Commerzbank: Rousseff endgültig des Amtes enthoben – Temer übernimmt offiziell
Wie erwartet stimmte der brasilianische Senat Ende August mit der nötigen Zweidrittelmehrheit für die Amtsenthebung von Dilma Rousseff. Damit übernimmt jetzt der bisherige Vize- und Interims-Präsident Michel Temer voraussichtlich bis Ende 2018 die Geschäfte. Auch gegen ihn bestehen Korruptionsvorwürfe. Temer genießt aber bei den Investoren größeres Vertrauen als D. Rousseff, da er sich eher der Privatwirtschaft verpflichtet fühlt. Er will die Wirtschaft mit umfassenden Reformen aus der Krise führen. Er plant u.a. Staatsfirmen zu privatisieren und den Sozialetat zu kürzen, um das hohe Haushaltsdefizit abzubauen. Zudem soll der Arbeitsmarkt liberalisiert werden. Darüber hinaus sollen für den Bereich der Infrastruktur rasch Konzessionen ausgeschrieben werden. Des Weiteren ist geplant, die unabhängigen Aufsichtsbehörden für öffentliche Dienstleistungen zu stärken sowie die Auflagen für lokale Fertigungsvorschriften zu reduzieren. Auch sollen ausländische Investoren leichteren Zugang zu diversen bislang abgeschotteten Branchen bekommen. Zuletzt sind die ausländischen Direktinvestitionen schon spürbar gestiegen. Im Fokus stehen v.a. der Strom- und der Rohstoffsektor. Wichtig ist überdies eine tiefgreifende Rentenreform, ohne die der Anstieg der Staatsschulden schwer zu bremsen ist. Der Aktienmarkt (BOVESPA) hat seit dem Jahrestief rd. 60% zugelegt. Verantwortlich für die Rally zeichneten v.a. fünf Faktoren. Zum einen der (zeitweise) starke Anstieg für diverse Rohstoffe wie Rohöl und Eisenerz; zum anderen die Hoffnung, dass die Regierung Rousseff in Kürze „Geschichte sein wird“. Zudem präsentierte China für Q2 solide Makrodaten. Überdies musste die Zentralbank die Leitzinsen dank einer Entspannung bei den Inflationsdaten nicht weiter erhöhen. Nicht zuletzt sorgt das globale Niedrigzinsumfeld für Rückenwind. Die US-Fed dürfte den Leitzins frühestens im Dez. 2016 erhöhen. Wir empfehlen, den Aktienmarkt aufgrund der recht hohen Bewertung unterzugewichten.
Zinsen und Anleihen
China: Handelsbilanz (Aug.), 4:35 Uhr
Euroraum: EZB Zinsentscheid , 13:45 Uhr
USA: Erstanträge Arbeitslosenhilfe; 14:30 Uhr
Die Rentenmärkte tendierten gestern aufgrund schwacher US-Konjunkturdaten vom Dienstag sehr freundlich. In den USA fiel der ISM-Index für Dienstleistungen, welche gut zwei Drittel der US-Wirtschaft ausmachen, im Juli auf den tiefsten Stand seit 2010 (51,4 nach 55,5). Der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe war letzte Woche bereits unter die Marke von 50 Punkten gesunken. Daraufhin sank die eingepreiste Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank (Fed) im Dezember ihren Leitzins erhöht von über 60% auf gut 50%. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen ging auf minus 0,12%, den tiefsten Wert seit Juli, zurück. Der stärkste Rückgang der deutschen Industrieproduktion im Juli (-1,5% M/M) seit fast zwei Jahren gab der Entwicklung weitere Nahrung. Die Industrieproduktion war wohl auch aufgrund von Sondereffekten im Juli so schwach. So fielen die Werksferien in der Automobilindustrie dieses Jahr vermehrt in den Juli. Somit ist im August zwar mit einer deutlichen Erholung zu rechnen, allerdings dürfte die Produktion im 3. Quartal trotzdem niedriger als im 2. Quartal sein. In dem niedrigen Renditeumfeld konnte sich der deutsche Staat erneut mit negativer Rendite verschulden: Die deutsche Finanzagentur stockte die 10-jährige Bundesanleihe auf. Die Durchschnittsrendite betrug -0,11%, ein Rekordtief bei Neuemission, jedoch lag das Volumen der Bietungen deutlich unter denen im August und Juli. Die schwedische und polnische Notenbank haben gestern getagt und beide ihre Geldpolitik unverändert gelassen. Während Schweden schon einen sehr niedrigen Refinanzierungssatz von -0,50% aufweist, hat Polen mit 1,50% noch mehr Potenzial, zu senken. Heute steht die EZB-Ratssitzung im Fokus, bei der durchaus eine weitere Lockerung, z.B. in Form einer Verlängerung der Anleihekäufe, möglich ist.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Die europäischen Aktienmärkte tendierten am gestrigen Handelstag nach einem vergleichsweise schwachen Start überwiegend freundlich. Die Leitindizes gewannen um bis zu 1,4% (Italien). Insgesamt fehlt es den Börsen aber unverändert an signifikanten Impulsen, die nach den starken Kursgewinnen nach dem „Brexitschock“ weiteres tragfähiges Kurspotenzial eröffnen könnten. Einerseits bekommen die Aktienmärkte durch die Erwartung von weiterhin sehr niedrigen Leitzinsen Rückenwind (die US-Fed dürfte den Leitzins – wenn überhaupt – voraussichtlich erst im Dezember 2016 anheben); andererseits deuten einige der jüngst publizierten Makrodaten aus den USA (zuletzt u.a. der schwache Service-ISM-Index mit einer entsprechend negativen Reaktion des US-Dollar) und teilweise aus Europa (u.a. Industrieproduktion Deutschland) auf eine mögliche konjunkturelle Abschwächung hin. In diesem Umfeld legte der Dax am gestrigen Handelstag um 0,6% zu. Einer der Tagesverlierer war die Aktie der Deutschen Lufthansa (-1,9%). Die Aktie litt – wie andere europäische Fluggesellschaften auch - unter der negativen Sektorstudie eines Brokers mit entsprechenden Kurszielreduktionen. Die Aktie von Eon (-2,3%) fiel ebenfalls nach einer Votenherabstufung. Gefragt war dagegen u.a. das Papier von ThyssenKrupp (+2%). Auf europäischer Sektorebene setzten sich Titel aus dem Bereich Automobile (+1,2%) an die Performancespitze. Dagegen kam es bei Werten aus der Branche Reise & Freizeit (Tui: -2,3%) zu durchschnittlichen Kursverlusten von 0,4%. Die Börsen in den USA tendierten nach der Veröffentlichung des sogenannten „Beige Book“ mit minimalen Abschlägen. Auf Sektorebene waren aufgrund des gestiegenen Ölpreises vor allem Energiewerte gefragt, die im Schnitt um 0,3% zulegten (Verbrauchsgüter: - 0,9%). Die Börsen in Asien tendierten überwiegend mit leichten Abschlägen (Nikkei 225-Index: -0,3%).