Masterflex: „Positive Überraschungen nicht ausgeschlossen“
Die Masterflex Group ist mit einem Profitabilitätsschub ins Geschäftsjahr gestartet. Trotz des herausfordernden konjunkturellen Umfelds konnte der Gelsenkirchener Spezialist für anspruchsvolle Verbindungs- und Schlauchsysteme das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) im ersten Quartal auf 4,2 Millionen Euro steigern. Mit der deutlich von 15,0 Prozent auf 16,2 Prozent ausgebauten EBIT-Marge erreichte Masterflex einen neuen Rekord für ein erstes Quartal. Die Prognose für 2024, die Umsatzerlöse in einer Bandbreite von 100 Millionen Euro bis 107 Millionen Euro und ein EBIT zwischen 12 Millionen Euro und 15 Millionen Euro vorsieht, wurde bestätigt. Die Analysten geben für die Masterflex-Aktie Kursziele im Bereich von 13,50 Euro bis 15,00 Euro aus und sehen damit im Schnitt gut 40 Prozent Kurspotenzial. Im Interview mit 4investors.de spricht Masterflex-CFO Mark Becks über Lichtblicke im zweiten Quartal und verrät, was die Anleger im weiteren Jahresverlauf noch erwarten dürfen.
4investors.de: Herr Becks, Sie sprechen bei der Publikation der Zahlen zum ersten Quartal von einem herausfordernden konjunkturellen Umfeld. Dies gilt vor allem für den Maschinen- und Anlagenbau. Erwarten Sie in diesen Branchen zeitnah eine Verbesserung der Lage?
Becks: Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir mit unserer breiten Branchenabdeckung konjunkturelle Schwankungen weitgehend ausgleichen können, wenngleich vielleicht nicht notwendigerweise eins zu eins in jedem Quartal. In den von uns fokussierten Wachstumsbereichen wie der Medizintechnik und auch in der konjunkturresistenten Luftfahrt sowie im Bereich Life-Science ist die Lage gut, wir verzeichnen weiterhin einen erfreulichen Auftragseingang.
Sie wissen sicherlich, dass wir gerade in Europa bzw. in Deutschland keine blühenden Landschaften vorfinden, was uns im zyklischen Geschäft gebremst hat. Hier spielen auch politische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen eine Rolle. Eigentlich sind alle Probleme bekannt, auch die Lösungen liegen auf dem Tisch, etwa weniger Bürokratie, „Leistung muss sich lohnen“, ein einfacheres Steuersystem und geringere Steuern, eine gesicherte und kostengünstige Energieversorgung, eine funktionierende Infrastruktur, ein erstklassiges Schulsystem und, und, und. Allein der Wille zur Beseitigung dieser Probleme fehlt derzeit. Nichtsdestotrotz hellt sich das Geschäftsklima etwas auf, wir sehen also keine Depression und wir sind für dieses Geschäft optimistischer als noch vor einem Quartal. Insgesamt ist das zweite Quartal gut angelaufen, im April lagen wir umsatzseitig deutlich über dem Vorjahr.
4investors.de: Ist der Bereich Medizintechnik für Masterflex derzeit Hoffnungsträger oder Sorgenkind?
Becks: Auf jeden Fall ein Hoffnungsträger. Neben Mobility, Technologie und Infrastruktur ist der Bereich Life Science, und dazu zählt die Medizintechnik, klar ein Wachstumsbereich für Masterflex. Sie spielen sicherlich darauf an, dass wir im Medizintechnik-Geschäft im ersten Quartal eine Stagnation zu verzeichnen hatten. Das lag einerseits an Stichtagseffekten, in erster Linie aber an Lagerbestandskorrekturen in der Branche. Es deutet sich aber bereits wieder ein Aufschwung an.
Die Medizintechnik ist für Masterflex vor allem hinsichtlich der Profitabilität ein Hoffnungsträger. Wir haben in den zurückliegenden Jahren kräftig investiert, um unsere Reinraumkapazitäten dem Wachstumspotenzial entsprechend auszubauen. Wir erhöhen gerade in diesem Bereich unsere Wertschöpfungstiefe, indem wir komplette Schlauch- und Verbindungssysteme für verschiedene Anwendungen anbieten, die höhermargig sind als reines Produktgeschäft. Insbesondere punkten wir mit unserer Kompetenz.
