AURELIUS: „In Zeiten des Umbruchs ist unser Glas immer halbvoll“

Kaum eine deutsche Beteiligungsgesellschaft wächst ähnlich rasant wie AURELIUS. Im ersten Halbjahr 2016 wiesen die Münchner ein Umsatzplus von 50 Prozent aus, auf annualisierter Basis übersprang der Konzernumsatz bereits die Marke von drei Milliarden Euro. Und für das traditionell starke vierte Quartal kündigt AURELIUS-CEO Dirk Markus im Interview mit www.4investors.de weitere Transaktionen an. Die Unsicherheit durch den Brexit sieht der Konzernlenker dabei eher als Chance.

Die Redaktion von www.4investors.de spricht mit Markus über das Potenzial der jüngsten Zukäufe, den Unterschied zu klassischen Private-Equity-Investoren und die vielversprechenden Aussichten für die zweite Jahreshälfte.

www.4investors.de: AURELIUS befindet sich auch im 10. Jahr auf Rekordkurs. Im ersten Halbjahr 2016 sind die Konzernerlöse um 50 Prozent gestiegen, der annualisierte Umsatz sogar um 68 Prozent auf über 3 Milliarden Euro. Wie gelingt es Ihnen, dieses enorme Wachstumstempo erfolgreich zu managen, ohne dass das Risiko von Fehlschlägen signifikant ansteigt?

Markus: Wir wachsen schnell, aber immer kontrolliert. Wenn wir heute ein Unternehmen erwerben, dann legen wir hier die gleichen anspruchsvollen und strikten Kriterien an wie vor zehn Jahren. Unser Kerngeschäft ist und bleibt es, Unternehmen neu auszurichten und zum Wachstum zu bringen, um damit den Wert des Eigenkapitals zu steigern. Durch unsere Finanzkraft sind wir heute jedoch in der Lage, Übernahmeziele mit deutlich größerem Umsatz und Präsenz in verschiedenen Ländern Europas zu übernehmen und so noch schneller zu wachsen, ohne dabei jedoch das Risiko zu erhöhen. Dies gilt für jede einzelne Tochter genauso wie für den Gesamtkonzern. Mit unserem kontinuierlich wachsenden Team an erfahrenen Task Force Managern und Mitarbeitern stellen wir sicher, dass die vorhandenen Potenziale dabei auch langfristig ausgeschöpft werden.

www.4investors.de: Allein im ersten Halbjahr 2016 wurden sechs neue Konzernunternehmen erworben. Welches Potenzial sehen Sie in den neuen Beteiligungen?

Markus: Unser Ziel ist es, auch mit den neuen Transaktionen einen signifikanten Multiplikator auf das eingesetzte Eigenkapital zu erreichen und wir sind zuversichtlich, dass uns dies auch gelingen wird. Mit der letzten Akquisition, der Hospital Group, haben wir ein gutes Beispiel für eine Beteiligung mit großem Potenzial. Dieser Anbieter für chirurgische und ambulante kosmetische Eingriffe besitzt eine starke Wettbewerbsposition in einem nachhaltigen Wachstumsmarkt. Die bisherige Eigentümersituation war jedoch sehr schwierig, nach einer Scheidung gab es viel Streit im Gesellschafterkreis, und dies ermöglichte eine Übernahme zu attraktiven Konditionen. Dazu kommen noch erhebliche Synergien mit unserer Tochter Transform, die im selben Markt tätig ist.

www.4investors.de: Durch den Verkauf von Beteiligungen hat AURELIUS im ersten Halbjahr rund 80 Millionen Euro eingenommen. Dabei fällt auf, dass die TAVEX-Gruppe nicht einmal zwölf Monate im Portfolio war und unter dem Buchwert veräußert wurde. Warum war dies in Ihren Augen dennoch eine erfolgreiche Transaktion?

Markus: Wir konnten mit dem Verkauf von Tavex das eingesetzte Kapital fast verzehnfachen, angesichts der kurzen Haltedauer von nur einem Jahr sicher ein Erfolg. Und wir haben in diesem Jahr viel bewegt und das Unternehmen voran gebracht. Wir waren jedoch zur Einsicht gelangt, dass das Unternehmen bei einem anderen Gesellschafter mit strategischen Anknüpfungspunkten und der Bereitschaft, umfassend in das Werk in Marokko zu investieren noch besser aufgehoben wäre, weshalb wir uns zum Verkauf entschlossen haben. Die neuen Eigentümer werden die eingeleiteten Maßnahmen weiter fortführen und die geplante Expansion zügig umsetzen.

www.4investors.de: Die Aussichten für das zweite Halbjahr bezeichnen Sie als „vielversprechend“. Heißt das auch, dass Sie auf der Exitseite an die Erfolge der ersten sechs Monate anknüpfen können?

