Börse am Morgen: Commerzbank, ZEW-Index, Ölpreis und Gold - Nord LB
Der dt. Wohnungsbau bildet sich immer stärker als das Sorgenkind der heimischen Wirtschaft heraus. Laut Münchner Ifo-Institut waren im September 21,4% der Firmen von stornierten Projekten im Wohnungsbau betroffen. „Viele Projekte sind wegen der höheren Zinsen und gestiegenen Baukosten nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar … die Wohnungen, die heute nicht begonnen werden, werden uns in zwei Jahren auf dem Mietmarkt fehlen”. Neben den Stornierungen leidet die Brache auch unter erheblichen Auftragsmangel. 46,6% der befragten Firmen klagten im September hierüber (vgl.: 44,2% im August). Dies ist der höchste Wert seit der globalen Finanzkrise im März 2009 und entspricht einer Verdreifachung innerhalb der letzten zwölf Monate. Nach der Schockstarre, ausgelöst durch Ukrainekrieg, Zinswende, hoher Inflation und wirtschaftlicher Stagnation, haben sich die Banken, Investoren und Verkäufer aber arrangiert. Der Findungsphase folgt derzeit die natürliche Konsolidierung. Laut dem Deutschen Anlage Immobilien Verbund (DAVE) dürfte sich die Immobilienbranche ab Anfang 2024 erholen. Trotzdem notiert das Ifo-Geschäftsklima im Wohnungsbau mit minus 54,8 Punkten mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit Start der Erhebung im Jahr 1991.
In diesem Umfeld ist es nicht verwunderlich, dass Mittelständler so schwer wie seit Jahren nicht mehr an Bankkredite gelangen. Gestern teilte die staatliche Förderbank KfW mit, 31,7% der kleinen und mittleren Unternehmen stufen das Verhalten bei den Kreditverhandlungen mit ihren Banken als restriktiv (sogenannte Kredithürde) ein. Durchschnittlich kosteten Unternehmenskredite zuletzt mehr als 5% (ggü. 4,7% in Q2). Aber auch Large Corporates können sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Hier stieg die Kredithürde im letzten Quartal auf 21,3% (+3,4 Punkte).
Tagesausblick
Der heutige Tag bildet ganz eindeutig den Datenschwerpunkt dieser Woche: Am Vormittag sind die Augen auf die deutsche ZEW-Umfrage gerichtet, bei der wir von einem Zuwachs bei den ZEW-Erwartungen, aber einem Nachgeben bei der ZEW-Lagekomponente ausgehen. Am Nachmittag folgen wichtige Zahlen aus den USA. Hier sind insbesondere die Einzelhandelsumsätze, mit einem moderaten Zuwachs zu erwähnen, gefolgt von einer vermutlich minimal nachgebenden Industrieproduktion und einem ebenso minimal nachgebenden NAHB-Wohnungsmarktindex. Bei den Einzelhandelsumsätzen wird es zudem sehr auf mögliche Revisionen der beiden bemerkenswert starken Vormonatswerte ankommen – sollte es dabei bleiben, wird der BIP-Wachstumsbeitrag zum privaten Konsum im III. Quartal sehr solide ausfallen.
Renten- und Aktienmärkte
Am europäischen Rentenmarkt kam es gestern nach der Flucht in Sicherheit (aus der Vorwoche) zu einer Gegenbewegung. Zur Einordnung: die Rendite 10jähriger Bunds sank innerhalb von sieben Tagen um 15 Basispunkte und damit so deutlich wie zuletzt im Juli. Den gestrigen Handel beendeten dt. Bunds höher bei 2,78% (+5BP). US-Treasuries gaben am Montag im Angesicht der amerikanischen Deeskalationsbemühungen zwischen Israel und Hamas auf 4,74% (+4BP) nach.
Die hohe Wahrscheinlichkeit einer zeitnah bevorstehenden israelische Bodenoffensive (mit all ihren Konsequenzen) lässt die Aktienmärkte zwar uneinheitlich aber im Risk-Off Modus verharren. Dow +0,93%; S&P 500 +1,06%; Nasdaq Comp. +1,20%, DAX +0,34%; MDAX +0,25%; TecDAX -0,20%.
Unternehmen
Die Europäische Investitionsbank EIB plant gemeinsam mit der Commerzbank ein Kreditprogramm, um den Zugang der mittelständischen Wirtschaft zu Finanzmitteln zu stärken. Insgesamt sollen EUR 400 Mio. über langfristige Kredite zur Verfügung gestellt werden. Die Commerzbank stellt die Kredite, die EIB gewährt Garantien (welche bis zu 50% des Portfolios abdecken). Ob dies in Anbetracht der gestern veröffentlichten KfW-Umfrage zu Bankkrediten (s.o.) auskömmlich ist, bleibt Zukunftsmusik.
Devisen und Rohstoffe
Die europäische Gemeinschaftswährung ist am Montag mit leichten Gewinnen in die neue Woche gestartet. Der polnische Zloty profitiert von den Ergebnissen der Parlamentswahl unserer östlichen Nachbarn und eines möglich anstehenden Politikwechsels.
Die dipl. US-Bemühungen, den Iran von einer Eskalation des Nahost-Konflikts abzuhalten, führten zu einer leichten Konsolidierung der Ölpreise. Auf Wochensicht schlägt aber immer noch ein beachtlicher Anstieg von 7,58% bei der Sorte Brent zu Buche.
Edelmetalle sind in Kriegszeiten gefragt. Der Preis für eine Feinunze Gold notiert seit letztem Freitag wieder über USD 1.900.
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