ifo Geschäftsklima: Krise scheint abgehakt, jetzt geht es rasant aufwärts - Nord LB
Soeben hat das Münchner ifo-Institut aktuelle Ergebnisse seiner Umfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen veröffentlicht. Im Berichtsmonat Juni hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft weiter deutlich aufgehellt. Das ifo-Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft verbesserte sich auf 101,8 Punkte und damit etwas stärker als von den zuvor befragten Analysten und Volkswirten erwartet. Der wichtigste Indikator für die Stimmungslage in den deutschen Unternehmen markiert damit das höchste Niveau seit November 2018.
Der erhebliche Stimmungsaufschwung geht sowohl auf erneut verbesserte Geschäftserwartungen als auch eine deutlich optimistischere Beurteilung der aktuellen Geschäftssituation zurück. Die ifo-Lagekomponente machte einen markanten Sprung auf 99,6 Punkte und notiert damit erstmals wieder über dem Vorkrisenniveau. Nach dem durchaus holprigen Start ins Jahr 2021 scheint aus Sicht der Unternehmen die Krise für den Moment abgehakt und der Fokus nun klar auf einen kräftigen Aufschwung und Aufholprozess gerichtet. Deutsche Fußballfans dürften gerade nach dem gestrigen Abend drauf hoffen, dass „Jogis Jungs“ bei der EM eine ähnliche Entwicklung nehmen.
Die sehr optimistische Grundhaltung der deutschen Unternehmen wird durch die erneute Verbesserung der auf die Geschäftsentwicklung in sechs Monaten gerichteten Erwartungskomponente unterstrichen. Diese konnte von einem ohnehin bereits sehr hohen Niveau nochmals auf 104,0 Punkte zulegen – so hoch notierten die Geschäftserwartungen zuletzt im Herbst 2010 und damit in der Hochphase des Aufschwungs nach der Finanzkrise.
Mit spürbaren Zuwächsen war nach den insgesamt positiven Vorgaben der Umfragen von sentix und dem ZEW zu rechnen gewesen. Besonders erfreulich ist, dass sich bei der ifo Umfrage beide Komponenten deutlich verbessern konnten und dass sich das Geschäftsklima in allen Sektoren teils erheblich aufgehellt hat. So scheint sich auch die leichte Euphoriebremse im verarbeitenden Gewerbe, die sich in den letzten beiden Umfragen vermutlich aufgrund angebotsseitiger Restriktionen gezeigt hatte, wieder etwas gelockert zu haben. Auch dieser Teilindex nähert sich mit 28,5 Saldenpunkten seinem Allzeithoch. Knappheiten bleiben aber vorerst ein Thema, dies deuten auch die Antworten und der vergleichsweise geringe Anstieg des Geschäftsklimas im Baugewerbe an.
Besonders kraftvoll aufwärts ging es dank der weitgehenden Lockerungen und Öffnungsschritte, die durch die erheblich gesunkenen Infektionszahlen möglich geworden sind, in den zuvor stark belasteten Sektoren Handel und Dienstleistungen. Der Optimismus der Unternehmen scheint derzeit fast grenzenlos zu sein, wozu sicher auch die inzwischen deutlich zügiger verlaufende Impfkampagne beigetragen hat. Insofern zeichnen derzeit fast alle Stimmungsindikatoren ein Bild eines kräftigen Aufatmens, die Unsicherheit für Unternehmen und Verbraucher nimmt allmählich ab. Ob dies nachhaltig sein wird, hängt vor allem daran, wie konsequent alle nun am Ball bleiben. Für die deutsche Wirtschaft erwarten wir den Beginn des kräftigen Aufholprozesses bereits für das abgelaufene zweite Quartal, so dass 2021 ein BIP-Wachstum von rund vier Prozent möglich wird.
Fazit: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juni noch stärker als erwartet aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex verbesserte sich auf 101,8 Punkte und notiert so auf dem höchsten Niveau seit November 2018. Sowohl die Konjunkturerwartungen als auch die aktuelle Lageeinschätzung verbesserten sich. Besonders erfreulich ist, dass sich der Optimismus quer durch alle Sektoren zieht. Nach einem eher holprigen Start stehen alle Zeichen nun auf Aufschwung, der Aufholprozess dürfte 2021 zu einem erfolgreichen Jahr werden lassen – zumindest wirtschaftlich. Ob die EM-Bilanz für Jogis Jungs auch so positiv ausfällt, ist nach der holprigen Vorrunde offenbar mit deutlich höherer Unsicherheit behaftet.