Aktien: Beobachter sehen weiter gute Chancen - Börse München Kolumne

Rekorde trotz Corona-Sorgen: Die deutschen Aktienbörsen haben in der vergangenen Woche erneut spürbar zugelegt und neue Rekordhochs markiert. Das beherrschende Thema an den Märkten blieb das Corona-Lungenvirus beziehungsweise die Auswirkungen der Epidemie auf die globale Wirtschaft. Nach einem verhaltenen Wochenstart wurden die Anleger erst einmal zuversichtlicher, dass China die Situation in den Griff bekommen werde. Steigende Risikoneigung war die Folge, die wichtigsten Indizes zogen deutlich an. Zu Ende der Handelswoche überwogen dann allerdings wieder die Bedenken, nachdem sowohl die Zahl der Infizierten als auch die der Toten sprunghaft angestiegen war, was Berichten zufolge allerdings auf eine neue Diagnosemethodik zurückzuführen war. In Verbindung mit der erheblichen Rolle, die China inzwischen für die Weltwirtschaft spielt, ließen die zurückgekehrten Sorgen vielen Investoren die vorangegangenen Gewinne realisieren. Der Fortgang der Berichtssaison erzeugte in der vergangenen Woche Ausschläge bei den jeweiligen Einzelwerten und teilweise noch bei Titeln derselben Branche, blieb aber ohne größeren Einfluss auf den Gesamtmarkt.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) übersprang sein zwei Wochen zuvor erreichtes Rekordhoch und markierte neue Höchststände, im Wochenvergleich gewann der Index 1,7 Prozent auf 13.744,21 Punkte. Neue Rekordhochs gab es auch beim MDax, der im Wochenvergleich um 1,9 Prozent auf 29.214,88 Zähler zulegte. Einen Sprung um knapp 11 Prozent verzeichnete auf Wochensicht der Kurs des Indexwertes Commerzbank. Hierfür waren vor allem gut aufgenommene Jahreszahlen der Bank verantwortlich. Um 2,7 Prozent auf 3.265,31 Punkte ging es im Wochenvergleich beim Tec-Dax nach oben. Der m:access All-Share stieg um 2,5 Prozent auf 2.796,64 Zähler, was sein bisheriges Rekordhoch darstellte. Dabei verzeichneten acht Indexwerte auf Wochensicht Kurszuwächse im zweistelligen Prozentbereich.
An den deutschen Anleihemärkten haben die Kurse in der vergangenen Woche nach wechselhaftem Verlauf leicht zugelegt. Hauptimpulsgeber waren auch hier die Entwicklungen in Bezug auf das Coronavirus. Daneben sorgten einige schwächer als erwartet ausgefallene Konjunkturdaten dafür, dass die Anleger zu den als sicher geltenden Bundespapieren griffen. Im Wochenvergleich ging die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe von -0,39 auf -0,40 Prozent zurück. Identisch entwickelte sich die Umlaufrendite, auch diese sank von -0,39 auf -0,40 Prozent. Für Aufmerksamkeit sorgten Mitte vergangener Woche zehnjährige griechische Staatsanleihen, deren Rendite erstmals überhaupt unter ein Prozent fiel.
An den US-Aktienbörsen wurden in der vergangenen Woche etliche Rekorde überboten, auch hier wirkte sich die zeitweilige Zuversicht der Investoren hinsichtlich des Corona-Lungenvirus aus. Der Dow-Jones-Index verbesserte sich im Wochenvergleich um 1,0 Prozent auf 29.398,08 Punkte. Der breiter gefasste S&P-500-Index legte um 1,6 Prozent auf 3.380,16 Zähler zu. Der technologielastige Nasdaq-100-Index kam um 2,4 Prozent voran auf 9.623,58 Punkte.
Ausblick
Auch wenn Ende vergangener Woche die Sorgen hinsichtlich der Corona-Epidemie wieder zugenommen haben, für die aktuelle Woche sehen viele Beobachter gute Chancen, dass es an den deutschen Aktienbörsen weiter aufwärts gehen wird. Das Coronavirus beziehungsweise dessen Auswirkungen auf die globale Wirtschaft dürften zwar dominierende Themen an den Märkten bleiben, sofern es aber keine deutliche Verschlechterung der Lage gibt, könnte der Optimismus der Anleger überwiegen, heißt es. Grundiert wird diese Einschätzung von der Annahme, dass die Lungenkrankheit die chinesische und in der Folge die weltweite Wirtschaft lediglich kurzzeitig beeinträchtigen werde.
Allerdings könnten sich die Sorgen über die Corona-Folgen bereits in anstehenden Konjunkturdaten, den europäischen Einkaufsmanagerindizes nämlich, niedergeschlagen haben. Analysten erwarten hier bei den Zahlen für das verarbeitende Gewerbe einen Rückgang, auch die Dienstleistungsindizes dürfen gelitten haben, so die Prognose. Neben der Lungenkrankheit sehen Experten die teilweise Einigung zwischen den USA und China im Handelsstreit als mögliche zusätzliche Belastung; das Abkommen könnte dazu führen, dass chinesische Unternehmen künftig verstärkt von US-amerikanischen Anbietern bestellen müssen, was sich negativ auf die hiesigen Exporte auswirken könnte. Neben den Einkaufsmanagerindizes dürften auch die ZEW-Konjunkturerwartungen und das GfK-Verbrauchervertrauen, beides aus Deutschland, für Aufmerksamkeit an den Märkten sorgen. Aus den USA kommen unter anderem Zahlen zum Immobilienmarkt. Daneben legt die US-Notenbank ihren Bericht zur Geldpolitik vor.
Zumindest auf Ebene der Einzelwerte einen wichtigen Einfluss dürften zudem die anstehenden Unternehmenszahlen haben. Die Anleger erwartet dabei eine ganze Flut an Veröffentlichungen. Alleine aus dem Dax legt fast ein Drittel der Indexmitglieder Zahlen vor, darunter Allianz, Deutsche Telekom, Fresenius und MTU Aero Engines. Auch aus der zweiten und dritten Reihe gewährt eine Vielzahl von Unternehmen Einblick in die Bücher, so zum Beispiel die MDax-Werte Puma und Varta.
Zu Beginn der Handelswoche müssen die hiesigen Märkte ohne neue Impulse aus den USA auskommen, dort bleiben die Börsen wegen eines Feiertags geschlossen.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 17.02.: Erzeugerpreise in Deutschland; US-Börsen feiertagsbedingt geschlossen
Dienstag, 18.02.: ZEW-Konjunkturerwartungen (Deutschland); New York Empire State Produktionsindex (USA); National Association of Home Builders Immobilienmarktindex (USA)
Mittwoch, 19.02.: Großhandelspreise in Deutschland; Baubeginne und -genehmigungen in den USA; Erzeugerpreise in den USA
Donnerstag, 20.02.: GfK-Verbrauchervertrauen (Deutschland); Philadelphia Fed Herstellungsindex (USA)
Freitag, 21.02.: Importpreise in Deutschland; Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Verbraucherpreise in der Eurozone; Markit PMI Gesamtindex (USA); Verkäufe bestehender Häuser in den USA; Bericht der US-Notenbank zur Geldpolitik
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG