Diese Woche wird den Anlegern so Einiges abverlangen - Börse München Kolumne
Düstere Börsenwoche: Die deutschen Aktienbörsen sind in der vergangenen Woche erheblich abgesackt. Die immer weiter zunehmenden Corona-Infektionszahlen, die damit einhergehenden Gegenmaßnahmen und die Sorgen vor den wirtschaftlichen Folgen ließen die Anleger im großen Stil verkaufen. Negativ aufgenommene Unternehmenszahlen und vor allem -ausblicke im Rahmen der Berichtssaison verdüsterten die Stimmung zusätzlich. Vervollständigt wurde das Negativ-Bild durch einige schwächer als erwartet ausgefallene Konjunkturdaten wie das Ifo-Geschäftsklima. Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB) einer Neuausrichtung der geldpolitischen Instrumente auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung, die allgemein als Hinweis auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik interpretiert wurde, sorgte zwar für zeitweiligen Auftrieb, konnte die Stimmung an den Märkten aber nicht grundsätzlich drehen.
Der deutsche Aktienindex (Dax) brach im Wochenvergleich um 8,6 Prozent auf 11.556,48 Punkte ein. Größte Wochenverlierer im Index waren die Titel von SAP. Nach mit Enttäuschung aufgenommenen Quartalszahlen und Ausblick ging es am vergangenen Montag um fast 22 Prozent abwärts, eine sehr leichte Erholung in den Folgetagen währte nur kurz. Dagegen konnte der Kurs des Coronakrisengewinners Delivery Hero einmal mehr zulegen, auf Wochensicht war der Essenbestell-Dienstleister der einzige Gewinner im Dax. Beim MDax ging es im Wochenvergleich um 5,7 Prozent abwärts auf 25.721,00 Zähler. Ein erheblich höheres Wochenminus von über 16 Prozent verzeichnete der Indexwert Aixtron. Auch beim LED- und Chipindustrieausrüster reagierten die Anleger negativ auf den Ausblick. Der TecDax verlor im Wochenvergleich 7,1 Prozent auf 2.813,38 Punkte. Der m:access All-Share hielt sich mit einem Minus von 2,8 Prozent auf 2.719,53 Zähler vergleichsweise gut. Hier stützte unter anderem ein deutliches Kursplus der Titel der Baader Bank nach Vorlage der Neun-Monats-Zahlen.
Die deutschen Anleihemärkte haben in der vergangenen Woche merklich zugelegt. Die Unsicherheit angesichts der Entwicklung der Corona-Pandemie und der ergriffenen Gegenmaßnahmen, einige Wirtschaftszahlen sowie das Ergebnis der Ratssitzung der EZB lieferten den Bundespapieren Auftrieb. Von der EZB kamen deutliche Signale für eine weitere Lockerung der Geldpolitik, um die Folgen der Viruskrise zu bekämpfen. Im Wochenvergleich sank die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe von -0,57 auf -0,63 Prozent. Die Umlaufrendite ging von -0,58 auf -0,63 Prozent zurück.
An den US-Aktienbörsen ist es in der vergangenen Woche deutlich abwärtsgegangen. Auch hier trübten die steigenden Corona-Infektionszahlen und als schwach empfundene Quartalszahlen die Stimmung. Der Dow-Jones-Index büßte im Wochenvergleich 6,5 Prozent auf 26.501,60 Punkte ein, dies war der höchste prozentuale Wochenverlust seit März dieses Jahres, als die Corona-Pandemie zum ersten Mal voll „zuschlug“. Der breiter gefasste S&P-500-Index gab 5,6 Prozent auf 3.269,96 Zähler ab. Der technologielastige Nasdaq-100 fiel um 5,5 Prozent auf 11.052,95 Punkte, auch dies prozentual das höchste Wochenminus seit März.
Ausblick
Corona-Pandemie und deutscher „Lockdown light“ auf der einen, US-Präsidentschaftswahl auf der anderen Seite, die aktuelle Woche dürfte den Anlegern an den deutschen Aktienbörsen so Einiges abverlangen und die Schwankungsanfälligkeit der Märkte hoch bleiben. Beim Thema Corona dürften sich die Blicke auf die Infektionszahlen richten sowie auf die geäußerten Mutmaßungen, wie sich die neuen Maßnahmen auf die Wirtschaft auswirken werden. Hier gehen die Prognosen auseinander und reichen von einer Rückkehr der Rezession bis hin zu spürbaren, aber verkraftbaren Einschnitten.
Beim Blick auf die Präsidentschaftswahl in den USA wiederum dürfte es vor allem darauf ankommen, wie klar das Ergebnis ist beziehungsweise wie schnell ein Gewinner feststehen wird. Für die Märkte dürfte es dabei weniger darauf ankommen, welcher der beiden Kandidaten gewinnt, als darauf, dass Fortsetzung oder Übergabe der Präsidentschaft möglichst reibungslos erfolgt. Sollte dem der Fall sein, könnte ein guter Teil der zuletzt an den Börsen zu beobachtenden Unsicherheit verschwinden. Dies könnte dann auch einen spürbaren Impuls für die Kurse bedeuten.
Seitens der Konjunkturdaten stehen in den kommenden Tagen eine Vielzahl von grundsätzlich potenziell marktbewegenden Veröffentlichungen an. Allerdings bleibt angesichts der geschilderten Rahmenbedingungen abzuwarten, inwieweit die Anleger dieses Mal auf die Daten reagieren werden. Zu den wichtigsten unter Letzteren zählen jedenfalls die Einkaufsmanagerindizes aus Europa, den USA und China, die Arbeitsmarktdaten aus den USA sowie die Werkaufträge und die Industrieproduktion in Deutschland. Hinzu kommen die Ergebnisse der Ratssitzungen der US-Notenbank und der Bank of England.
Beim Blick auf die Unternehmen steht die Fortsetzung der Berichtssaison im Fokus, in deren Rahmen eine Vielzahl von namhaften Aktiengesellschafen ihre Zahlen vorlegt. Aus der ersten Börsenreihe berichten unter anderem Allianz, Bayer, BMW, Linde und Munich Re, aus der zweiten Liga kommen beispielsweise Einblicke des bisherigen Krisen-Profiteurs HelloFresh und der Lufthansa.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag. 02.11.: Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA; Caixin-Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe in China
Dienstag, 03.11.: Werkaufträge in den USA; Gesamte Fahrzeugverkäufe in den USA
Mittwoch, 04.11.: Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Prognose der Europäischen Kommission zum Wirtschaftswachstum; Erzeugerpreise in der Eurozone; ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe in den USA; ADP-Arbeitsmarktbericht (USA); Caixin-Dienstleistungsindex (USA)
Donnerstag, 05.11.: Werkaufträge in Deutschland; Einzelhandelsumsätze in der Eurozone; Ergebnis der Ratssitzung der Bank of England; Ergebnis der Ratssitzung der US-Notenbank; Arbeitsproduktivität in den USA
Freitag, 06.11.: Industrieproduktion in Deutschland; US-Arbeitsmarktbericht; Verbraucherkredite in den USA
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG