Commerzbank: Irak als Risikofaktor für das Ölangebot
Die Gewalteskalation im Irak kommt nicht überraschend. Seit dem Rückzug der Amerikaner Ende 2011 hat sich die Situation immer weiter verschärft. Wir haben die Produktionssteigerungspläne deswegen stets mit Skepsis betrachtet. Die Regierungspläne sehen eine Ausweitung der Produktionskapazität auf über 9 Mio. Fass/Tag bis 2020 vor. Das irakische Ölangebot könnte also wesentlich zu längerfristig gedämpften Ölpreisen beitragen. Aber dieses Szenario ist unwahrscheinlich, zumindest sind große Abstriche zu machen. Aktuell produziert der Irak etwa 3,3 Mio. Fass Rohöl/Tag, was etwas unter dem höchsten Niveau seit 35 Jahren liegt, das zum Jahresanfang erreicht wurde. Die Kapazitäten von 3,6 Mio. Fass/Tag können wegen eines Anschlags auf eine Pipeline im Norden und wegen Streitigkeiten mit der kurdischen Regionalregierung nicht ausgeschöpft wer-den. Die IEA rechnet mit einer Kapazitätsausweitung bis 2019 auf 4,5 Mio. Fass/Tag. Aber auch diese wird nur möglich, wenn sich die Sicherheitslage stabilisiert. Zwar befinden sich 75% der irakischen Produktionskapazitäten im schiitisch geprägten Süden des Landes, wo die sunnitischen ISIS Rebellen keinen Rückhalt haben, aber das heißt nur, dass kurzfristig das Risiko von Angebotsausfällen überschaubar erscheint. Anschläge hat es im Süden schon immer gegeben und das Risiko dafür nimmt wohl zu. Es besteht zweifellos die Gefahr, dass die Situation im Irak mittelfristig ebenso außer Kontrolle gerät wie in Libyen, was für den Ölmarkt ein Schock wäre. Da das globale Ölangebot durch die Ausfälle der libyschen Exporte und der begrenzten iranischen Exporte bereits eng ist und die Nachfrage strukturell, zyklisch und saisonal bedingt steigt, liegen die Risiken somit in einem weiteren Ölpreisanstieg. Allerdings rechnen wir kurz- und mittelfristig nicht mit einem starken Preisanstieg, solange der Export des Iraks nicht erheblich beeinträchtigt wird, sondern nur mit einer stabilen Risikoprämie und Wachstumsaufschlägen.
Zinsen und Anleihen
Nach den Kurssprüngen als Reaktion auf die enttäuschenden Konjunkturdaten am Mittwoch hatte der Rentenmarkt gestern Gelegenheit durchzuatmen. Wirklich wichtige US-Konjunkturdaten werden zwar erst wieder nächste Woche veröffentlicht (ISM, US-Arbeitsmarkt), gleichwohl wurden gestern ein paar Daten veröffentlicht, die unsere Einschätzung bestätigen, dass der wetterbedingt sehr schwache Jahresauftakt keinen Einfluss auf die Politik der US-Notenbank haben wird. So verharrten die Erstanträge auf Arbeitslosengeld auf sehr niedrigem Niveau, was für einen erneut soliden Beschäftigungsaufbau im Juni spricht. Der Anstieg der Beschäftigung schlägt sich wiederum positiv auf die Einkommen nieder. Hier lag der Zuwachs im Mai bei 0,4% ggü. dem Vormonat. Der private Verbrauch (+0,2%) hinkt jedoch noch etwas hinter der Entwicklung der Einkommen hinterher. Dies war Grund genug für die US-Treasuries gestern etwas fester zu tendieren. Im Laufe des Tages werden aus den Statistischen Landesämtern Zahlen zur Entwicklung der Verbraucherpreise gemeldet. Die Teuerungsrate dürfte in Deutschland nach dem Tiefpunkt im Mai (0,9% ggü. dem Vorjahr) allenfalls leicht angestiegen sein. Die EU-Vertrauensindikatoren dürften das Bild bestätigen, das in dieser Woche schon andere Indikatoren, wie der Ifo-Geschäftsklimaindex, geliefert haben: Der Schub durch die sich nur noch langsam belebende Weltwirtschaft lässt nach und die Krisen im Irak und in der Ukraine belasten die Stimmung zusätzlich. Andererseits sind die realwirtschaftlichen Belastungen durch diese Faktoren jedoch sehr begrenzt, während die Geldpolitik der EZB weiter für Rückenwind sorgt.
Aktien
Die europäischen Aktienmärkte tendierten gestern zumeist etwas schwächer. Nach einem recht lethargischen Handel kam es mit Eröffnung der Börse in New York plötzlich zu einem kleinen Kursrutsch, von dem sich die meisten Märkte jedoch wieder im späteren Nachmittagshandel etwas erholen konnten. Auslöser für den Kursdämpfer waren offenbar Äußerungen des US-Notenbankpräsidenten von St. Louis in Bezug auf den robusten Arbeitsmarkt und der anziehenden Inflation. Sofort grassierten Zinserhöhungsängste unter den Investoren, die dann zu verstärkten Abgaben führten. Hinzu kommt weiterhin die Krise im Irak, die für Unruhe sorgt. Alles in allem fehlt es kurzfristig weiterhin an Impulsen, die die Aktienmärkte deutlicher nach oben hieven könnten. In diesem Umfeld verlor der Dax 0,6%. Von Kaufempfehlungen profitierten gestern u.a. Fresenius Medical Care (+3,2%) sowie die Hamburger Hafen und Logistik AG (+4,3%). Besonders unter Druck stand dagegen gestern der europäische Bankensektor, dessen Titel im Schnitt um 1,1% nachgaben. Verantwortlich hierfür zeichnete v.a. die Unsicherheit in Bezug auf weitere mögliche Geldbußen in den USA. So verlor die Aktie von Barclays gestern 6,5%. Auch die beiden im Dax vertretenen deutschen Banken büßten jeweils um mehr als 2% ein. Die Börsen in den USA verzeichneten leichte Einbußen. Für etwas Gegenwind sorgten u.a. schwächer als erwartet ausgefallene Zahlen für die Konsumausgaben. Auf Sektorebene (S&P 500) erzielte die Branche Versorger mit durchschnittlichen Aufschlägen von 0,2% die größten Zuwächse. Verbrauchsgüter fielen im Schnitt um 0,4%. Die Börsen in Asien tendierten überwiegend mit leichteren Verlusten. Der Nikkei 225 verzeichnete allerdings mit einem Minus von 1,4% kräftigere Einbußen. Für Missstimmung sorgten v.a. die Inflationsdaten für Mai sowie der festere Yen.