Commerzbank Börsencompass: EZB verstärkt ihre "zukunftsgerichteten Hinweise"
Die EZB traf bei ihrer gestrigen Ratssitzung erwartungsgemäß keine neuen geldpolitischen Beschlüsse, lag doch die jüngste Leitzinssenkung nur 2 Monate zurück und hatten die seitdem bekanntgewordenen Daten dem Markt zu mehr Konjunkturzuversicht Anlass gegeben. Konjunkturelle Aufhellungszeichen sieht auch die EZB, doch überwögen die Abwärtsrisiken, da die Konsolidierung der privaten und öffentlichen Haushalte noch andauere und die Arbeitslosenquote hoch bleibe. Angesichts des schwachen Konjunkturausblicks und eines sehr gedrückten Kreditwachstums erwartet die EZB bis auf die mittlere Sicht eine sehr gedämpfte Inflation. Mit Blick darauf hat sie ihre „Forward Guidance“ schärfer konturiert: Sie unterstrich „nachdrücklich“, dass sie den Leitzins für einen ausgedehnten Zeitraum auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau belassen will; man sei entschlossen, den hohen Grad an monetärer Akkommodierung beizubehalten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu treffen. Bei der Erläuterung, wie diese aussehen könnte, zeigte sich EZB-Präsident Draghi freilich recht zugeknöpft: Man habe viele Optionen, welche man wähle, hänge von der konkreten Problemlage ab. Da wir nicht von einem Abrutschen in eine Deflation ausgehen – und die EZB dem gleichfalls wenig Wahrscheinlichkeit beimisst – dürften quantitative Maßnahmen etwa nach dem Vorbild der Fed sehr unwahrscheinlich sein. Doch könnte die EZB mit Sonderkonditionen für Banken aufwarten, die verstärkt kleineren und mittleren Unternehmen Kredite gewähren; denn diese Unternehmen leiden besonders stark unter der Bilanzkonsolidierung der Kreditinstitute.
Konjunktur und Rentenmärkte
Der gestrige Tag verlief an den Rentenmärkten uneinheitlich. Ursächlich waren Konjunkturdaten für den Euroraum und Arbeitsmarktdaten in den USA. So kletterte der Index für das Wirtschaftsvertrauen im Euroraum (ESI) im Dezember überraschend deutlich von 98,4 auf 100 Punkte. Dabei zeigt auch dieser Indikator die Fragmentierung der Eurozone auf. Während das Vertrauen in den stabilen Kernländern wie Deutschland und Österreich deutlich über dieser Marke liegt, verharren die Werte der Länder mit strukturellen Problemen (Frankreich und Italien) deutlich unter der Marke von 100 Punkten. Erfreulich ist jedoch die Dynamik der Länder, die sich dem Euro-Rettungsschirm unterzogen haben; das Wirtschaftsvertrauen erholt sich schneller und überrundet nun das der reformmüden Staaten. Deutschland untermauert seine Stärke durch ein kräftiges Plus in der Industrieproduktion im November +1,9% (M/M). Die europäischen Daten brachten am Vormittag erstklassige Papiere zunächst unter Druck. Während die EZB-Zinsentscheidung (s. Topthema) kaum Marktauswirkungen hatte, sorgten die wöchentlichen Erstanträge für Arbeitslosengeld in den USA am Nachmittag für Enttäuschung – trotz leichten Rückgangs – und stützten den Rentenmarkt. Hier zeigt sich die hohe Erwartung an den heutigen US-Arbeitsmarktbericht, der als Indikator für eine Fortsetzung des Tapering der Fed gilt. Eine zu schwache Erholung am Arbeitsmarkt sollte einen nächsten Schritt der Fed verzögern. Der Marktfokus liegt am heutigen Freitag somit auf den US-Daten.
Aktienmärkte
Die europäischen Aktienmärkte haben gestern bei überdurchschnittlichem Handelsvolumen eine regelrechte Berg- und Talfahrt hingelegt. Nach einem schwachen Handelsauftakt sorgten die positiven Daten zur Wirtschaftsstimmung in der Eurozone und die guten Konjunkturdaten für einen positiven Stimmungsumschwung – ehe die Zinsentscheidung der EZB dann letztlich wieder für deutliche Abgaben sorgte. Der Dax gehörte neben dem französischen Markt (-0,9%) mit einem Minus von 0,8% zu den Tagesverlierern, während der italienische MIB ein leichtes Plus von 0,1% über den Tag retten konnte. In den USA zeigten sich die großen Indizes kaum verändert. Einzelhandelsaktien büßten dabei nach enttäuschenden Zahlen und Ausblicken deutlich ein. Nachbörslich eröffnete Alcoa die neue Berichtsaison mit schwachen Zahlen (nachbörslich -4%). In Asien können sich Aktien heute Morgen trotz enttäuschender Exportdaten aus China stabilisieren. Mit den bekräftigenden Aussagen der EZB auf der gestrigen Pressekonferenz sollten sich die Zuflüsse in Aktien weiter fortsetzen. Denn der Anlagenotstand bleibt hoch. In 2013 sind bereits 351 Mrd USD frischer Anlagegelder in Aktien geflossen – so viel wie noch nie seit Ausbruch der Finanzkrise. Diese beeindruckende Zahl relativiert sich allerdings schnell, handelt es sich doch lediglich um 2,2% des verfügbaren Einkommens. Dies liegt fast exakt auf Höhe der langjährigen historischen Durchschnittswerte. Der Nachholbedarf, der durch die starke Zurückhaltung vieler Anleger in den letzten Jahren entstanden ist, ist also noch längst nicht abgearbeitet, so dass die „flowseitige“ Stütze für Aktien anhalten dürfte.