EZB bekräftigt März-Beschlüsse – Fokus richtet sich auf die Juni-Sitzung - Nord LB
Die Europäische Zentralbank hat auf der heutigen Ratssitzung wie erwartet keine Änderungen an ihrer geldpolitischen Ausrichtung beschlossen. Die EZB-Leitzinsen für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte (0,00%), Einlagefazilität (-0,50%) und die Spitzenrefinanzierungsfazilität (0,25%) bleiben unverändert. Auch bei dem Gesamtvolumen und der Mindestlaufzeit des Anleihekaufprogramms Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP), den Parametern des APP sowie der Forward Guidance hat die EZB keine nennenswerten Veränderungen vorgenommen.
Der Rat bekräftigte in seinem Statement die Beschlüsse aus der März-Sitzung, dies gilt insbesondere für die temporäre Beschleunigung der Anleihekäufe im Rahmen des PEPP. So gehe der EZB-Rat davon aus, dass die Ankäufe im Rahmen des PEPP „weiterhin deutlich umfangreicher ausfallen werden“ als während der ersten Monate des Jahres. Der EZB-Rat will seine Ankäufe flexibel in Abhängigkeit von den Marktbedingungen durchführen, um einer vorzeitigen Straffung der Finanzierungsbedingungen zu begegnen. So sollen Entwicklungen verhindert werden, die „dem Abwärtsdruck der Pandemie auf die projizierte Inflationsentwicklung“ nicht entgegenwirken würden. Hiermit wird einmal mehr bekräftigt, dass die EZB durch den temporären Inflationsanstieg im laufenden Jahr hindurchblicken wird. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Ratsmitglieder den aus ihrer Sicht grundsätzlich inflationsdämpfenden Effekt der Pandemie betont.
Christine Lagarde hat auf der Pressekonferenz erneut darauf hingewiesen, dass der Rat den Einfluss der Wechselkursentwicklung auf den Inflationsausblick genau beobachtet. In den vergangenen Tagen hatte der EUR/USD-Kurs wieder die Marke von 1,20 USD überschritten. Die EZB stehe weiter bereit, bei Bedarf alle Instrumente anzupassen. Hierzu gehört explizit auch eine nochmalige Ausweitung des PEPP, wobei im EZB-Statement weiterhin die Symmetrie möglicher Anpassungen in der Zukunft betont wird. Für den näheren Konjunkturausblick sieht Lagarde Unsicherheit überwiegen, angesichts der Pandemierisiken wenig überraschend.
An den Finanzmärkten fielen die Reaktionen angesichts der erwartbaren Ergebnisse der heutigen EZB-Sitzung sehr gedämpft aus. Der Fokus richtet sich bereits auf die Juni-Sitzung, bei der auch das PEPP-Ankaufvolumen neu beurteilt werden wird. Ein mögliches Tapering des PEPP wurde nach Aussage Lagardes vom Rat heute nicht diskutiert und die EZB werde auch nicht synchron zur Fed agieren. Gleichwohl legt die Frage den Finger in die Wunde. Die EZB wird eine mögliche Tempoanpassung beim PEPP mit Bedacht kommunizieren müssen, um nicht vorzeitig ein Tapering-Signal an die Märkte zu senden – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Inflationsrate im zweiten Halbjahr zeitweise deutlich über 2% liegen wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die strategische Überprüfung noch nicht abgeschlossen ist, und hier bestehen zusätzliche Konfliktfelder zwischen Tauben und Falken im Rat. Die nächsten Monate versprechen spannend zu werden.
Fazit: Die EZB hat wie erwartet keine Änderungen an ihrer Geldpolitik vorgenommen. Entsprechend gedämpft fielen die Marktreaktionen aus, der Fokus richtet sich bereits auf die Juni-Sitzung. Lagarde betonte, dass ein Tapering heute nicht diskutiert wurde und bezeichnete eine Diskussion über ein Auslaufen der Kriseninstrumente als verfrüht. Angesichts der kurzfristigen Konjunkturrisiken und der hohen Unterauslastung halten wir eine Taper-Angst für unbegründet. Einen massiven Zinsanstieg wird die EZB auch bei einer deutlichen Besserung der Konjunktur im Jahresverlauf nicht tolerieren wollen. Allerdings liegt es in der Natur der weit in die Zukunft gerichteten Kommunikation, dass sich die EZB doch sehr bald auf eine kluge Vorgehensweise verständigen muss. Im Umfeld einer zumindest im zweiten Halbjahr deutlich höheren Inflation und einer im Erholungsprozess weiter fortgeschrittenen US-Wirtschaft droht sonst die Kommunikation zum Drahtseilakt zu werden.