COVID-19 Delta-Variante macht Druck auf DAX & Co. - Börse München
Weiter recht volatil: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Handelswoche die Berg- und Talfahrt der jüngsten Vergangenheit fortgesetzt, auf Wochensicht ergab sich damit eine Seitwärtsbewegung. Für Druck auf die Märkte sorgten vor allem Befürchtungen, die in einigen Ländern wieder steigenden Infektionszahlen in der Corona-Pandemie und die Ausbreitung der Delta-Variante könnten zu neuen Beschränkungen führen, negative Auswirkungen auf die Wirtschaft inklusive. Dagegen gingen die Sorgen vor einem zu starken Anziehen der Teuerungsrate und in der Folge vor steigenden Zinsen fürs Erste zurück. Hierzu trugen unter anderem Inflationszahlen aus Deutschland und Einzelheiten des US-Arbeitsmarktberichts bei.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) rückte im Wochenvergleich um 0,3 Prozent auf 15.650,09 Punkte zu. Ganz oben in der Wochengewinner-Liste im Index standen die Titel von Delivery Hero mit einem Kursplus von knapp 8 Prozent, der Essenslieferant profitierte unter anderem von einem positiven Analystenurteil. Dagegen büßten Automobilwerte wie BMW, Daimler oder Volkswagen auf Wochensicht spürbar, nämlich zwischen 1,8 und 2,2 Prozent, ein. Der Sektor hatte sich im bisherigen Jahresverlauf überdurchschnittlich gut entwickelt, Beobachter sprachen von Gewinnmitnahmen. Bei Volkswagen beunruhigten zudem Befürchtungen, wegen des Abgasskandals könnten in den USA neue juristische Probleme drohen. Der MDax beendete die Handelswoche gegenüber dem Vorwochenstand fast unverändert bei 34.462,97 Zählern. Der TecDax verbesserte sich im Wochenvergleich um 0,2 Prozent auf 3.568,77 Punkte. Der m:access All-Share stieg um 1,3 Prozent auf 3.151,69 Zähler.
An den deutschen Anleihemärkten haben die Kurse in der vergangenen Woche deutlich angezogen. Für Auftrieb sorgten dabei einerseits die zurückgehenden Sorgen vor einer strafferen Geldpolitik, andererseits die Verunsicherung aufgrund der zunehmenden Verbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus, die die in Teilen bereits für überwunden gehaltenen Krise wieder verschärft. Durch die gestiegenen Kurse fiel die Rendite der marktbestimmenden zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,16 auf -0,23 Prozent. Die Umlaufrendite ging von -0,28 auf -0,31 Prozent zurück.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche an ihrem Rekordkurs festgehalten. Gut ausgefallenen Konjunkturdaten ließen die Stimmung der Anleger steigen. Gleichzeitig fielen Details des US-Arbeitsmarktberichts so aus, dass die Befürchtungen einer rascheren Straffung der Geldpolitik sanken. Im Wochenvergleich legte der Dow-Jones-Index um 1,0 Prozent zu auf 34.786,35 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index stieg um 1,7 Prozent auf 4.352,34 Zähler, der technologielastige Nasdaq-100-Index gewann 2,7 Prozent auf 14.727,63 Punkte, beide Indizes markierten am vergangenen Freitag neue Höchststände.
Ausblick
Bei der Prognose für die aktuelle Woche an den deutschen Aktienbörsen gehen die Meinungen auseinander. Auf der einen Seite vertreten einige Beobachter die Ansicht, die Vielzahl stärkerer Konjunkturdaten sowie die Einlassungen der großen westlichen Notenbanken, die derzeit höheren Inflationsraten seien ein temporäres Phänomen und führten nicht zu Änderungen der Geldpolitik, dürften die Märkte weiter antreiben. Hinzu kämen die Vorgaben aus den USA, wo wichtige Indizes laufend neue Rekordstände erreichen, was auch für die Kurse hierzulande förderlich sein könnte.
Auf der anderen Seite befürchten Experten, die guten Wirtschaftszahlen und die gestiegenen Erwartungen der Unternehmen seien in den aktuellen Kursniveaus bereits weitgehend eingepreist. Dies wiederum könnte zu einer Fortsetzung der zuletzt gesehenen Seitwärtsbewegung führen. Aus Sicht der pessimistischer Gesinnten kommt zudem mehr und mehr die Verbreitung der Delta-Corona-Variante als Negativfaktor für die Märkte hinzu. Sollte diese das Infektionsgeschehen wieder so beschleunigen, wie von einigen befürchtet, so könnten Sorgen vor weiteren Beschränkungen zurückkehren. Dies wiederum dürfte sich auch auf die Stimmung an den Börsen dämpfend auswirken.
In welche Richtung es in den kommenden Tagen letztlich gehen wird, dürfte auch von den anstehenden Wirtschaftsdaten abhängen. Zu den wichtigsten dürften dabei Einkaufsmanagerindizes aus den USA und der Eurozone sowie die ZEW-Konjunkturerwartungen, die Industrieproduktion und die Werksaufträge in Deutschland gehören. Zudem gibt es möglicherweise Nachrichten zur weiteren Geldpolitik, hier stehen eine Sitzung der Europäischen Zentralbank sowie das Protokoll zur vergangenen Ratssitzung der US-Notenbank im Fokus. Am Montag müssen die hiesigen Anleger ohne neue Impulse von den US-Märkten auskommen, dort bleiben die Börsen wegen des vorangegangenen Unabhängigkeitstags geschlossen.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 05.07.: Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; US-Börsen geschlossen
Dienstag, 06.07.: ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland; Werksaufträge in Deutschland; Einzelhandelsumsätze in der Eurozone; ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe in den USA; Markit PMI Gesamtindex (USA)
Mittwoch, 07.07.: Industrieproduktion in Deutschland; Wachstumsprognose der Europäischen Kommission; Protokoll der vergangenen Sitzung der US-Notenbank
Donnerstag, 08.07.: Handelsbilanz Deutschlands; Sondersitzung der Europäischen Zentralbank zur strategischen Ausrichtung; Verbraucherkredite in den USA
Freitag, 09.07.: Verbraucherpreise in China
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG