Knaus Tabbert: Spielraum für gute Nachrichten
Die ersten Vorläufer der heutigen Knaus Tabbert sind 1912 in Weinsberg (Baden-Württemberg) zu finden. 1953 wurde der erste Wohnwagen der Firma Tabbert gefertigt, 1961 hat die damalige Knaus das erste Schwalbennest erbaut, ein Miniwohnwagen für den Urlauber. 1970 entsteht das Werk im bayerischen Jandelsbrunn an der tschechischen Grenze. 2001 kommt es zur Fusion von Knaus und Tabbert. Dass daraus rund 20 Jahre später ein Milliardenunternehmen werden würde, hätten sich die Macher damals vermutlich nicht erträumt.
Vom Caravan bis zum komfortablen Reisemobil
Heute befinden sich fünf Marken (Knaus, Tabbert, Weinsberg, t@b, Morelo) mit rund 230 Modellen, Insider nennen es auch Grundrisse, unter dem Dach von Knaus Tabbert. Auf einem Kapitalmarkttag haben die Verantwortlichen ihr Unternehmen Analysten und Investoren in Jandelsbrunn sowie in Bad Griesbach vorgestellt. Dabei waren auch eine Vielzahl von Modellen zu besichtigen, von der Knutschkugel bis zum 400.000 Euro teuren Morelo, der keine Wünsche offen lässt. Dieses Modell kann der gut betuchte Verbraucher aber auch in einer Ausbaustufe erwerben, die bis zu 1 Million Euro kostet, Parkgarage für den Wagen im Innern inklusive.
Rund 30.000 Einheiten, vom Caravan über das Reisemobil bis zum Kastenwagen, entstehen jährlich in den vier Werken von Knaus Tabbert in Deutschland und Ungarn. Die derzeitigen Kapazitäten würden den Bau von bis zu 35.000 Einheiten ermöglichen. Bis diese Kapazitäten erschöpft sind, dürfte es nicht mehr lange dauern.
Im Sommer 2021 hat man erklärt, bis 2025 einen Umsatz von 2 Milliarden Euro und eine EBITDA-Marge von 10 Prozent zu schaffen. 2022 waren es 1,05 Milliarden Euro und 6,7 Prozent. Der Auftragsbestand lag Ende 2022 bei 1,3 Milliarden Euro. Vorstandschef Wolfgang Speck zeigt sich überzeugt, dass die 2 Milliarden Umsatz 2025 oder 2026 erreicht werden können. Das Margenziel könnte sich ein Jahr verzögern. Hier spielt u.a. der Krieg in der Ukraine eine Rolle.
Der Markt für Freizeitmobile boomt unverändert. In vielen Bereichen ist Knaus Tabbert bereits Marktführer, erklärtes Ziel des Vorstands ist es aber, weitere Marktanteile zu gewinnen. Das macht Speck während seiner Präsentation auf dem Kapitalmarkttag sehr deutlich. Dafür spricht auch die Statistik, dass Knaus Tabbert bei der EU-Registrierung von Freizeitmobilen von Januar bis April 2023 um 56 Prozent zulegen konnte, während viele Mitbewerber deutlich Rückgänge hinnehmen mussten. Berücksichtigen muss man dabei aber auch, dass die Gesellschaft vor einem Jahr Lieferengpässe hatte.
Ein Unternehmen für die Premium- und Luxussegmente
Insgesamt bleibt sich die Gesellschaft treu, man setzt auf den Premium- und Luxusbereich. Die Preise für Caravans und Fahrzeuge der verschiedenen Marken liegen zwischen 15.000 Euro und 1 Million Euro. Einen Einstieg in die Billigsegmente lehnt Speck klar ab. Man müsse nicht jeden Preis unterbieten, vielmehr seien eher höhere Preise ein Ziel.
Auch einem Zukauf erteilt Speck im Gespräch mit unserer Redaktion eine recht deutliche Absage. Dieser müsse genau passen, die Integration würde dauern, das Heben von Synergien wäre unklar, er sieht momentan keine wirkliche Notwendigkeit für eine Akquisition. In den aktuellen Marken steckt noch viel Potenzial, welches gehoben werden kann.
