Schäden durch die Corona-Pandemie weiterhin nicht seriös abschätzbar - Börse München Kolumne
Heftige Marktschwankungen: An den deutschen Aktienmärkten ist es in der vergangenen Woche unter dem Strich erneut nach unten gegangen. Dabei vollführten die Märkte eine Berg- und Talfahrt mit heftigen Ausschlägen. Beim Deutschen Aktienindex (Dax) wechselten sich Tagesverluste von über fünf Prozent und -gewinne von über drei Prozent ab. Dank der Erholungsphasen fiel das Wochenminus mit über drei Prozent deutlich moderater aus als in der Vorwoche. Die Coronakrise und die wirtschaftlichen Folgen blieben das alles dominierende Thema an den Märkten. Je nach Nachrichtenlage und Interpretation durch die Anleger ging es auf- oder abwärts. Die Masse an Hilfs- und Unterstützungsversprechen durch Regierungen und Notenbanken wurden von den Marktteilnehmern unterschiedlich bewertet, zumindest in Europa überwog zu Ende der Handelswoche aber der vorsichtige Optimismus der Anleger.
Der Dax verlor im Wochenvergleich 3,3 Prozent auf 8.928,95 Punkte. Deutlich höher war das Wochenminus beim Indexwert MTU, nämlich knapp 10 Prozent. Allerdings hatten die Kursverluste beim Triebwerkshersteller zu Mitte der Handelswoche sogar bei über 30 Prozent gelegen, die zunehmende Aussetzung des internationalen Flugverkehrs wegen Corona belastete deutlich. Der MDax sank erstmals nach beinahe vier Jahren wieder unter die Marke von 20.000 Zähler, im Wochenvergleich gab er 3,6 Prozent ab auf 19.521,15 Punkte. Die Papiere des Indexwerts Osram verzeichneten zu Anfang und Mitte der Handelswoche Kurseinbrüche von teils über 20 Prozent am Tag, bevor es am Freitag wieder um zeitweise fast 40 Prozent nach oben ging. Nachdem zuerst spekuliert worden war, dass die geplante Übernahme des Lichtkonzerns durch den österreichischen Sensorhersteller AMS scheitern könnte, ließ dessen Statement, am Kauf festzuhalten, den Kurs wieder in die Höhe schießen. Der TecDax reduzierte sich im Wochenvergleich um 0,5 Prozent auf 2.349,03 Zähler. Der m:access All-Share sackte um 9,7 Prozent auf 2.061,38 Punkte ab.
Die deutschen Anleihemärkte haben in der vergangenen Woche erneut stark geschwankt und dabei insgesamt weiter nachgegeben. Die Anleger sorgten sich um die Folgen der Coronakrise, die Auswirkungen der staatlichen Rettungsmaßnahmen auf die Staatsverschuldungen und in der Folge die Anleihepreise. Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, ein neues Anleihekaufprogramm aufzulegen, brachte allerdings etwas Entspannung in die Märkte. Dennoch fiel die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,55 auf -0,33 Prozent. Die Umlaufrendite ging von -0,68 auf -0,32 Prozent zurück.
Die US-Aktienbörsen haben in der vergangenen Handelswoche erheblich stärker nachgegeben als ihre europäischen Pendants. Dies lag auch an dem sehr schwachen Wochenausklang, im Gegensatz zu der Erholungsbewegung in Europa ging es an den US-Märkten deutlich abwärts. Hintergrund waren wieder wachsende Sorgen wegen der Coronakrise, der erneute sinkende Ölpreis drückte die Stimmung zusätzlich. Der Dow-Jones-Index brach im Wochenvergleich um 17,3 Prozent auf 19.173,98 Punkte ein, der höchste Wochenverlust seit 2008. Beim breiter gefassten S&P-500-Index ging es um 15,0 Prozent nach unten auf 2.304,92 Zähler. Der technologielastige Nasdaq-100-Index fiel um 12,5 Prozent auf 6.994,29 Punkte.
Ausblick
Die Coronakrise und deren ökonomische Folgen sind die Themen, die die deutschen Aktienbörsen auch in der aktuellen Woche bestimmen werden, sofern nicht eine völlig unvorhersehbare andere Katastrophe eintreten sollte. Das Gros der Analysten ist dabei skeptisch, dass sich die zu Ende der Vorwoche hierzulande zu beobachtende Erholung fortsetzen wird. Die Verluste vom Freitag an der Wall Street, die noch umfassenderen Beschränkungen des öffentlichen Lebens hierzulande und die wachsende Zahl der Infizierten in den USA samt der mit diesem Anstieg einhergehenden Beschränkungen sprächen eigentlich dagegen, heißt es. Zudem seien die tatsächlichen wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie weiterhin nicht seriös abschätzbar, die Unsicherheit bleibe also. Auf jeden Fall dürften die Schwankungen an den Märkten anhalten.
Neben der medizinischen und politischen Nachrichtenlage zum Thema könnten in den kommenden Tagen allerdings auch wieder Konjunkturdaten interessieren, darunter die Einkaufsmanagerindizes sowie da Ifo-Geschäftsklima. Betrachtet werden dürften die Zahlen vor allem daraufhin, inwieweit sich die Viruskrankheit bereits in diesen niedergeschlagen hat. Da sich hier die Lage aber so rasch wandelt, ist fraglich, ob selbst positive Überraschungen bei den Stimmungsbarometern, die ja schon vor einer Weile erhoben wurden, die Märkte nach oben bringen könnten.
Unternehmensnachrichten, die vor allem aus der zweiten und dritten Reihe in Form von Geschäftszahlen zur Genüge anstehen, dürften sich lediglich auf die jeweiligen Werte auswirken, angesichts der allgemeinen Lage aber kaum auf den Gesamtmarkt.
Ausgewählte wichtige Termine der Woche
Montag, 23.03.: Verbrauchervertrauen in der Eurozone
Dienstag, 24.03.: Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland und der Eurozone; Dienstleistungsindizes für Deutschland und die Eurozone; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des QE-Programms der Europäischen Zentralbank; Markit PMI Gesamtindex für die USA; Verkäufe neuer Häuser in den USA
Mittwoch, 25.03.: Ifo-Geschäftsklima (Deutschland); Auftragseingänge für langlebige Gebrauchsgüter in den USA; Persönliche Konsumausgaben in den USA; US-Immobilienpreisindex
Donnerstag, 26.03.: GfK-Verbrauchervertrauen (Deutschland); Ergebnis der Ratssitzung der Bank of England; Bruttoinlandsprodukt der USA; Warenhandelsbilanz der USA
Freitag, 27.03.: Verbraucherpreise in Deutschland; Persönliche Einkommen und Ausgaben in den USA; Verbrauchervertrauen der Universität Michigan (USA)
Autor: Dr. Robert Ertl, Vorstand der Bayerischen Börse AG