Deutschland: Industrieproduktion kommt nicht in Fahrt - VP Bank
Die Industrieproduktion bleibt im Jammertal. Sie fällt im September um 1.1 % gegenüber dem Vormonat. Die Konsensschätzung sah einen Zuwachs vor. Einmal mehr bremste der Materialmangel. Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Viele Unternehmen sprechen mittlerweile davon, dass Materialien bis zum Jahresende 2022 knapp bleiben könnten. Gerade deshalb ist der Ausblick für die Produktionsentwicklung trübe.
Mit den massiv gestiegenen Gas- und Strompreisen gesellen sich nun weitere Belastungsfaktoren hinzu. Gas ist teuer und knapp zugleich, was auch Produktionsprozesse ausbremst. In der Chemieindustrie ist Gas etwa zur Herstellung vieler Basisstoffe erforderlich.
Die Materialknappheiten dämpfen nicht nur die Produktion sondern in weiterer Folge auch die Beschäftigungsaussichten. Die Anzahl der Kurzarbeiter ist zwar seit dem Frühjahr 2020 massiv gefallen ist, die absolute Zahl bleibt in Anbetracht der gut gefüllten Auftragsbücher immer noch hoch.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit wurde zuletzt für knapp 760’000 Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Das ist deutlich weniger als in den Monaten zuvor, aber immer noch vergleichbar mit den Niveaus der Finanzmarktkrise.
Die kommenden Quartale werden in Anbetracht der Mangelwirtschaft schwierig bleiben. Das deutsche Bruttoinlandprodukt wird im laufenden Quartal stagnieren. Mit einer nennenswerten Besserung rechnen wir auch in den ersten drei Monaten des kommenden Jahres nicht.
Klar ist auch, dass wenn der Materialfluss wieder läuft, sich die gegenwärtige Gemengelage in ihr Gegenteil verkehren wird. Die Industrie wird dann aufgrund von Nachholeffekten einen regelrechten Boom bei gleichzeitig fallenden Erzeugerpreisen erleben.
Autor: Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank