Ende der Zinsanhebungen? Börse am Morgen: u.a. mit Brenntag, Lanxess, Gas-Stresstest - Nord LB
Das Statistische Bundesamt teilte gestern mit, dass der Auftragsbestand der deutschen Industrie weiter rückläufig ist. Im Verarbeitenden Gewerbe nahmen die Bestände um 0,8% im Vormonatsvergleich ab. Haupttreiber für den Rückgang ist die Autobranche. Hier sanken die Bestände sogar um 1,5%. Auch die Reichweite des Auftragsbestands ist rückläufig – sie liegt jetzt bei 7,3 Monaten ggü. 7,4 Monaten im März (die Reichweite gibt an, wie viele Monate ein Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Bestellungen theoretisch produzieren müsste, um die vorhandenen Bestellungen abzuarbeiten).
Tagesausblick
Im Fokus steht heute der Auftritt von US-Notenbankchef Jerome Powell vor Kongressmitgliedern. Im Rahmen der halbjährlichen Stellungnahmen mit Rede & Antwort muss er sich heute vor dem House Financial Services Committee verantworten. Morgen folgt dann noch ein ähnlicher Auftritt vor dem Senate Banking Committee. Insbesondere nach den veränderten Zinsprojektionen, so peilen die FOMC-Gremiumsmitglieder ja noch zwei Zinsanhebungen in 2023 an, stellt sich die Frage, wie hawkish der neue Ausblick aufzufassen ist. Schließlich gibt es auch in den USA genügend Anzeichen für eine möglicherweise bald beginnende Rezession. Zudem dürfte die Inflation (derzeit bei 4%) im Juni wohl auf „nur noch“ knapp über 3% fallen. Ist eine Zinsanhebung noch adäquat oder bereits gefährlich für das Land? Einer ähnlichen Fragestellung muss morgen die Bank of England bei ihrer Zinsentscheidung (erw.: +25Bp) stellen – dafür liefern heute Morgen die britischen Verbraucherpreise (erw.: +0,5% M/M) die letzten Indikationen.
Renten- und Aktienmärkte
Deutsche Bundesanleihen waren am Dienstag gefragt. 10-jährige Bunds rentierten bei 2,40% (minus 11Bp). Auf Jahressicht hat sich die Rendite 10-jähriger Bunds um 66Bp erhöht.
Nach dem Rekordhoch vom Freitag kam es am gestrigen Tag im DAX zu weiteren Gewinnmitnahmen. Chemiewerte (BASF und Covestro) befanden sich im Sog der Lanxess-Gewinnwarnung unter den Tagesverlierern. DAX -0,55%; MDAX -1,71%; TecDAX -1,11%.
Unternehmen
Nachdem bereits zu Wochenbeginn Chemiewerte aufgrund von Konjunktursorgen litten, sorgte die Gewinnwarnung von Lanxess für weiteres Unwohlsein in der Branche. Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert sagte, dass die Nachfragebelebung, die der Kölner Spezialchemiekonzern für das zweite Halbjahr erwartet habe, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar sei, weder in China noch in anderen für Lanxess wichtigen Märkten. Vor allem die sehr schwache Nachfrage aus der Bau- und Elektroindustrie sowie der Lagerabbau bei Kunden dauerten an. Lanxess rechnet nur noch mit einem bereinigten Ergebnis von EUR 600 bis 650 Mio. (zuvor EUR 850 bis 950 Mio.). Die Lanxess-Aktie verlor in der Konsequenz zweistellig und fiel auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren. Andere Chemiewerte wie BASF und Evonik konnten sich dem negativen Newsflow nicht entziehen und kamen auch unter die Räder.
Der Chemikalienhändler Brenntag akquiriert das chin. Unternehmen Shanghai Saifu Chemical Development. Michael Friede, Manager des Spezialitätengeschäfts von Brenntag sagte, dass der Zusammenschluss mit Saifu ein bedeutender Meilenstein sei, der Brenntags globale Präsenz im Bereich Specialties in der Region und auf dem asiatischen Markt für Personal Care-Produkte erweitert. Shanghai Saifu Chemical Development wurde 2005 gegründet und erzielte im Jahr 2022 einen Umsatz von EUR 71 Mio. Das Unternehmen vertreibt unter anderem Inhaltsstoffe und Chemikalien für Körperpflege-Produkte, Beschichtungen und Reinigungsmittel. Über den Preis wurden keine Angaben gemacht.
Devisen und Rohstoffe
Der EUR/USD handelt impulslos weiter oberhalb von 1,09. Auch der restliche Datenkalendar für diese Woche lässt kaum FX-Ausschläge erwarten.
Die Bundesnetzagentur plant im September einen breit angelegten Gas-Stresstest um die Fähigkeit der Energiebranche, der Industrie und staatlicher Stellen zu prüfen, wie mit einer Krise der Gasversorgung umzugehen sei.
Preise für Rohöl der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) sind zuletzt wieder gestiegen. Wie das OPEC-Sekretariat am Dienstag in Wien mitteilte, betrug der Korbpreis zu Anfang der Woche USD 76,45 je Barrel (159 Liter). Das waren 56 US-Cent mehr ggü. Freitag (die OPEC berechnet den Korbpreis auf Basis der wichtigsten Sorten des Kartells).
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