Deutsches BIP-Wachstum fällt 2018 auf 1,5%, keine technische Rezession - Nord LB Kolumne

Heute Vormittag hat das Statistische Bundesamt im Rahmen einer Pressekonferenz eine erste Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr veröffentlicht. Demnach legte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2018 um 1,5% zu – so schwach wie seit fünf Jahren nicht mehr. Für die heute gemeldeten Zahlen lagen noch nicht alle Daten bis zum Jahresende vor, für den Dezember mussten die Statistiker auf Schätzungen zurückgreifen.
Das Statistische Bundesamt wartete aber dennoch mit einer guten Nachricht auf. So gehen die Statistiker für das vierte Quartal von einer Rückkehr zu einem leicht positiven BIP-Wachstum aus, nachdem im dritten Quartal die deutsche Wirtschaft erstmals seit Anfang 2015 geschrumpft war. Vor allem der private Konsum und der Außenbeitrag dürften stützend gewirkt haben. So konnte im zweiten Halbjahr trotz vieler Belastungsfaktoren eine technische Rezession voraussichtlich knapp umschifft werden.
Die deutsche Wirtschaft hat im Jahr 2018 besonders unter der zunehmenden Eintrübung des weltwirtschaftlichen Klimas infolge der globalen Risikofaktoren gelitten. Vor allem die Belastungen aus den Handelskonflikten sowie der nahende Brexit setzten der exportorientierten deutschen Wirtschaft zu. Die hiermit verbundene hohe Unsicherheit ist Gift für die wirtschaftliche Entwicklung, wie das eingetrübte Sentiment belegt. Für die deutsche Wirtschaft war das Jahr 2018 durchwachsen – mit Licht, aber auch mit aufziehenden dunklen Wolken am Konjunkturhimmel.
Die Wirtschaftsleistung legte 2018 noch einmal in fast allen Bereichen zu. Die wichtigste Wachstumssäule war die Binnennachfrage, auch wenn sich der Konsum schwächer als erwartet präsentierte. Die gute Arbeitsmarktentwicklung hat sich fortgesetzt. So legte die Zahl der Erwerbstätigen 2018 um 1,3 Prozent zu und die Arbeitslosenquote sank von 5,7 auf 5,2%. Trotz der hohen globalen Unsicherheit entwickelten sich auch die Investitionen sehr dynamisch. Die Nettoexporte trugen hingegen negativ zum Wachstum bei.
Die Statistiker veröffentlichten heute auch Zahlen zum Finanzierungssaldo. Demnach ergab sich das fünfte Jahr in Folge ein gesamtstaatlicher Überschuss, der mit EUR 59,2 Mrd. noch über den Erwartungen lag und einen Rekordwert markiert. Gemessen am nominalen BIP errechnet sich hieraus eine Quote von +1,7%. Stützend wirken nach wie vor das extrem niedrige Zinsniveau und sprudelnde Steuereinnahmen.
Am aktuellen Rand beschäftigt vor allem eine Frage: Sind die zuletzt schwächeren Wachstumszahlen vor allem auf Sondereffekte zurückzuführen oder Ausdruck eines breiteren Abschwungs? Wir rechnen nach den Problemen mit dem WLTP-Prüfstandard mit einem Aufholeffekt im Fahrzeugbau und setzen auf einen Sieg der Vernunft bei den großen Konjunkturrisiken Brexit und Handelskrieg. Aber selbst wenn die politischen Risiken nicht schlagend werden, ist die Phase der Hochkonjunktur dennoch beendet. Für das laufende Jahr erwarten wir ein BIP-Plus von 1,3%.
Fazit: Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2018 um 1,5% gewachsen und ist somit nicht mehr auf der Überholspur unterwegs. Aktuell sprechen alle wichtigen Frühindikatoren für eine vorerst verlangsamte Konjunkturentwicklung. Bei einem Ausbleiben großer Schockereignisse dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr real um 1,3% wachsen. Unterstützung erwarten wir vom privaten Konsum, der von einer anhaltend guten Arbeitsmarktentwicklung und einer wieder etwas niedrigeren Inflationsrate profitieren wird. Ein harter Brexit, eine Eskalation der Handelskonflikte oder neue politische Instabilität in der Eurozone sind die größten Bedrohungen für eine weiche Landung der deutschen und europäischen Wirtschaft. Nicht zuletzt die EZB schaut deshalb mit Argusaugen auf diese Risiken, schließlich könnte ihr Exitpfad durch politische Entwicklungen verschüttet werden.