USA: Demokraten können durchregieren, Kongressmehrheit steht - VP Bank Kolumne
Die Demokraten gewinnen beide noch offen gewesenen Senatssitze im US-Bundesstaat Georgia. Dies führt nun zu einem Gleichstand von 50 zu 50 Sitzen im Senat. Laut Verfassung entscheidet in solch einer Pattsituation der Vizepräsident der USA. Die US-Vizepräsidentin Kamala Harris verschafft also zukünftig den Demokraten eine Einstimmenmehrheit im Senat. Da die Demokraten ohnehin die Hoheit im Repräsentantenhaus haben, beherrschen sie damit den gesamten Kongress. Joe Biden kann damit theoretisch seine volle politische Agenda platzieren. Unter anderem gehören dazu Steuererhöhungen und ein grossvolumiges Investitionsprogramm.
Biden möchte als Präsident die Steuerreduktionen Trumps teilweise rückgängig machen. Dieser hatte die Abgaben massiv gesenkt, um den Vor-Corona-Boom zu verlängern. Der Demokrat möchte nun Spitzenverdiener und Unternehmen wieder stärker zur Kasse bitten. Der Spitzensteuersatz für Einkommen soll von 37 % auf 39.6 % erhöht und gleichzeitig sollen die Steuerschlupflöcher minimiert werden. Der Satz für die Unternehmenssteuer soll nach Bidens Plänen von 21 % auf 28 % steigen. Damit liegt der Satz aber noch immer deutlich niedriger als vor der Senkung Trumps von 35 %.
Unter dem Namen «Build Back Better» verfolgt Joe Biden ein grossvolumiges Investitionsprogramm. Binnen vier Jahren, also der Amtszeit von Biden, sollen zwei Billionen USD in den „New Deal“ fliessen. Es geht vor allem um den Umbau der US-Ökonomie zu einer „grünen Wirtschaft“. Von diesem Programm verspricht sich der Demokrat fünf Millionen neue Jobs für den deutlich in Mitleidenschaft gezogenen US-Arbeitsmarkt.
An den Finanzmärkten nimmt man die Nachricht einer demokratischen Mehrheit im Kongress mit gemischten Gefühlen auf. Einerseits freut man sich über die zusätzlichen Finanzmittel, andererseits stossen die möglichen Steuererhöhungen auf wenig Gegenliebe. Börsen bevorzugen einen zwischen Demokraten und Republikanern geteilten Kongress, da in diesem Fall von einer gemässigten Politik auszugehen ist. Ob Joe Biden allerdings bei einer nur einstimmigen Mehrheit im Senat sein volles wirtschaftspolitisches Programm ausfahren wird, bleibt noch abzuwarten. Es ist durchaus denkbar, dass der zukünftige US-Präsidenten den Konsens mit dem Republikanern verstärkt suchen wird.
Der Dollar gibt derweil weiter nach. Das von Joe Biden geplante Investitionsprogramm würde die ohnehin desolate US-Schuldensituation weiter verschärfen. Ein hohes Haushaltsdefizit in Kombination mit einem chronischen Handelsbilanzdefizit verheisst für den Dollar auf längere Sicht wenig Gutes. Kurzfristig sollte indes die nun schon länger anhaltende Schwäche des Dollar nicht eins zu eins fortgeschrieben werden. Der hohe Wetteinsatz spekulativer Anleger auf eine weitere Dollar-Abwertung mahnt zur Vorsicht. Einseitige Positionierungen führen nicht selten zur exakt der gegenteiligen Marktbewegung.