Markus: Das anstehende vierte Quartal ist traditionell immer eine Hochsaison für M+A-Aktivitäten – zum Jahresende sollen Kauf- und Verkaufsprozesse abgeschlossen werden, um sich im neuen Jahr neuen Themen zuwenden zu können. Dies wird auch dieses Jahr nicht anders sein und so sind wir zuversichtlich, dass Sie in den nächsten Wochen noch einige Transaktionen auf beiden Seiten – Kauf und Verkauf – von uns sehen werden.

www.4investors.de: Was würde dies für die nächste Dividende bedeuten? Dürfen sich Ihre Aktionäre auch bei der Ausschüttung auf eine weitere Steigerung freuen?

Markus: Wir zahlen für jedes Geschäftsjahr eine zweigeteilte Dividende an unsere Anteilseigner. Die seit nun gut zehn Jahren kontinuierlich ansteigende Basisdividende sollte für das Geschäftsjahr 2016 aufgrund der erfreulichen Geschäftsentwicklung unserer Töchter erneut angehoben werden können. Und auch die Partizipationsdividende für die Verkäufe lässt Erfreuliches erwarten. Auch auf der Hauptversammlung für das Jahr 2016 werden wir vorschlagen, die Hälfte der Erträge aus den Verkaufserlösen an die Aktionäre als sogenannte Partizipationsdividende zusätzlich zur Basisdividende auszuzahlen.

www.4investors.de: Wirtschaftliche und politische Entwicklungen verändern die Rahmenbedingungen vor allem in den europäischen Märkten. Wie reagiert AURELIUS auf diese Herausforderungen?

Markus: Für uns sind Zeiten des Umbruchs gute Zeiten. AURELIUS Equity Opportunities lebt vom Kauf von Unternehmen, die in einer Umbruchsituation sind. Geringes Wachstum, die Geldschwemme der Notenbanken, neu auftretende Wettbewerber aus Asien und politischer Populismus, wie jüngst in Großbritannien zu beobachten, führen dazu, das etablierte Geschäftsmodelle unter Druck geraten und Konzerne sich neu ausrichten müssen. Der Verkauf von Geschäftsbereichen oder ganzen Tochtergesellschaften ist oft die Folge. In Zeiten des Umbruchs ist unser Glas immer halbvoll.

www.4investors.de: AURELIUS hat seine Aktivitäten in Großbritannien zuletzt verstärkt. Haben Sie keine Befürchtungen, dass Ihnen das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union mittelfristig den Zugang zum britischen Markt erschweren könnte?

Markus: Wir bauen bereits seit vier Jahren unser Büro in London kontinuierlich aus. Wir sind ein gesamteuropäischer Investor mit einem guten Netzwerk in allen Regionen. Durch unsere Präsenz vor Ort sind wir in der Lage, ganz nahe am Markt zu sein und den nationalen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Die Insel Britannien wird nicht in der irischen See versinken und auch nach einem Brexit eine der zehn größten Volkswirtschaften der Welt bleiben. Wir werden dort in den nächsten Jahren viele Transaktionen sehen und uns auch weiterhin engagieren. Die Unsicherheit durch den Brexit sehen wir dabei eher als Chance.

www.4investors.de: Zum 10-jährigen Jubiläum haben Sie sich den Namenszusatz „Equity Opportunities“ verpasst. Wollen Sie sich damit noch stärker von klassischen Private-Equity-Investoren abgrenzen?

Markus: Ja. Wir wollen damit klarmachen, was uns von klassischen Private-Equity-Firmen unterscheidet. Wir übernehmen Eigenkapital an Unternehmen und nicht Schuldenpakete, deswegen „Equity“. Und wir fokussieren uns auf Unternehmen mit oftmals komplexer Ausgangsposition, aber aussichtsreichem Entwicklungspotenzial, deswegen „Opportunities“. Direkt nach Übernahme entsenden wir unsere Task Force an Restrukturierungsexperten, die das Unternehmen gemeinsam mit dem Management auf einen erfolgreichen Pfad der Neuausrichtung bringt.

www.4investors.de: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Mit der gemeinnützigen AURELIUS Refugee Initiative e.V. betreibt AURELIUS ein umfangreiches Hilfsprogramm für Flüchtlinge auf dem Weg in ein besseres Leben. Wie wichtig ist Ihnen persönlich dies Engagement?

Markus: Wenn es einem gut geht, dann sollte man auch einen Teil davon an diejenigen abgeben, die nicht so viel Glück haben. Diesem Prinzip folgen wir mit unserer Flüchtlingsinitiative. Die Lebensschicksale von Flüchtlingen gleichen jenseits aller tagespolitischen Aktualität schon immer großen Umbruch- und Sondersituationen und so fanden wir es passend, uns als AURELIUS-Mitarbeiter hier zu engagieren. Dabei unterstützen wir mit Geldern, die bei verschiedenen Veranstaltungen wie z. B. auch unserer Weihnachtsfeier gesammelt werden, mehrere Initiativen. Unser Ziel ist dabei zum einen die Ursachen für Flucht in Heimatländern zu bekämpfen und zum anderen eine gute Integration von Flüchtlingen in unsere hiesige Gesellschaft zu fördern. Eine weitere von uns unterstützte Initiative namens MOAS rettet schließlich Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot.