Eurozone: Deutliche Stimmungsaufhellung im Januar – trotz Coronavirus - Nord LB Kolumne

Soeben hat die Europäische Kommission aktuelle Daten zu ihrer monatlichen Verbraucher- und Unternehmensumfrage in der Eurozone (sowie der Europäischen Union) veröffentlicht. Im Berichtsmonat Januar hat sich demnach im gemeinsamen Währungsraum die Wirtschaftsstimmung deutlich aufgehellt. Der Economic-Sentiment-Indikator (ESI) legte auf 102,8 Punkte zu. Dies ist gegenüber dem Vormonat eine Verbesserung um 1,5 Punkte und stellt den dritten Anstieg in Folge dar. Die heutigen Zahlen sind durchaus als positive Überraschung zu bezeichnen.
In den beiden größten Volkswirtschaften Deutschland (+2,0 Punkte) und Frankreich (+1,5) verbesserte sich die Stimmungslage sehr kräftig. In Italien und in den Niederlanden hielt sich der ESI hingegen annähernd unverändert auf Vormonatsniveau, während er in Spanien gegen den allgemeinen Trend zurückging (-1,0). Insgesamt zeigen sich jedoch die Unternehmen und Verbraucher in der Eurozone zu Beginn des Jahres 2020 deutlich optimistischer als im zweiten Halbjahr 2019.
In der sektoralen Betrachtung hat sich das Vertrauen in der Bauwirtschaft (um 1,2 Punkte) und sehr kräftig das Industrievertrauen verbessert (+2,0). Letzteres geht vor allem auf ein erheblich verbessertes Sentiment im deutschen Verarbeitenden Gewerbe (+3,7) zurück. Bereits am Montag hatte das ifo-Institut eine Verbesserung des Geschäftsklimas in der Industrie für Januar gemeldet. Gleichwohl erwarten wir, dass die leichte Erholung der Gesamtwirtschaft fragil bleibt.
Das Verbrauchervertrauen blieb im Januar stabil, trotz eines weiterhin sehr stabilen Arbeitsmarktes. Im Berichtsmonat Dezember war die Arbeitslosenquote im Euroraum auf nur noch 7,4% gesunken. Allerdings hatten sich die Verbraucher im vergangenen Jahr kaum von der Stimmungseintrübung anstecken lassen, so dass nun ein entsprechend geringeres Potenzial für eine Erholung besteht.
An den Märkten ist von der Euphorie der vergangenen Monate aktuell kaum noch etwas zu spüren. Vielmehr haben Sorgen über mögliche wirtschaftliche Belastungen durch das derzeit vor allem in China auftretende Coronavirus einen Anstieg der Risikoaversion zur Folge gehabt. Sicher sollte man dieses neu aufgetretene Virus nicht unterschätzen, für Panik besteht jedoch kein Anlass. Sicher werden einzelne Sektoren temporär Einbußen erleiden, insbesondere Airlines und die Reisebranche. In anderen Branchen müssen zudem Engpässe in den Lieferketten vermieden werden. Kurzfristig dürften neue Meldungen zur Virusverbreitung die Märkte belasten.
Realwirtschaftlich dürften jedoch die Schäden räumlich weitgehend auf China und zeitlich auf das erste Quartal begrenzt bleiben. Wie schon bei SARS und anderen Epidemien ist im Anschluss zudem mit Aufholeffekten zu rechnen. Insofern dürfte das Coronavirus an den Märkten im Frühjahr nicht mehr belasten. Für die Eurozone halten wir nach den heutigen guten Konjunkturdaten an unserer Prognose einer konjunkturellen Erholung fest, das BIP dürfte 2020 real um 1,2% wachsen.
Fazit: Die Unternehmensstimmung in der Eurozone hat sich im Januar deutlich aufgehellt. Nach Angaben der EU-Kommission kletterte der Economic-Sentiment-Indikator kräftig um 1,5 Punkte. Vor allem das Industrievertrauen in Deutschland und Frankreich konnte nach den Einbußen der vergangenen Monate erheblich Boden gut machen. Anders als an den Finanzmärkten wirkten sich die Meldungen zum Coronavirus noch nicht dämpfend aus. Aktuell gehen wir von einem sehr begrenzten gesamtwirtschaftlichen Effekt für Europa aus. Die Finanzmärkte dürften durch Meldungen zum Virus in den kommenden Wochen zwar immer wieder verunsichert reagieren, ein nachhaltiger Effekt ist aber nicht zu erwarten.