Börse am Morgen: Biontech, Siemens Energy, OPEC+ und Konjunkturdaten im Fokus - Nord LB
Laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) schwächt sich der Welthandel weiter ab. Im Vormonatsvergleich fällt das Barometer preis- und saisonbereinigt um 1,6 Prozent. Auch für Deutschland notieren die Werte des Kiel Trade Indicators im roten Terrain (Export: minus 0,4 Prozent; Importe: minus 1,2 Prozent), für EU-Exporte (minus 1,6 Prozent) und EU-Importe (minus 1,5 Prozent) sogar noch stärker. Gemäß der Untersuchung des IfW sank die Anzahl an verschifften Standardcontainern auf rd. 13,7 Mio. Dies entspricht einem Rückgang von vier Prozent ggü. dem Allzeithoch aus dem Frühjahr 2022.
Das Statistische Bundesamt teilte gestern mit, dass dt. Unternehmen im Juni ihre Produktion überraschend stark zurück gefahren haben. Die Sektoren Bau, Energieversorger und Industrie produzierten im Vormonatsvergleich 1,5 Prozent weniger (allein Industrie minus 1,3 Prozent). Trotz der zuletzt wieder zunehmenden Nachfrage bleibt der Ausblick für die Industriekonjunktur eingetrübt. Das Bundeswirtschaftsministerium kommentierte: „Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen ist eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar.“ Erst gestern berichteten wir konträr über ein überraschend dickes Plus bei den Auftragseingägngen in der dt. Industrie (+7%), allerdings deuten Frühindikatoren weiter darauf hin, dass die dt. Wirtschaft immer noch in einer Konjunkturflaute verharrt.
In diesem Umfeld lobte der Bundeskanzler gestern Deutschland als sehr attraktiven Investitionsstandort. Forderungen nach einem Investitionsprogramm oder Steuererleichterungen kamen sowohl aus der Opposition als auch aus der Ampel. Scholz lehnt einen „dauerhaften“ subventionierten Industriestrompreis weiter ab.
Tagesausblick
Als spannend sind die heutigen Veröffentlichungen von neuen Konjunkturindikatoren keineswegs zu bezeichnen. So liegen die deutschen Preiszahlen für den Berichtsmonat Juli ja bereits als vorläufige Werte vor – heute folgen nur noch die finalen. Und selbst die US-Handelsbilanzdaten – sonst ein brauchbarer erster Hinweisgeber für die Einschätzung des Außenbeitrags beim BIP-Wachstum der USA – wurden bereits mit der letzten Bekanntgabe zu BIP Ende Juli auf den Tisch gelegt. Insofern kann heute nur bereits der Blick auf die am Donnerstag anstehenden, dann allerdings höchst marktrelevanten US-Konsumentenpreise für den Berichtsmonat Juli gerichtet sein.
Renten- und Aktienmärkte
Renditen europ. Staatsanleihen zogen an (10Y Bunds +4BP 2,60%). Der DAX startete abwartend behauptet in die Woche.
Unternehmen
Biontech verzeichnet in Q2 einen Nettoverlust von rd. EUR 190 Mio. Der Umsatz fällt auf EUR 167,7 Mio. Nach dem Ende der Covid-Pandemie ist die Nachfrage nach Corona-Impfstoff eingebrochen. Das Haltbarkeitsdatum von noch bestehenden Lagerbeständen des Impfstoffs Comirnaty ist entweder abgelaufen oder steht kurz davor. Trotzdem investieren die Mainzer weiterhin stark in Forschungs- und Entwicklungsausgaben (R&D). R&D Investitionen belaufen sich in Q2 auf EUR 373 Mio. (minus 6,5% ggü. Vorjahr). Die Entwicklung zahlreicher Medikamente sowie die Krebsforschung stehen weiter im Vordergrund. Für das Gesamtjahr werden aber anstatt EUR 2,4 bis 2,6 Mrd. nur noch Forschungsausgaben i. H. v. EUR 2,0 bis 2,2 Mrd. avisiert.
Nachdem Siemens Energy massive Technik- und Kostenprobleme bei der span. Windkrafttochter Gamesa im laufenden GJ mit rd. EUR 4,5 Mrd. in die roten Zahlen getrieben haben, wird die Strategie im Wind-Geschäft auf den Prüfstand gestellt. Konzernangaben zufolge werden allein Kosten über rd. EUR 1,6 Mrd. für Schäden an Rotorblättern und Lagern bei den Onshore-Plattformen 4.X und 5.X anfallen. Weitere EUR 0,6 Mrd. entstehen für aus dem Ruder gelaufende Material- und Beschaffungskosten bei Offshore-Windrädern (Siemens Gamesa ist mit Kunden Festpreisvereinbarungen eingegangen). Trotz des gut laufenden Geschäfts mit konventioneller Energietechnik und Stromnetzen ist eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen für Siemens Energy bisher nicht absehbar. Seit dem Börsengang hat der Konzern noch kein Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen.
Devisen und Rohstoffe
Der Euro gab im Tagesverlauf ggü. dem USD nach den schwachen dt. Industriedaten nach, schloß aber fast unverändert.
Auf der letzten Joint Ministerial Monitoring Committee-Sitzung (JMMC) stellte die OPEC+ -Gruppe ihre Zufriedenheit über die Einhaltung der Fördermengen durch die Mitgliedsländer fest. Ein entstandenes Leck an der Druschba-Pipeline in Polen löste keinen Brent-Preisanstieg aus. Ölpreise notierten schwächer.
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