Nord LB – BIP Großbritannien: Nicht nur das Royal Baby wächst und gedeiht
Am heutigen Morgen gab das Office for National Statistics die vorläufige BIP-Schätzung für das Frühjahrsquartal 2014 bekannt: Mit +0,8% Q/Q bzw. +3,1% Y/Y entsprach der Zuwachs der Wirtschaftsleistung in den Monaten April, Mai und Juni exakt den Markterwartungen. Damit kam es seit dem Absturz 2008 zum ersten Mal zu Expansion in sechs aufeinander folgenden Quartalen. Mehr noch: Im Vorjahresvergleich handelt es sich sogar um das stärkste Wachstum seit 2007.
Der englische Patient hat im stetigen Gesundungsprozess – und neben dem 1. Geburtstag von Prince George in dieser Woche – somit erneut Grund, zu feiern: Die Wirtschaftsleistung der Insel hat das Vorkrisenniveau nun (endlich!) überschritten. Das haben andere Länder wie Deutschland und die USA schon vor geraumer Zeit geschafft.
Doch 2014 scheint volkswirtschaftlich das Jahr der Briten zu werden: Durch das erwartete stärkste BIP-Wachstum unter allen G8-Staaten (unsere Prognose: 2,9% im Gesamtjahr) zahlen sich die Bemühungen der Koalitionsregierung gepaart mit billigem Geld seitens der Bank of England endlich aus. Die Rückkehr in eine Rezession oder gar auf die Intensivstation, um beim Bild des Patienten zu bleiben, scheint für die kommenden Jahre nahezu ausgeschlossen.
Nicht mehr nur innerhalb der BoE spricht man bereits offen über die bevorstehende Zinswende. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Aktuell favorisieren wir Februar 2015 für diesen Schritt, da die Daten abseits des Arbeitsmarktes und des BIP-Wachstums zu gemischt sind. So hat der Nominallohnzuwachs im Mai (+0,7% Y/Y) den niedrigsten Stand der letzten 13 Jahre erreicht. Bei einer Inflationsrate im Juni in Höhe von 1,9% Y/Y schrumpfen die Reallöhne weiter. Auch in den kommenden Monaten gehen wir von keinem übermäßigen Lohnzuwachs aus. Das starke Pfund Sterling drückt jedoch die Importkosten und somit die Inflationsrate. Anderseits ächzen insbesondere exportierende Wirtschaftszweige unter der stärkeren Währung. Zudem waren die Einzelhandelsumsätze gestern deutlich schwächer als erwartet. Die Bäume wachsen also nicht für alle Beteiligten in den Himmel!
Dennoch setzt derzeit rund ein Drittel der Analysten auf eine Zinswende bis Jahresultimo. Aufgrund dieser Zinserhöhungsphantasien kann das Pfund sogar noch weiter aufwerten. Gegenüber dem Euro nistet sich der Kurs spürbar unter 80 Pence ein, das Pfund kostet damit so viel wie seit September 2012 nicht mehr. Das ist insbesondere für Urlaubende und Dienstreisende vom Eurofestland ein teures Unterfangen, kosten doch derzeit Waren und Dienstleistungen für diese allein währungsbedingt rund 10% mehr als noch vor einem Jahr.
Für die kommenden Monate zeichnet die britische Wirtschaft auch weiterhin ein positives Bild: Die drei Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor, die Baubranche und das verarbeitende Gewerbe signalisieren anhaltende Expansion der Wirtschaftsleistung.
Fazit: Nicht nur das Royal Baby wächst und gedeiht, auch die britische Ökonomie gibt Grund zur Freude: Während Prince George of Cambridge erst seit vier Quartalen sprießt, sind es bei der britischen Volkswirtschaft nun bereits sechs Quartale der Expansion in Folge. Die heutigen Zahlen (+0,8% Q/Q und +3,1% Y/Y) sind ein weiterer Genesungsbeleg für den englischen Patienten. Die Insel hinkt (endlich!) nicht mehr dem Vorkrisenniveau hinterher. Trotz der positiven Rahmendaten sehen wir 2014 keine Zinswende seitens der BoE. Gefahren für die Wachstumsstory lauern in Form von hohen Immobilienpreisen, noch negativeren Reallöhnen als zuletzt, schwächeren Einzelhandelsumsätzen und dem Aufwertungsdruck an der Währungsfront.