KTG Agrar: Börsengang der Lebensmittelsparte in einigen Jahren „eine Option“
Die Ukraine-Krise und Befürchtungen, dass die schwierige Situation zwischen Russland und den westlichen Industrienationen eskaliert, haben die Aktie von KTG Agrar in den vergangenen Wochen deutlich belastet. Konzernchef Siegfried Hofreiter ist trotz der brisanten politischen Lage in Osteuropa und trotz der KTG-Investitionen in Russland und dem Baltikum wenig besorgt. Vieles werde überspitzt dargestellt, sagt der Vorstandschef von KTG Agrar im Interview mit www.4investors.de. Zudem nimmt Hofreiter Stellung zu den weiteren Entwicklungen und einem möglichen IPO der Lebensmittelsparte.
www.4investors.de: KTG Agrar hat einiges Geld in Russland investiert, man ist an der Tönnies-Gesellschaft Sojuz beteiligt. Welche Sorgen machen sie oder der Jointventure-Partner Tönnies sich über härtere Sanktionen gegen Russland?
Hofreiter: Wir haben 2013 die Chance genutzt und sind mit einem überschaubaren Betrag von 15 Millionen Euro in dieses starke Joint-Venture eingestiegen. Die Unternehmensgruppe besteht seit 2007 und hat ein integriertes Geschäftsmodell vom Getreideanbau über die Futtermittelherstellung bis zur Aufzucht und Vermarktung von Schweinen für den unterversorgten russischen Markt aufgebaut. Wir produzieren also in Russland für den lokalen Markt. Es besteht keine Abhängigkeit von Im- oder Exporten.
www.4investors.de: Die Sanktionen betreffen ja nicht nur das Im- und Exportgeschäft mit Russland, sondern haben auch für den russischen Finanzmarkt massive Folgen. Beeinträchtigt das die Geschäfte bei ihnen und bei Sojuz, vor allem was die Finanzierung der operativen Aktivitäten angeht?
Hofreiter: Bisher gibt es ja noch keine wirklichen Sanktionen. Sojuz ist solide finanziert und profitiert derzeit von den steigenden Agrarpreisen. Der Schweinepreis ist mit rund 100 Rubel pro Kilo inzwischen auf Rekordhoch.
www.4investors.de: Sie bauen in Litauen Agrarrohstoffe in großem Stil an. Im Baltikum geht die Angst um, dass man nach der Krim ein ähnliches Ziel der Politik Putins werden könnte, auch wenn das für viele Beobachter unwahrscheinlich erscheint. Was sagen sie zu diesen Befürchtungen?
Hofreiter: Da wird derzeit in den Medien vieles überspitzt dargestellt. Das Baltikum gehört zur EU und ist nicht mit der Ukraine vergleichbar. Insgesamt bin ich zuversichtlich, dass die Vernunft siegen wird. Aktuell sind keine negativen Entwicklungen festzustellen.
www.4investors.de: Welche weiteren Pläne verfolgt KTG Agrar im Baltikum?
Hofreiter: Litauen hat ertragreiche Böden, hohe Niederschläge und gute Infrastruktur und bietet damit hervorragende Möglichkeiten für die Landwirtschaft. Wir werden dort weiter wachsen. Die Nähe zu den europäischen Häfen ist ein entscheidender Standortvorteil.
www.4investors.de: Die Preise für Agrarrohstoffe sind in Folge der Krim-Krise gestiegen. Rechnen sie mit einem länger anhaltenden Preisschub, oder wird sich das Niveau schnell wieder auf niedrigerem Niveau einpendeln?
Hofreiter: Der jüngste Preisanstieg ist nicht nur auf die Krim-Krise zurückzuführen, sondern hat fundamentale Gründe. Sowohl in den USA als auch der Ukraine und Australien hält eine längere Trockenperiode an. Daher deutet sich eine niedrigere globale Ernte an. Hält die Trockenheit an, sind eher weiter steigende Preise zu erwarten.
www.4investors.de: Wie wirkt sich der aktuelle Preisschub auf ihre Kalkulationen aus? Kann KTG Agrar den Schub für sich nutzen und ist für 2014 durch das Preisniveau mit Überraschungen beim Umsatz und beim Ertrag zu rechnen?
