Britische Regierung legt Gesetzentwurf für Brexit vor - Commerzbank-Kolumne

Nachdem der oberste Londoner Gerichtshof am Dienstag das Urteil verkündet hat, dass die britische Regierung nicht ohne Zustimmung des Parlaments den Austritt des Landes aus der EU erklären darf, legte diese gleich gestern dem Parlament einen Gesetzesentwurf für die EU-Austrittserklärung vor. Darin heißt es nur: „Die Premierministerin darf die Absicht des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der EU, gemäß Artikel 50 des Vertrages über die EU, bekannt geben“. Die 2. Lesung soll schon am 8. Februar stattfinden. Premierministerin May hat sich vorgenommen, den Antrag bis Ende März zu stellen.
Gestern wurden die Wachstumszahlen Großbritanniens für das 4. Quartal bekanntgegeben. Mit +0,6% Q/Q (bzw. +2,2% J/J) überraschten die Daten ein weiteres Mal. Damit hat sich das Wachstum auf der Insel größeren Befürchtungen zum Trotz, der Brexit könnte das Wachstum stark abschwächen, gut behauptet. Im Gesamtjahr 2016 wuchs das reale BIP um stolze 2%, nur ein bisschen weniger als in 2015 (2,2%). Das Wachstum kam fast ausschließlich aus dem Dienstleistungssektor, das produzierende Gewerbe und die Bauindustrie kamen kaum über eine Stagnation hinaus. Allerdings gibt es schon Anzeichen, dass der Brexit sich in Zukunft negativ auf die Wirtschaft auswirken dürfte. So seien die Investitionszusagen der Autohersteller bereits um ein Drittel heruntergefahren worden. Der absehbare Verbraucherpreisauftrieb aufgrund der Pfundabschwächung und höherer Energiepreise dürfte die Kaufkraft der privaten Haushalte belasten. Schon im Dezember sind die Einzelhandelsumsätze, die zwar sehr volatil sind, deutlich gesunken.
Das britische Pfund hat sich zuletzt zwar wieder gestärkt – man rechnet offenbar nur mit geringen Belastungen. Es bleibt für uns aber gefährdet, zumal viele Nachteile des Brexit erst noch offensichtlich werden. Wir raten von Pfundinvestitionen weiter ab.
Zinsen und Anleihen
Deutschland: Importpreise (Dez.), 8.00 Uhr
Frankreich: Verbrauchervertrauen (Jan.), 14.30 Uhr
Euroland: Geldmenge (Dez.) 10.00 Uhr
USA: BIP (4. Quartal) 14.30 Uhr
USA: Auftragseingang langl. Güter (Dez.)
USA: Verbrauchervertrauen Michigan (Jan.)
Die Stimmung an den Rentenmärkten ist angeschlagen. 10-jährige Bundesanleihen streiften gestern die Renditemarke von 0,50%, die sie zuletzt vor mehr als einem Jahr gesehen hatten. Die Ursache war eine Melange aus hohen Neuemissionen, einer steigende Risikofreude, die sich in festeren Aktienmärkten widerspiegelt und der allmählich einsickernden Erkenntnis, dass die quantitative Lockerung durch die EZB – wie alles unter der Sonne – nicht ewig währen wird. Für eine gewisse Erholung sorgte im Nachmittagshandel der US-Bondmarkt, nachdem dort die wöchentlichen Erstanträge zum Bezug von Arbeitslosengeld auf ein 4-Wochenhoch gestiegen waren; im 4-Wochendurchschnitt, der die natürlichen Schwankungen glättet, gingen die Erstanträge abermals zurück. Der Sammelindex der US-Frühindikatoren stieg im Dezember um 0,5% M/M – so stark wie zuletzt vor einem halben Jahr. Bis auf die Auftragseingänge für langlebige Güter und die Erstanträge trugen alle Komponenten zum Zuwachs bei, am stärksten aber die Finanzindikatoren (steilere Zinskurve, Aktienmarkt). Während diese Daten im Rahmen der Erwartungen lagen, übertraf sie der von Markit erhobene Einkaufsmanagerindex (PMI) für das Dienstleistungsgewerbe: Er stieg im Januar von 53,9 auf 55,1 Punkte, den höchsten Stand seit November 2015; vergleichbares gilt für den PMI-Compositeindex, der das Verarbeitende Gewerbe inkludiert. Die Mischung aus Konjunkturzuversicht und steigendem Inflationsdruck dürfte den Rentenmärkten weiter zusetzen.
Aktien
AbbVie, Ergebnis Q4
Chevron, Ergebnis Q4
Colgate-Palmolive, Ergebnis Q4
General Dynamics, Ergebnis Q4
Honeywell, Ergebnis Q4
UBS, Jahreszahlen
Den starken Kursanstiegen an den europäischen Aktienbörsen folgte am gestrigen Handelstag wenig verwunderlich erst einmal eine Verschnaufpause. Dabei bröckelten die Kurse im Dax 30 nach einem noch festen Start im weiteren Tagesverlauf fast kontinuierlich ab. Stützend wirkte hauptsächlich die feste Tendenz bei Gesundheitstiteln wie Bayer (+2,1%), FMC (+1,9%) und Merck KGaA (+1,5%). FMC profitierte dabei von einem juristischen Teilerfolg bei der Behandlung von Dialysepatienten in den USA. Der Leitindex des Euroraums, der EUROSTOXX 50, schloss angesichts eines schwachen Baustoffsektors (-1,1%) und nachgebender Automobiltitel (-0,7%) sogar im Minus. Die stärksten Abschläge mussten hier nach einem durch die Geschäftslage in Brasilien und Indien belasteten Abschlussquartal und einem enttäuschenden Ausblick die Aktien des niederländischen Lebensmittelkonzerns Unilever (-4,2%) hinnehmen. Positiv präsentierten sich hingegen vor allem einzelne Aktien der Technologiebranche. Nach überraschend starken Zahlen von Ericsson standen die Titel von Nokia (+3,2%) an der Spitze der Kursliste. In Paris legte STMicro (+7,6%) nach einem ebenfalls überzeugenden Quartalsbericht deutlich zu. An der Wall Street setzte sich der Rekordlauf des Dow Jones Industrial weiter fort. Neben Donald Trump hielten vor allem die vielen gemischt ausgefallenen Quartalsberichte die Anleger weiter in Atem. Auf Branchenebene gab es allerdings wenig Bewegung. Lediglich der Gesundheitssektor (-0,7%) stand nach der gekappten Prognose von Bristol-Myers (-5,5%) stärker unter Druck. Die asiatischen Börsen tendieren heute Morgen in der Breite fester.