EEG-Novelle: Entlastung für die Stromkunden?
In diesen Tagen holt die Politik in Berlin ein Thema wieder ein, das in der Zeit um die Bundestagswahlen und auch danach die Schlagzeilen bestimmt hat: Die Energiepolitik. Im Kern stehen dabei vor allem die anstehende Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG, und die sogenannte Ökostromumlage im Blickpunkt. Nachdem die Bundesregierung den vorliegenden Gesetzesvorschlag im April gebilligt hat, läuft derzeit das gesetzgebende Verfahren in den Parlamenten. Geht alles glatt, könnte die Novelle am 1. August dieses Jahres in Kraft treten.
Einer der größten Streitpunkte der vergangenen Monate war dabei die Ökostromumlage, die vom Stromverbraucher zu zahlen ist. Seit dem Jahr 2010 haben die Übertragungsnetzbetreiber bei der Höhe dieser Umlage eine entscheidende Bedeutung. Zum 15. Oktober bestimmen sie auf Basis einer Prognose, welche Ökostromumlage im kommenden Jahr von den Stromverbrauchern pro Kilowattstunde zu zahlen ist. Seit 2010 hat sich die Höhe der Umlagezahlung von 2,047 Cent auf 6,24 Cent für 2014 mehr als verdreifacht. Nur vom Jahr 2011 auf das Jahr 2012 blieb der Wert einigermaßen konstant.
EEG-Umlage steigt auch durch einen Systemfehler
Um die weiteren entscheidenden Gründe für diese Entwicklung, die mit hohen Belastungen für die Stromkunden einhergeht, ist zum Teil ein politischer Streit entbrannt. Eine der wichtigsten Fragen dabei ist die Förderarchitektur des EEG. Während die Umlagezahlung je Kilowattstunde also in die Höhe geschossen ist, haben sich die Auszahlungen an die Betreiber EEG-geförderter Anlagen im gleichen Zeitraum prozentual bei weitem nicht so stark erhöht. Der Grund in dieser Diskrepanz ist ein Architekturfehler im Gesetz: EEG-geförderter Strom wird zu einem festen Betrag gefördert, zugleich ist der Strompreis an der Strombörse deutlich gefallen. Die Folge ist drastisch, denn die steigende Differenz zwischen der garantierten Vergütung laut EEG und dem Börsenpreis treibt die Ökostromumlage in die Höhe – dieser Faktor allein steht laut Berechnungen des Öko-Instituts für 37 Prozent des Anstiegs der Umlagezahlung für dieses Jahr (PDF, Seite 13/14).
Dass hinter dem Anstieg der Ökostromumlage natürlich eine deutlich gestiegene Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen steht, ist unbestritten. Der Blick auf den prozentualen Anteil der einzelnen Energiequellen an der deutschen Bruttostromproduktion zeigt, dass seit dem Jahr 2000 und damit dem Jahr der EEG-Einführung Biomasse sowie Photovoltaik und Windenergie einen starken Zuwachs erlebt haben. Speziell 2011 und 2012 haben die erneuerbaren Energien ihren Anteil an der Stromerzeugung prozentual deutlicher ausbauen können – das schlägt sich in der Ökostromumlage wieder. Der Zuwachs der Stromproduktion aus regenerativen Quellen ging vor allem zu Lasten der Kernenergie und – in einem deutlich kleineren Ausmaß – zur Lasten der Steinkohle. Fossile Energieträger wie Braunkohle und Erdgas haben ihren Anteil dagegen in dem Zeitraum etwa konstant gehalten bzw. leichte Zuwächse verzeichnet.
Laut Studie des Öko-Instituts wird der Zubau bei den erneuerbaren Energien für rund 46 Prozent des Anstiegs bei der Ökostromumlage verantwortlich sein. Das betrifft vor allem die Windenergie, auf die knapp zwei Drittel des Anstiegs entfällt. Diese Entwicklung aber steht kaum zur Debatte, der Ausbau der regenerativen Energien ist politisch gewollt und dürfte insgesamt aktueller gesellschaftlicher Konsens hierzulande sein.
Ausnahmen sorgen nur im geringen Ausmaß für EEG-Umlageanstieg
In die Kritik geraten ist darüber eine Ausnahmeregelung im EEG für die so genannte stromintensive Industrie. Diese können sich von einem mehr oder weniger großen Teil der Ökostromumlage befreien lassen – wie hoch diese Entlastung ausfällt, hängt vom Stromverbrauch ab. Mit der Regelung sollte, so der Plan des Gesetzgebers laut Gesetzestext, die Belastung aus der Ökostromumlage für solche Unternehmen und damit einher gehende Nachteile im internationalen Wettbewerb verringert werden. Knapp 2.100 Unternehmen, deutschlandweit verteilt und etwa ein Fünftel mehr als im Jahr 2013, nehmen 2014 diese Sonderregelungen in Anspruch. Die Zahl ist stetig gewachsen, zudem hat ein Wildwuchs stattgefunden, der Kritikern der Sonderregelung reichlich Munition liefert: So finden sich in der Liste der begünstigten Unternehmen unter anderem zahlreiche Nahverkehrsanbieter, die ihre Stromkosten, ohne irgendwelche internationale Konkurrenz überhaupt nur fürchten zu müssen, an die Kunden weiterreichen können.
Experten fordern daher schon seit langem, genau zu prüfen, welche Branchen wirklich eine solche Entlastung von der EEG-Umlage benötigen. Von der Regierung wird diese Kritik, wenn überhaupt, nur sehr zögerlich in Anspruch genommen. Das durch die Befürworter der Ausnahmeregelung gern genutzte Totschlagargument lautet Arbeitsplätze, obwohl Kritiker daran zweifeln, dass eine Vermeidung des Wildwuchses im größeren Ausmaß Arbeitsplätze gefährden würde. Der Streit hierum tobt weiter und dürfte sich im Rahmen der EEG-Novelle in diesem Jahr fortsetzen. Allerdings, das darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, ist der Faktor Ausnahmeregelungen nur für einen kleinen Anteil des Anstiegs bei der Ökostromumlage verantwortlich, das Öko-Institut geht von 15 Prozent aus.
2015 könnte EEG-Umlage durch Sondereffekt sinken
Viel ändern wird sich bei den Auswirkungen der Entlastungsregelungen für die Industrie wohl nicht: Nach derzeitigem Stand dürften einige Unternehmen aus der „Besonderen Ausgleichsregelung“ herausfallen, andere könnten neu profitieren. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geht in einem Schreiben von Mitte April dieses Jahres davon aus, dass sich die Gesamtentlastung für die deutsche Industrie wohl weiter in der Region um 5,1 Milliarden Euro pro Jahr belaufen wird – Gelder also, die die anderen Verbraucher über ihre eigene Stromrechnung mitzahlen müssen.
Auf eine große Entlastung durch die EEG-Novelle, die im August in Kraft treten soll, werden Verbraucher übrigens wohl vergeblich hoffen. Dass im kommenden Jahr die Umlagezahlung je Kilowattstunde sinken könnte, ist laut der Experten der Agora Energiewende auf einen Einmalfaktor zurückzuführen, resultierend aus „Prognosefehler in den vergangenen Jahren“. Man rechnet mit 5,8 Cent bis 6,2 Cent für 2015, 2016 und 2017 werde voraussichtlich wieder der aktuelle Wert erreicht werden, heißt es. Abzuwarten bleibt aber noch das tatsächliche Ende des laufenden Gesetzgebungsverfahrens.
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