Hofreiter: Für genaue Prognosen ist es natürlich noch etwas früh. Erstmal muss die Ernte eingefahren sein, dann wird abgerechnet. Die aktuelle Situation ist auf jeden Fall vielversprechend.
www.4investors.de: Sie erstellen gerade die Bilanz für das Jahr 2013. Welche Tendenzen zeichnen sich für die Zahlen ab?
Hofreiter: Wie angekündigt, war das Jahr 2013 sehr erfolgreich. Die Analystenschätzungen für unser EBIT liegen über 25 Millionen Euro und sind nicht unrealistisch.
KTG-Chef Hofreiter: „Haben stille Reserven von mehr als 120 Millionen Euro gebildet“
www.4investors.de: KTG Agrar hat immer wieder Kritik für die Cashflow-Entwicklung und die Verschuldung erhalten. Vor einigen Tagen haben sie gesagt, die Investitionsphase sei abgeschlossen, nun wolle man den Cashflow erhöhen und Schulden abbauen. Dabei haben sie noch vor wenigen Wochen das Emissionsvolumen einer Anleihe um 20 Millionen Euro aufgestockt und damit die Verschuldung weiter erhöht. Was heißt die Ankündigung in konkreten Zahlen, wie weit wollen sie zum Beispiel die Schulden senken, wie sollen sich die Investitionen entwickeln?
Hofreiter: Wir haben in den vergangenen Jahren ganz bewusst massiv investiert – in Ackerland, Biogasanlagen und den Aufbau der Nahrungsmittelproduktion. In allen drei Bereichen braucht man eine kritische Größe, um am Markt ernst genommen zu werden. Heute bewirtschaften wir rund 40.000 Hektar Ackerland im Herzen Europas, produzieren in Biogasanlagen mit einer Leistung von mehr als 40 Megawatt saubere Energie und erreichen mit starken Marken wie Frenzel Tiefkühlkost, Bio-Zentrale und die Landwirte den Verbraucher. Dabei haben wir stille Reserven von mehr als 120 Millionen Euro gebildet. Jetzt werden wir die Investitionen zurückfahren, gleichzeitig Umsatz und Ertrag deutlich erhöhen. Es ist unser klares Ziel für die kommenden Jahren, unsere Eigenkapitalquote zu erhöhen und die Fremdfinanzierung zurückzuführen.
www.4investors.de: Ergeben sich aus dem Strategieschwenk Effekte für zukünftige Dividendenzahlungen?
Hofreiter: Wir werden unsere Dividende schrittweise erhöhen, dabei aber die Reduzierung der Fremdfinanzierung nicht aus den Augen verlieren.
www.4investors.de: KTG Agrar hält derzeit 62,1 Prozent der Anteile an KTG Energie. Können sie sich vorstellen, den Anteil zu reduzieren?
Hofreiter: Die KTG Energie ist auf dem besten Weg eine echte Dividendenperle zu werden. Eine Reduzierung der Anteil ist derzeit – insbesondere auf dem aktuellen Kursniveau – kein Thema.
www.4investors.de: Wäre für sie, analog zum IPO der Biogassparte, auch eine Abspaltung mit einem Börsengang oder einem anders strukturierten Teilverkauf der Lebensmittelsparte eine Option, um Schulden abzubauen und in dem Sektor weiter wachsen zu können?
Hofreiter: Seit drei Jahren investieren wir mit der Strategie “vom Feld bis auf den Teller” in die Verlängerung der Wertschöpfungskette. Inzwischen bieten wir von frischen Kartoffeln über leckere Fertiggerichte und Müslis bis zu genfreiem Soja-Öl eine ganz Bandbreite von heimischen Produkten, produziert aus einer Hand und mit einer einzigartigen Qualitätssicherheit. Diesen Weg wollen wir weiter gehen und in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Dann wäre auch ein Börsengang eine Option.