4investors.de: Könnten Sie uns das bitte an einem konkreten Beispiel erläutern?
Becks: Gerne. Wir haben für einen Kunden ein Platzierungssystem für Stents in den oberen Atemwegen entwickelt. Das Problem dabei war, dass die Position des Positioniersystems im Röntgenbild in der Regel nicht sichtbar ist. Durch die Kombination von Know-how bei den Tochtergesellschaften Novoplast und Fleima Plastic haben wir eine wegweisende Innovation auf den Markt gebracht, die sehr gut angenommen wird. Hier werden die Kompetenzen Schlauchherstellung, Laserbeschriftung und Spritzguss miteinander vereint und vor allem unsere Beratungskompetenz gepaart mit der Produktionskompetenz von unseren Kunden sehr geschätzt.
4investors.de: Die Entwicklung in den USA war zuletzt recht erfreulich. Können die dortigen Präsidentschaftswahlen im November Einfluss auf die künftigen Geschäfte haben?
Becks: Grundsätzlich ist die wirtschaftliche Entwicklung entscheidend, hier sind wir weiterhin vorsichtig optimistisch. Wir arbeiten in den USA mit lokaler Produktion, insofern erwarten wir hinsichtlich protektionistischer Tendenzen etwa über mögliche Strafzölle keine Auswirkungen. Ganz ausschließen können wir Auswirkungen infolge ungünstiger Gesetzesänderungen nie, aber wir haben keine Rückmeldungen bisher vom lokalen Management, dass hier etwas Negatives zu erwarten wäre.
4investors.de: Ihr Nettoergebnis ist zum Jahresauftakt von 0,36 Euro auf 0,30 Euro je Aktie gesunken. Sie führen dafür unter anderem höhere Finanzierungskosten aufgrund des Zinsanstiegs ins Felde. Welche Zinsen zahlen Sie derzeit? Und wie sieht hier die weitere Entwicklung aus?
Becks: Unsere Verzinsung beträgt derzeit EURIBOR plus 1,25 Prozent. Je nach Verschuldungsgrad ändert sich jedoch die Zinsmarge. Insofern ist momentan eher der EURIBOR der dominierende Einfluss auf unsere Zinsen. Mittelfristig gehen wir, wenn man den Fachleuten glauben darf, eher von einem sinkenden EURIBOR aus. Zudem werden wir weiter entschulden, so dass sich der Zinsaufwand langsam verringern sollte.
4investors.de: Sie müssen in diesem Jahr ein Konsortialdarlehen umfinanzieren. Gibt es dazu schon Neuigkeiten?
Becks: Das ist richtig, unser Kreditvertrag läuft zum 30.09.2024 aus. Derzeit stehen wir in sehr guten Gesprächen mit unseren Bankenpartnern, mit denen wir schon seit mehr als 15 Jahren sehr vertrauensvoll, konstruktiv und lösungsorientiert zusammenarbeiten, um eine neue Finanzierungsstruktur aufzusetzen. Primäres Ziel ist es, das zukünftige Wachstum und insbesondere Akquisitionen über den Kreditvertrag abzubilden. Insofern wird sich das Kreditvolumen eher erhöhen und wir hoffen natürlich auch, die Kosten der Finanzierung weiter zu senken, auch wenn wir bereits sehr gute Konditionen haben und sich die Zeiten ja auch etwas geändert haben.
4investors.de: Ihr CEO Andreas Bastin spricht von der „vielleicht spannendsten Wachstumsphase in der Geschichte der Masterflex“. Wie sieht die Masterflex in drei Jahren aus?
Becks: Wir hoffen, dass wir in drei Jahren mit unserer neuen Strategie HERO@ZERO schon weit fortgeschritten sind. Diese hat zwei Elemente, mit HERO ein stärkendes und mit ZERO ein transformatives Element. Wir sehen in den Bereichen Life Science, Mobility, High-Tech und Infrastruktur große Wachstumspotenziale, die wir durch gezielte Investitionen heben wollen. Das wird flankiert durch weitere profitabilitätssteigernde Maßnahmen, dazu zählt die Erweiterung der Wertschöpfung auf Produktebene durch Weiterentwicklung unserer Lösungen zu vollständigen Systemkomponenten oder hin zur Fertigung von kompletten Endprodukten.
