Einkaufsmanagerindex: Weiterhin auf robusten Niveaus - VP Bank
Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fällt im Mai einer ersten Veröffentlichung zufolge von 55.5 auf 54.4. Für den Dienstleistungssektor sinkt der Index von 57.7 auf 56.3. Der aus beiden zusammengefasste vorläufige Composite-Index fällt damit im Mai von 55.8 auf 54.9.
Unmittelbare Rezessionsgefahren lassen sich aus dem Konjunkturbarometer nicht ableiten. Damit steht der Einkaufsmanagerindex weiterhin im deutlichen Widerspruch zu nur national erhobenen Konjunkturfrühbarometern.
Der Dienstleistungssektor blickt nicht mehr ganz so optimistisch in die Zukunft wie im Vormonat, doch von Trauerstimmung kann bislang nicht die Rede sein. Der Indexwert bleibt auf hohem Niveau. Vor allem der Freizeitsektor freut sich über gut laufende Geschäfte. Restaurants, Bars und Hotels sind nach den Corona-Monaten wieder gut gefüllt. Theater, Konzerte und Kinos blicken auf volle Säle. Doch so gut aktuell die Situation im Dienstleistungssektor auch sein mag: Die gestiegenen Lebenshaltungskosten werden den Konsum in den kommenden Monaten dämpfen, da an anderer Stelle gespart werden muss. Das trübt den Ausblick für den Dienstleistungssektor über die Sommer- und Herbstmonate.
Die Industrie bleibt hin- und hergerissen. Die Auftragsbücher sind voll. Die öffentlichen Haushalte investieren in die Infrastruktur, insbesondere in erneuerbare Energien. Für das verarbeitende Gewerbe wäre das eigentlich ein Umfeld zum Frohlocken. Doch es fehlt an Materialien und Personal, um von dieser guten Situation profitieren zu können. Der Krieg in der Ukraine und die Lockdowns in China haben die Situation nochmals verschärft. Die chinesische Wirtschaft selbst läuft Gefahr in die Rezession zu rutschen. Doch auch der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe bleibt trotz dieser Widrigkeiten auf verhältnismässig robustem Niveau: Die Industrie scheint auf einen besseren Materialfluss in der zweiten Jahreshälfte zu hoffen und ihren Optimismus beizubehalten.
Für die europäische Wirtschaft werden die Sommer- und Herbstmonate zum Ritt auf der Rasierklinge. Die Rezessionsrisiken sind trotz des robusten Einkaufsmanagerindex nicht zu vernachlässigen, insbesondere dann, wenn sich die Materialsituation nicht verbessert.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
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