Nord LB – BIP Euroland: Solides Wachstum in Q3 – Risiko steigt durch Brexit und Trump
Vor wenigen Minuten hat die europäische Statistikbehörde Eurostat ihre zweite Schätzung zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone im dritten Quartal veröffentlicht. Wie bereits Ende Oktober gemeldet, legte das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt wie schon im Frühjahr um 0,3% im Vergleich zum Vorquartal zu. Die Jahresrate verharrt unverändert bei 1,6% Y/Y. Somit ergaben sich keine Abweichungen zu der Schnellschätzung vor zwei Wochen.
Unter den großen Volkswirtschaften wiesen Spanien und die Niederlande mit einer laufenden Rate von jeweils 0,7% Q/Q die höchsten Wachstumsraten auf. Auch Österreichs und Griechenlands Wirtschaft expandierten mit 0,5% Q/Q recht kräftig in den Sommermonaten. Selbst Italien überraschte mit einem für italienische Verhältnisse recht soliden BIP-Wachstum in Höhe von 0,3% Q/Q. Schleppend blieb hingegen die Entwicklung im Euroland-Schwergewicht Frankreich. Nach einem leichten Rückgang im Frühjahr reichte es nur für ein leichtes Plus von 0,2% Q/Q im III. Quartal. Schwach präsentierte sich – neben dem Außenhandel – erneut der private Konsum.
Für Deutschland hat das Statistische Bundesamt am frühen Morgen wie erwartet eine Wachstumsabschwächung für die Sommermonate gemeldet. Die Wirtschaftsleistung legte hier saisonbereinigt im dritten Quartal um 0,2% Q/Q zu. Gegenüber der Vorjahresperiode ergibt sich ein Anstieg um 1,7% bzw. ohne Arbeitstagebereinigung um 1,5%. Wachstumstreiber waren erneut der private und öffentliche Konsum, während die Nettoexporte dämpften. Bei den Investitionen war das Bild zweigeteilt: Zuwächse bei den Bauinvestitionen, leichtes Minus bei den Ausrüstungen.
Damit konnte das Wachstumstempo aus dem Frühjahr trotz des Brexit-Votums Ende Juni gehalten werden. Dies war alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Mittelbar sind aber negative Auswirkungen durch den Brexit auf die Konjunktur in der Eurozone zu befürchten. Leider deuten die jeweiligen Verhandlungspositionen wenig Kompromissbereitschaft an, EU und Großbritannien befinden sich in einer klassischen Lose-Lose-Situation. Hinzu kommt nun noch die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten, dessen Politik wenig berechenbar ist und dessen politische Unerfahrenheit und Impulsivität eine stete Quelle für Irritationen bleiben dürfte.
Die Risiken für den Konjunkturausblick haben sich dank Brexit und Trump deutlich erhöht. Die frischen Zahlen zu den ZEW-Konjunkturerwartungen – der erste Indikator, der die Wahl Trumps beinhaltet – lässt jedoch erstmal aufatmen. Der kurzfristige Ausblick hat sich demnach im November sowohl für die Eurozone als auch für Deutschland sogar verbessert. Kurzfristig stehen die Zeichen somit eher auf Wachstumsbeschleunigung. Auch die letzten Umfrageergebnisse zum Unternehmens- und Verbrauchervertrauen sind ermutigend. Für das IV. Quartal rechnen wir mit einem Wachstum von 0,5% Q/Q, für das Gesamtjahr bleiben wir bei unserer Prognose von 1,6%.
Für die EZB ergibt sich aus den Zahlen ein unverändertes Bild einer steten Konjunkturerholung mit allerdings nur mäßiger Dynamik. Für eine baldige Abkehr von der quantitativen Lockerung ist es angesichts der schleppenden Wirtschafts- und Inflationsentwicklung deutlich zu früh. Daher rechnen wir für die Dezembersitzung fest mit einer Verlängerung der Nettoankäufe von Anleihen über März 2017 hinaus, wofür allerdings die Ankaufbedingungen gelockert werden müssen.
Fazit: Die Wirtschaft in der Eurozone expandierte im dritten Quartal um 0,3% zum Vorquartal. Auf Länderebene überzeugten vor allem Spanien und die Niederlande, während die beiden Schwergewichte Frankreich und Deutschland bremsten. Noch scheint die Eurozone dem Gegenwind (Brexit, Trump) zu trotzen, für das vierte Quartal ist sogar eine Wachstumsbeschleunigung in Sicht. Da das Jahr 2017 ganz im Zeichen (wirtschafts-)politischer Risiken steht, bleibt die Dynamik mäßig. Die EZB hat daher für die Dezembersitzung sicherlich noch nicht eine Abkehr von ihrer expansiven Geldpolitik auf ihrer Agenda!