Die vergangenen Jahre haben uns gelehrt, dass sich vieles planen lässt, aber die Realität – Stichworte Corona, Ukraine, Nahost – doch eine andere ist. Wenn ich den Blick in die Zukunft wage, dann sehe ich, dass wir ein, zwei spannende Unternehmen akquiriert und in die Gruppe integriert haben, dass wir in der Profitabilität die nächsten Schritte gegangen sind und dass wir weiterhin eine zukunftsgerichtete, motivierte, technikaffine, aber auch resiliente und kritische Mannschaft bei Masterflex haben.
Und wenn ich einen Wunsch äußern darf: Dass wir insbesondere in Europa und Deutschland wieder eine Region vorfinden, in der Sachverstand vor Ideologie steht, Freiheit vor bürokratischer Gängelung, Leistung belohnt und nicht bestraft wird, das Schul- und Ausbildungssystem sich an den Besten orientiert, die Energieversorgung gesichert ist und wir insgesamt stolz auf diesen so spannenden Kontinent blicken können.
4investors.de: Und wie sieht das angesprochene transformative Element bei Masterflex aus?
Becks: Das transformative Element ist eine Ergänzung des Geschäfts durch Überführung unseres Produktportfolios in die Kreislaufwirtschaft, woran wir mit unserem Partner Remondis und mit Kunden bereits arbeiten. Am Ende erwarten wir einen service- und datengetriebenen Zusatz zu unserem bisherigen Geschäftsmodell, um auch an der lukrativen zweiten Nachnutzungsphase unserer Produkte zu partizipieren.
Wir erwarten in drei Jahren entsprechende Lösungsmöglichkeiten bieten zu können und erste Umsätze aus dieser Transformation zeigen zu können. Wir sehen uns in unserer Branche als Lösungsanbieter der Wahl im Bereich der Kreislaufwirtschaft.
4investors.de: Erwartet wird von Masterflex für 2024 ein Umsatz von 100 Millionen Euro bis 107 Millionen Euro. Das EBIT sehen Sie bei 12 Millionen Euro bis 15 Millionen Euro. Ist dies eine konservative Aussage?
Becks: Das kann man so oder so sehen und hängt maßgeblich davon ab, wie wir uns umsatzseitig entwickeln. Im ersten Quartal lagen wir umsatzseitig unter Vorjahr, das hat sich aber mit dem April bereits gedreht. So kann es gerne weitergehen. Insofern fahren wir derzeit gut daran, die Prognose zu bestätigen. 2019 haben wir das Programm „Back to Double Digit“ (B2DD) aufgelegt. Das ist noch gar nicht so lange her. Dann kam Corona. Seit 2022 sind wir – wie versprochen und trotz Corona – zweistellig in der EBIT-Marge. Die Profitabilität haben wir 2023 sogar ausgebaut. Und das kann gerne so weitergehen und dafür arbeitet die gesamte Mannschaft auch hart. Insofern würde ich sagen: realistisch-konservativ, positive Überraschungen nicht ausgeschlossen.
4investors.de: Wie hoch steht das Thema Akquisitionen auf Ihrer Agenda?
Becks: Wie ja bereits angedeutet: sehr hoch! Wir arbeiten stetig an diesem Thema, werden aber die diesbezüglichen Aktivitäten in den nächsten Monaten verstärken.
4investors.de: Analysten rechnen für 2030 bei Masterflex mit einem Umsatz von 150 Millionen Euro bis 200 Millionen Euro. Sind das aus Ihrer Sicht realistische Annahmen?
Becks: Ja, das sind sie. Das hängt natürlich von dem zuvor besprochenen Thema der Akquisitionen ab. Organisch wollen wir in dem Zeitraum um rund 40 bis 50 Millionen Euro wachsen, anorganisch durch Zukäufe um etwa 50 bis 60 Millionen Euro.
4investors.de: Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Becks: Wir arbeiten daran, die Profitabilität weiter auszubauen und das Ergebnis entsprechend auch zu steigern. Die Dividendenpolitik bei Masterflex ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt, wir wollen unsere Aktionäre entsprechend auch wie bisher am Erfolg des Unternehmens beteiligen. Insofern hoffen wir natürlich, den Trend fortsetzen zu können. Maßgabe unserer Dividendenstrategie ist ja: mindestens so viel wie im Vorjahr, gegebenenfalls auch etwas mehr.