Lieferkette ist stärker geworden
Die Probleme der jüngsten Vergangenheit, dass man bei den Chassis mit Fiat nur auf einen Lieferanten gesetzt hat, sind inzwischen behoben. Man hat sich breiter aufgestellt und wird jetzt auch von MAN, Volkswagen, Ford und Mercedes beliefert. CFO Carolin Schürmann sagt in diesem Zusammenhang, dass man die Hausaufgaben gemacht habe. Dennoch bleiben die Lieferzeiten für die meisten Modelle lang, für manchen Beobachter zu lang. 18 bis 24 Monate sind nicht ungewöhnlich, beim Luxushersteller Morelo können es in Ausnahmefällen auch 36 Monate sein.
Trotz dieser „Luxusprobleme“ ist Knaus Tabbert immer auf der Suche nach neuen Kundengruppen. Mit der Vermietung von Caravans und Wohnmobilen will man andere, jüngere Zielgruppen adressieren. Haben diese Interesse an dieser Form des Urlaubs gefunden, fällt eine spätere Kaufentscheidung leichter. Jährlich gehen rund 5.000 Einheiten in das Vermietgeschäft. So geht man zugleich neue Vertriebswege.
Neue Wege geht das Unternehmen auch im Bereich der Technologie. Hier sieht man sich der Konkurrenz teils deutlich voraus, sei es beim Thema E-Mobilität, bei hybriden Motorhomes, die in den kommenden Jahren an den Markt kommen sollen, bei der Gewichtsreduzierung der Caravans oder auch bei einer Neuentwicklung mit einem großen deutschen Autoproduzenten, die im nächsten Jahr auf den Markt kommen soll und den Platz unterhalb von Morelo einnehmen kann.
Bei all den Innovationen, bei den vollen Auftragsbüchern und bei der hohen Nachfrage ist die Unternehmensführung mit der Kursentwicklung nicht ganz glücklich. Im September 2020 ist die Gesellschaft zu 58 Euro an die Börse gekommen, das war auch der erste Kurs beim Börsengang. In den vergangenen 52 Wochen lag das Papier im Tief bei rund 23 Euro. Zuletzt ist es aber wieder deutlich nach oben gegangen, auch dank der guten Zahlen der jüngeren Vergangenheit, so dass die Aktie von Knaus Tabbert wieder im Bereich von 50 Euro notiert. Doch aus dem Vorstand ist zu hören, dass man für die kommenden Jahre beim Kurs noch viel Luft nach oben sieht.
Prognose bis 2027
Dies dürfte auch an den mittelfristigen Perspektiven liegen. Unterm Strich rechnet Knaus Tabbert bis 2027 mit jährlichen Wachstumsraten von 16 Prozent bis 18 Prozent. 2025 oder 2026 soll die Umsatzmarke von 2 Milliarden Euro übersprungen werden. Die EBITDA-Marge soll bis 2027 bei über 10 Prozent liegen, 200 Millionen Euro EBITDA sind demnach in Reichweite. Auch das Ziel, dann bis zu 50.000 Einheiten jährlich zu produzieren, bleibt bestehen.
Schon 2023 soll es beim Umsatz und beim EBITDA einen weiteren großen Schritt nach vorne gehen. Die gute Entwicklung aus dem ersten Quartal (Umsatz +66 Prozent, EBITDA-Marge steigt von 7 Prozent auf 9 Prozent) scheint sich im zweiten Quartal fortzusetzen. So erscheint es auch nicht unmöglich, dass es in einigen Bereichen von Knaus Tabbert 2023 zu einem Wachstum von 25 Prozent bis 30 Prozent kommen könnte.
Offiziell heißt es bisher, dass man mit einem starken Umsatzwachstum rechnet. Die EBITDA-Marge sieht man 2023 bei 7,5 Prozent bis 8,5 Prozent. Mitte des Jahres will sich der Vorstand die aktuelle Situation noch einmal ansehen und dann über die Prognose nachdenken. Es gibt hier möglicherweise Spielraum für gute Nachrichten.
Dazu CEO Wolfgang Speck: „Wir investieren in unsere Zukunft und planen auch in den nächsten Jahren weiter profitabel zu wachsen. Zudem liegt unser Augenmerk ganz auf den Zukunftsthemen Nachhaltigkeit und Elektromobilität: hier wollen wir künftig zu den Vorreitern in unserer Branche gehören.“
Am Markt kommt dies gut an. Die Aktien von Knaus Tabbert (WKN: A2YN50, ISIN: DE000A2YN504, Chart, News) gewinnen heute 4,5 Prozent auf 49,70 Euro.
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