Alzchem Group: Viel Phantasie rund um die Spezialchemie-Aktie

Wenn man Konferenzteilnehmer zuletzt nach interessanten Unternehmen gefragt hat, tauchte immer wieder ein Name auf: Alzchem Group. Da macht auch die Small und Mid Cap Conference von Oddo BHF in Frankfurt keine Ausnahme.
Das Unternehmen aus der Region zwischen Salzburg und München ist im Bereich der Spezialchemie aktiv. Die Kunden reichen von der Pharmabranche über den Automobilbereich bis hin zum Metallurgie- und dem Verteidigungssektor.
Es wäre keine Beleidigung, die Gesellschaft als Gemischtwarenladen oder Supermarkt zu bezeichnen, so vielfältig ist das Angebot. Mal läuft das eine besser, mal hat man in einem anderen Bereich größere Erfolge. Insgesamt verfügt die Gesellschaft über mehr als 800 registrierte Marken.
Die große Phantasie am Markt entsteht derzeit aber vor allem durch die Kunden aus dem Verteidigungsbereich. Das Zauberwort lautet dabei „Nitroguanidin“. Dieses Produkt kommt im Pflanzenschutz und als Treibmittel für Airbags zum Einsatz. Es wird aber auch in der Wehrtechnik benötigt, als Treibladung für Artilleriemunition vom Kaliber 155mm.
Momentan verdoppelt Alzchem in Bayern seine Kapazitäten für diesen vielfältig einsetzbaren Stoff. Die Investitionskosten liegen bei rund 140 Millionen Euro. Davon kommen 34,4 Millionen Euro von der EU als Zuschuss, die weiteren Investitionen werden vor allem von Kunden getragen, die Nitroguanidin dringend benötigen. Nach der Fertigstellung der neuen Anlage kann daraus ein Umsatzplus im hohen zweistelligen Millionenbereich generiert werden.
Großes Interesse in den USA an Nitroguanidin
Doch nicht nur in Europa will Alzchem die entsprechenden Kapazitäten erweitern, auch in den USA arbeitet man an einer neuen Produktionsstätte für den Spezialstoff. Dazu sucht man derzeit einen passenden Standort – schon jetzt mit der Option einer späteren Ausdehnung. Dafür gibt man sich zwei Jahre Zeit.
Die Projektkosten in den USA werden auf 150 Millionen Dollar geschätzt. Auch in diesem Fall würden die Investitionen nicht von Alzchem bezahlt werden. Vor allem das US-Militär zeigt starkes Interesse an dem Artillerietreibstoff, entsprechend ist man bereit, dafür in die Tasche zu greifen. Bis es hier aber zum Produktionsstart kommt, wird es noch mehrere Jahre dauern.
Nitroguanidin ist aber nicht der einzige Impulsgeber für Alzchem. So ist Alzchem nach eigenen Angaben der einzige Hersteller von Kreatin außerhalb von China. Auch hier gibt es eine starke Nachfrage am Markt. Dabei werden nicht nur menschliche Bedürfnisse, z.B. bei Nahrungsergänzungsmitteln (Creapure), erfüllt. Kreatin gibt es als Creamino auch als Tierfutter, das bei Geflügel und Schweinen zum Einsatz kommt.
Für 2024 rechnet Alzchem mit einem Umsatz von 570 Millionen Euro. Das EBITDA soll bei 100 Millionen Euro liegen. 2023 gab es einen Umsatz von 540 Millionen Euro und ein EBITDA von 81,4 Millionen Euro. Mit den neuen Möglichkeiten im Defencebereich sollten diese Zahlen in den kommenden Jahren deutlich nach oben gehen.
Im Kurs scheint einiges davon eingepreist zu sein. Die Aktie von Alzchem (WKN: A2YNT3, ISIN: DE000A2YNT30, Chart, News) hat in den vergangenen zwölf Monaten 188 Prozent zugelegt. Manch ein Beobachter glaubt jedoch, dass eine nach der Wahl wahrscheinliche neue Bundesregierung unter CDU/CSU-Führung für weitere Phantasie bei Alzchem sorgen könnte. Denn dann könnten die Verteidigungsausgaben weiter steigen.
In 2024 zahlte Alzchem eine Dividende von 1,20 Euro je Aktie. Über die neue Ausschüttung ist noch nichts bekannt. Die Hauptversammlung von Alzchem findet am 8. Mai virtuell statt. Am 28. Februar wird Alzchem den Bericht 2024 publizieren, dann sollte es auch Aussagen zur Dividende geben.
Das Urteil von sechs Analysten, die die SDAX-Aktie covern, ist eindeutig. Es lautet „add“ bzw. „kaufen“. Die errechneten Kursziele liegen zwischen 72,00 Euro und 82,00 Euro.
Davon ist die Aktie aktuell nicht mehr weit entfernt. Allein in den vergangenen sechs Monaten hat die Aktie rund 35 Prozent gewonnen und notiert derzeit im XETRA-Handel an der Marke von 72,40 Euro.