ZEW-Umfrage: Leichter Dämpfer für Erwartungen, Optimismus hält aber an - Nord LB
Heute Vormittag hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aktuelle Ergebnisse seiner monatlichen Konjunkturumfrage unter Volkswirten, Analysten und Fondsmanagern veröffentlicht. Im April haben demnach die Konjunkturerwartungen der befragten Finanzmarktexperten für Deutschland unerwartet einen leichten Dämpfer erhalten und sanken leicht von 76,6 auf 70,7 Saldenpunkte. Allerdings verbesserte sich parallel die Einschätzung der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation deutlich. Die Lagekomponente legte kräftig von -61,0 auf -48,8 Saldenpunkte zu, verharrt damit jedoch weiterhin klar im negativen Bereich.
Auch für den gesamten Euroraum wird die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in sechs Monaten nicht mehr ganz so euphorisch beurteilt, mit 66,3 Saldenpunkten bleiben die Erwartungen aber klar über dem langfristigen Durchschnitt. Die Lageeinschätzung verbesserte sich hier ebenfalls, das Ausmaß fiel jedoch deutlich geringer aus als für Deutschland.
Das Ergebnis der ZEW-Umfrage fällt im Saldo leicht positiv aus. Der Rückgang der Erwartungen wurde durch die Lageverbesserung überkompensiert – und ergibt mit Blick auf die in knapp zwei Wochen anstehenden Zahlen zum ifo Geschäftsklimaindex so eine leicht positive Indikation.
Den leichten Rückgang der Erwartungen sollte man nicht überinterpretieren. Zwar sind derzeit gewisse Verunsicherungen durch die Pandemieentwicklung und neue Pläne einer weiteren Lockdownverlängerung am aktuellen Rand nicht auszuschließen. Ob diese aber wirklich ursächlich waren, muss zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden. Zumindest wäre dann die parallele Lageverbesserung kontraintuitiv. Wahrscheinlicher ist es, dass die sukzessive Erholung der Lagebeurteilung nach dem schwierigen ersten Quartal nun technisch leichte Korrekturen des auch im historischen Vergleich extrem hohen Niveaus der Erwartungen nach sich zieht. Dieser Effekt konnte zumindest in der Vergangenheit immer wieder bei der ZEW-Umfrage beobachtet werden – nicht ohne Grund ermittelt das ifo-Institut in seiner Umfrage zusätzlich einen Klimaindex aus beiden Komponenten.
Die wichtigste Botschaft der heutigen ZEW-Umfragedaten lautet, dass die Finanzmarktexperten in überwiegender Zahl weiterhin eindeutig optimistisch in die Zukunft blicken. Dies belegt auch die Entwicklung an den Aktienmärkten. So hat der deutsche Leitindex DAX in den vergangenen Wochen deutlich zugelegt und notiert auch heute Mittag mit rund 15.250 Punkten in der Nähe des Allzeithochs. Risiken in Form einer erneuten Eskalation des Infektionsgeschehens sind eher kurzfristiger Natur, sofern die Impfkampagne in den kommenden Monaten wie geplant deutlich zügiger verläuft. Die Einbindung von Hausärzten scheint hier bereits erste Früchte zu tragen, zumindest konnte das Impftempo in den vergangenen Tagen massiv gesteigert werden. Am Impffortschritt hängt letztlich auch, wann die wirtschaftliche Erholung richtig Fahrt aufnehmen kann. Wir erwarten vor allem im dritten Quartal eine kräftige Belebung und für 2021 ein BIP-Wachstum von 3,2%.
Fazit: Die Stimmung der Finanzexperten bleibt gemäß der ZEW-Umfrage auch im April insgesamt optimistisch. Einem leichten Rückgang der Konjunkturerwartungen steht eine deutlich verbesserte Lageeinschätzung gegenüber. Auch an den Aktienmärkten überwiegt weiter das positive Sentiment, genährt von guten Industrie- und Außenhandelszahlen und anhaltend unterstützt von Geld- und Fiskalpolitik. Allerdings ist bereits sehr viel Optimismus eingepreist, so dass Enttäuschungen ein gewisses Rückschlagpotenzial in sich bergen. Wichtigste Determinante ist der weitere Pandemieverlauf, insbesondere die Impfkampagne muss zügig zum Erfolg geführt werden. Dann ist trotz der dritten Welle für 2021 noch ein BIP-Wachstum wie von uns prognostiziert in Höhe von 3,2% in Reichweite.