Börse Wien: Attraktives Angebot für Börsenkandidaten – Neue Marktsegmente

Heute starten an der Börse Wien die neuen Marktsegmente „direct market plus“ und „direct market“. Im Exklusivinterview mit der Redaktion von www.4investors.de erläutert Christoph Boschan, Vorstandschef der Wiener Börse, die Hintergründe der neuen Segmente. Er erklärt, wer die Zielgruppe für die neuen Segmente ist und welche Pflichten die Börsenneulinge haben. Dabei blickt Börsen-Chef Boschan auch nach Deutschland.
www.4investors.de: Heute werden sie den „direct market plus“ eröffnen. Können Sie dieses neue Segment bitte kurz vorstellen?!
Boschan: Mit den neuen Marktsegmenten direct market plus und direct market haben heimische KMUs wieder einen einfachen und kostengünstigen Zugang zur Wiener Börse, wobei der direct market mit geringen Anforderungen die Basis bildet. Im direct market plus müssen Unternehmen eine Mindestbestandsdauer von einem Jahr aufweisen, Jahresabschluss und Halbjahres-Zwischenberichte veröffentlichen, einen Unternehmenskalender führen und sich von einem Capital Market Coach begleiten lassen. Dafür winkt den Unternehmen beim Listing ein Plus an Service und Aufmerksamkeit.
www.4investors.de: Warum eröffnen sie ein neues Segment in Wien?
Boschan: Aufgrund einer gesetzlichen Barriere war es den heimischen KMUs über Jahre nicht möglich, den österreichischen Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle und damit zur Weiterentwicklung des Unternehmens zu nutzen. Ausländischen Unternehmen stand das börsenregulierte Einstiegssegment in dieser Zeit aber offen. Erst die neue Bundesregierung hat sich dazu bekannt, österreichischen Unternehmen den Handel im börsenregulierten Dritten Markt wieder möglich zu machen und damit den europäischen Normalzustand wieder herzustellen Die Wiener Börse hat im nächsten Schritt Segmente dafür geschaffen, den direct market und direct market plus, um den Unternehmen ein neues und attraktives Angebot zu bieten.
www.4investors.de: Könnte man diesen Markt somit mit dem Segment Scale der Börse Frankfurt vergleichen?
Boschan: Gerade im KMU Bereich ist es entscheidend, auf die Bedürfnisse der heimischen Unternehmen gezielt einzugehen. So hat die Prager Börse, die Teil unserer Gruppe CEESEG ist, im vergangenen Jahr das Segment START für die tschechischen KMUs ins Leben gerufen. In dieselbe Richtung geht die Wiener Börse mit dem direct market plus. Ein Segment, das auf dem börsenregulierten Dritten Markt basiert. Sie bietet den österreichischen Unternehmen eine maßgeschneiderte Lösung an und öffnet den Weg zu einer weiteren Entwicklung am Kapitalmarkt.
www.4investors.de: Für welche Unternehmen ist „direct market plus“ interessant?
Boschan: Das neue Angebot richtet sich an Aktiengesellschaften mit mindestens 15 bis 20 Aktionären, an Unternehmen, die einen einfachen Kapitalmarkteinstieg nutzen möchten. Neben etablierten, mittelständischen Firmen sollen auch jüngere Unternehmen ein Angebot an der Börse finden und im Heimatland gehalten werden.
www.4investors.de: Wie viele Unternehmen werden sie beim Start des neuen Segments vermutlich begrüßen können? Wo liegt die Zielsetzung bis zum Jahresende?
Boschan: Wir haben für den Start am 21. Jänner bereits konkrete Absichtserklärungen von mehreren Unternehmen vorliegen. Mittelfristig rechnen mit rund 10 Unternehmen pro Jahr.
www.4investors.de: Wie sind die Kosten, wie sind die Pflichten für die dort notierten Unternehmen?
Boschan: Den Unternehmen steht der direct market plus für eine einmalige Gebühr für die Einbeziehung von 5.000 Euro sowie jährlich 1.000 Euro offen. Weiters müssen die Unternehmen einen Jahresabschluss und Halbjahres-Zwischenberichte veröffentlichen, einen Unternehmenskalender führen und sich ein Jahr lang von einem Capital Market Coach begleiten lassen.
www.4investors.de: Welche Investorengruppe wollen sie mit dem neuen Marktsegment ansprechen?
Boschan: Wir bieten die Plattform für den Handel. Die Unternehmen wenden sich damit an in erster Linie sehr kundige und erfahrene Investoren, die den Fokus auf Wachstum und KMU haben und Chancen und Risiken richtig einschätzen können. Einige Unternehmen wollen auch Handel, andere planen nur ein reines Listing. Das bringt Ordnung, Sichtbarkeit und eine Perspektive auf leichtere Kapitalbeschaffung für die Unternehmen. Je nach Strategie, kann dann die Entwicklung in weitere Segmente folgen.
www.4investors.de: Kann man auch aus Deutschland dort aktiv werden – als Unternehmen oder als Investor?
Boschan: Natürlich können auch Unternehmen aus Deutschland notieren. Zahlreiche internationale Neuzugänge in den vergangenen Jahren beweisen die Attraktivität des börsenregulierten Dritten Markts der Wiener Börse (auch MTF – Multilateral Trading Facility – genannt). Aus Deutschland wurden z.B. bereits D-W-H Deutsche Werte Holding AG und die B-A-L Germany AG einbezogen.