konjunktureller Unsicherheit, was zwar auch wieder die Disinflation ins Spiel bringt, aber noch viel stärker den Handlungsdruck für Notenbanken. Das heißt, die Realzinsen sinken aufgrund zunehmender Erwartungen einer expansiveren Geldpolitik. Auch in der aktuellen Situation ist das der Fall.
Zinsen und Anleihen
Gute Konjunkturdaten aus den USA halfen gestern, den offensichtlich sehr verunsicherten Marktteilnehmern etwas Vertrauen zurück zu geben. Auf einem nochmaligen Anstieg der Risikoaversion am Vormittag verbunden mit einem Rückgang der Rendite für 10-jährige Bundesanleihen auf unter 0,72%, folgte am Nachmittag die Wende. Der US-Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin sehr positiv. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosengeld ist bis auf 264.000 gesunken. Einen ähnlich niedrigen Wert gab es zuletzt vor 14 Jahren in der Hochphase des New Economy Booms. Schon der am Mittwoch veröffentlichte – im Beigebook der US-Notenbank festgehaltene – anekdotische Blick auf die US-Firmen zeigte ein insgesamt positives Stimmungsbild. Dazu passte gestern der nur leichte Rückgang des Philadelphia Fed-Index und der kräftige Anstieg der Industrieproduktion im September von 1,0% zum Vormonat. Die von Bloomberg befragten Analysten hatten im Durch-schnitt mit einem Zuwachs von 0,4% gerechnet. Ein ähnlich gesundes Bild ergibt sich, wenn man aus der US-Industrieproduktion die Versorger und den Bergbau herausrechnet und nur das Verarbeitende Gewerbe betrachtet. Hier lag der Zuwachs bei 0,5% zum Vormonat, wobei sich die Autoproduktion nach dem kräftigen Anstieg im Juli (+9,1%) weiter zurückbildete (-1,4%), andernfalls wären die Daten noch etwas besser ausgefallen. Bemerkenswert ist auch der Anstieg der Auslastung auf 79,3%. Daran gemessen ist die Auslastung derzeit höher als 2004 zu Beginn des damaligen Zinserhöhungszyklus. Für die Unternehmen dürfte dies ein Signal sein, ihre Kapazitäten zu erhöhen, andernfalls drohen mittelfristig Produktionsengpässe, die wiederum Preisanstiege nach sich ziehen würden.
Aktien
Die europäischen Aktienmärkte verzeichneten auch gestern enorme Schwankungen während des Börsentages. So schwankte der Dax zwischen einem Plus von 1% und einem Minus von 3,5% im Vergleich zum Vortag, um dann bei +0,1% zu schließen. Die Nerven vieler Marktteilnehmer liegen offen-sichtlich blank und wie schon an den beiden Tagen zuvor hielt auch gestern die anfängliche Erholung nicht lange an. Die Sorge um die europ. Konjunktur (die gestrigen Daten brachten da keine Erleichterung) und wieder verstärkt auch die Frage, ob es zu einer neuen Auflage der Finanzkrise kommen könnte, beherrschten das Geschehen. Der eher enttäuschende Verlauf der spanischen Bond-Auktion wurde entsprechend negativ gewertet. Unterstützung kam dann aber doch noch von Seiten der Fed, als der regionale Fed-Chef von St. Louis James Bullard darüber nachdachte, ob die Fed mit dem Ende des Quantitative Easings nicht doch noch warten sollte. Auch die US-Makrodaten wurden eher mit Erleichterung aufgenommen. Auf der Branchenebene (Stoxx) ging es für die zuvor arg gebeutelten Autobauer (+1,5%) am stärksten nach oben. Am deutlichsten unter Druck standen Banken (-1,5%), und hier insbesondere die Titel aus der Peripherie. In den USA halfen die Aussagen von Bullard den Indizes nach einem schwächeren Start bei der Wende. Dabei ging es im Nachmittagshandel aber dennoch recht bewegt zu. Letztendlich konnten zyklische Sektoren (Energie +1,7%, Grundstoffe +1%) am stärksten zulegen, während defensive Sektoren (Verbrauchsgüter -0,7%) nachgaben. Google gab nachbörslich nach Zahlen um -3,5% nach. In Asien ging es heute Morgen uneinheitlich zu. Während in Hongkong Gespräche von Regierung und Demokratiebewegung positiv aufgenommen wurden, ging es in Japan weiter abwärts.