Noch trotzt die Wirtschaftsstimmung in Europa Trump - Nord LB Kolumne
Soeben hat die Europäische Kommission aktuelle Daten zu ihrer monatlichen Verbraucher- und Unternehmensumfrage in der Eurozone und der gesamten EU veröffentlicht. Zum Jahresauftakt hat sich demnach im gemeinsamen Währungsraum die Wirtschaftsstimmung noch einmal leicht verbessert. Der Economic-Sentiment-Indikator (ESI) legte im Berichtsmonat Januar auf 108,2 Punkte zu. In den letzten zehn Jahren notierte dieser breite Indikator nur zweimal etwas höher.
Nach den zuletzt insgesamt recht soliden Zahlen von den nationalen Stimmungsindikatoren und einer leichten Verbesserung beim Verbrauchervertrauen hatten wir mit einer nochmaligen Verbesserung gerechnet. Unter den großen Volkswirtschaften ergab sich im Januar ein uneinheitliches Bild. Während sich der ESI in Spanien (+1,4 Punkte), Italien und den Niederlanden (je +1,3) deutlich verbesserte, hat sich die Stimmung in den beiden größten Volkswirtschaften Deutschland (-0,3) und Frankreich (-0,6 Punkte) leicht eingetrübt. Angesichts der Ende 2016 erreichten hohen Niveaus in den beiden Ländern ist dies aber Jammern auf ganz hohem Niveau.
Sektoral verbesserte sich vor allem die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe. Das Industrievertrauen kletterte von 0,1 auf 0,8 Punkte. Positiv hervorzuheben ist hierbei, dass vor allem die in die Zukunft weisenden Teilfragen stärkere Verbesserungen verzeichneten. Vor allem die Produktionserwartungen zogen nochmals an, gestützt von einer positiveren Bewertung der Auftragslage. Optimistischere Einschätzungen herrschen auch im Dienstleistungssektor sowie bei den Verbrauchern vor. Die Bauwirtschaft und vor allem der Einzelhandel haben hingegen leichte Stimmungseinbußen zu verzeichnen.
Für den Einzelhandel bleiben die Aussichten insgesamt positiv, allerdings könnte sich allmählich der starke Anstieg der Inflation am aktuellen Rand dämpfend auswirken. In Deutschland hat die Verbraucherpreisinflation im Januar die 2%-Marke ins Visier genommen, für die Eurozone insgesamt dürfte die Rate über 1,5% Y/Y springen. Dies geht jeweils auf Basiseffekte bei den Energiekosten zurück. Da sich bei der Lohndynamik bislang nichts tut, ist dies für die Geldpolitik unproblematisch. Die höhere Teuerungsrate dämpft aber die real verfügbaren Einkommen und damit die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte.
Besonders interessant ist die optimistischere Einschätzung der Exportauftragsbücher (-8,3 nach zuvor -9,4 Saldenpunkte) in der Industrie. Ein besserer Wert wurde letztmals im Juli 2011 erreicht. Nach den ersten Tagen Donald Trumps im Weißen Haus und seinen ersten Angriffen auf den Freihandel hätte man sich hier auch nicht über eine Verschlechterung wundern dürfen. Allerdings muss angemerkt werden, dass die Fragestellung sehr stark auf die aktuelle Lage im Januar abzielt. Sorgen über zukünftige Handelseinschränkungen dürften sehr wohl in den Führungsetagen der Unternehmen zugenommen haben, schlagen sich aber noch nicht in diesem Indikator nieder.
Fazit: Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone trotzt bislang den negativen Einflüssen durch Donald Trump. Der Economic Sentiment Indikator kletterte auf 108,2 Punkte und notiert nah am 10-Jahreshoch. Vor allem die Industrieunternehmen sind positiv gestimmt, die Produktionserwartungen profitieren auch von gut gefüllten Exportauftragsbüchern. Ob dies aber so bleibt, ist mit den heute gemeldeten Daten alles andere als ausgemacht. Größere Angriffe auf den Freihandel würden vor allem das Geschäftsmodell Deutschlands bedrohen. Es bleibt zu hoffen, dass die viel beschworenen checks and balances nun bald zu wirken beginnen und Trump in etwas gemäßigtere Bahnen gezwungen wird.