„Allgemeiner Wohlstand“ in China als oberste Prämisse, Börsengänge werden erschwert - Commerzbank
Die chinesische Zentralregierung veröffentlicht fast täglich neue und im Detail verschärfte Regulierungsauflagen und Regeln. Viele Unternehmen geraten zunehmend unter Druck, da Teile oder sogar das gesamte Geschäftsmodell in Frage gestellt werden. Die Großkonzerne zeigen demonstrativ ihre Bereitschaft, eine von oben diktierte Umverteilungskampagne wohlwollend mit entsprechenden Maßnahmen zu begleiten. Tencent, Alibaba und Pinduoduo haben schon mitgeteilt, milliardenschwere USD-Beträge in wohltätige Stiftungen einzubringen, bzw. für die Entwicklung der ärmeren ländlichen Regionen Chinas zu spenden. Der Führung in Peking scheint das aber noch lange nicht genug zu sein. Weitere Maßnahmen zur Eindämmung der propagierten „irrationalen Kapitalexpansion” und des „barbarischen Wachstums” sollen folgen, gleichzeitig dürften die börsennotierten Tech-Giganten bzw. ihre wohlhabenden Gründer auch weiterhin am Pranger stehen. Eine neue Auflage reguliert die spielfreudigen Chinesen und damit u.a. auch Tencent, wonach Minderjährige nur noch maximal drei Stunden pro Woche mit Online-Spielen verbringen dürfen. Längst spüren auch andere Branchen die neue Auflagenflut. So ist der Essenslieferdienst Meituan betroffen, bei dem die Zusteller Lohnuntergrenzen und Versicherungsschutz vorgeschrieben bekommen. Bytedance (Eigentümer der Video-App Tiktok) wird direkt beaufsichtigt durch eine Staatsbeteiligung bzw. die Übernahme eines Vorstandspostens. Unter Druck stand zuletzt auch der Fahrdienst-Vermittler DiDi. Wenige Tage nach dem Börsengang untersagte Peking dem Unternehmen, aufgrund angeblich grober Verstöße im Umgang mit personenbezogenen Daten, seine Dienste in inländischen App-Stores anzubieten. Firmen aus China müssen künftig vor einem Börsengang im Ausland eine Genehmigung einholen, wenn das Geschäftsmodell mit sensiblen Daten arbeitet. Damit dürften in naher Zukunft einige geplante Börsengänge in den USA ausfallen.
Anleihen
China: Verbraucherpreise (Aug), 3:30 Uhr
Deutschland: Exporte (Juli), 08:00 Uhr
EZB: Geldpolitische Entscheidung, 13:45 Uhr
USA: Erstanträge, Arbeitslosengeld, 14:30 Uhr
Gestern dominierten überwiegend schwache Konjunkturdaten aus der zweiten Reihe den Fluss der Nachrichten. So ging die Zahl der in den USA verkauften Auto weiter zurück und erreichte im August nur noch 13,1 Mio. – das ist gegenüber dem jüngsten Hochpunkt im April von 18,5 Mio. ein Rückgang um 29%. Schwach waren auch die aus Italien gemeldeten Einzelhandelsumsätze, die im Juli um 0,4% zum Vormonat zurückfielen. Auch die französischen Exporte im Juli (-2,0% zum Vormonat) sowie die Stimmungsindikatoren aus Japan und Südafrika enttäuschten und zeigen, dass die Coronakrise bzw. deren Folgen global noch nicht überwunden sind. Auf der Ratssitzung der Europäische Zentralbank (EZB) werken heute keine geldpolitische Entscheidung erwartet. Vermutlich wird die EZB aber die temporäre Erhöhung der Wertpapierkäufe im Rahmen des Corona-Kaufprogramms PEPP zurücknehmen. Angesichts der globalen Probleme, die Corona weiter verursacht, dürfte die EZB aber eine Grundsatzentscheidung über ein Auslaufen (Tapering) der Wertpapierkäufe weiter aufschieben. Angesichts flauer Konjunkturdaten legte gestern der seit drei Wochen bestehende Trend zu höheren Renditen eine Pause ein. Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit notieren derzeit bei -0,33% (-0,32% am Vortag) und entsprechende US-Staatsanleihen bei 1,33% (1,38% am Vortag). Heute Morgen meldete das Statistische Bundesamt, dass die deutschen Exporte im Juli um 0,5% zugelegt haben. Zuvor hatten diese Woche die Auftragseingänge deutlich positiv (+3,4% zum Vormonat) und die Produktion leicht positiv überrascht (+1,0% zum Vormonat).
Aktien
Merck KGaA: Kapitalmarkttag
Oracle: Ergebnis Q1
Zu Wochenbeginn hatten die Anleger an den europäischen Aktienbörsen noch dazu geneigt, die schwachen US-Arbeitsmarktzahlen angesichts des nachlassenden Drucks auf die Federal Reserve Bank, eine etwas restriktivere Geldpolitik einzuleiten, positiv zu interpretieren. Doch inzwischen steigt eher wieder die Besorgnis, dass dem Konjunkturaufschwung in den USA die Luft ausgehen könnte. Nach einigen Tagesschwankungen schloss der Dax 30 letztendlich klar im Minus. Deutlich schwächste Einzeltitel im deutschen Leitindex waren die Aktien der Siemens-Familie (Siemens: -3,5%, Siemens Energy: -8,1%). Hier belastete eine gestrichene Kaufempfehlung für den Windturbinenhersteller Siemens Gamesa (-8,6%, Madrid). Nur knapp vor diesen Werten sortierten sich die gesamten deutschen Automobiltitel (u.a. VW VZ.: -3,2%) ein. Der Automobilsektor (-2,2%) war in diesem Umfeld auch die schwächste Branche im EuroSTOXX 600, in dem sich lediglich die Telekommunikationstitel (+0,2%) und Versorger (unv.) stabil präsentierten. An der Wall Street starteten alle wichtigen Indizes mit Kursabschlägen. Belastend wirkte die Herabstufung des Marktes durch eine US-Investmentbank auf „Untergewichten“. Auch andere Häuser schlossen sich dem mahnenden Kommentar an. Letztendlich hielten sich aber die Verluste in Grenzen. Unter der Führung von Versorgern (+1,8%) hatten eindeutig defensive Branchen vor Zyklikern die Nase vorn. Unter Druck standen die rohstofforientierten Sektoren Energie (-1,3%) und Grundstoffe (-1,0%). Im Fokus standen die Aktien von Paypal (+2,7%). Der Zahlungsdienstleister plant die Übernahme des japanischen Anbieters Paidy für ca. 2,7 Mrd. USD. Die asiatischen Börsen geben heute Morgen in der Breite nach. Die stärksten Verluste verbucht dabei der Hang Seng-Index in Hongkong. Auch die europäischen Märkte werden etwas schwächer erwartet.