Überraschender Inflationsanstieg in Deutschland - Commerzbank-Kolumne
Das Statistische Bundesamt hat gestern – für viele Analysten überraschend – einen leichten Anstieg der Inflation von 1,4% auf 1,5% im Juni gemeldet (harmonisierte Rate nach EU-Standard). Grundsätzlich kommt derzeit ein negativer Basiseffekt durch die Energiepreisentwicklung zum Tragen – der auch noch bis in den Herbst hinein wirkt, jedenfalls sofern der Ölpreis nicht deutlich ansteigt. Auf die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) hat die Ölpreisentwicklung allenfalls einen leichten und zeitlich verzögerten Effekt. Für den Euroraum pendelt die Kerninflation schon seit 2013 leicht unter einem Prozent. Sie dürfte auch im Juni bei 0,9% gelegen haben.
Zinsen und Anleihen
Deutschland: Arbeitsmarkt (Juni), 9.55 Uhr
Euroraum: Verbraucherpreise, (Juni), 10.00 Uhr
USA: Private Einkommen/Ausgaben (Mai), 14.30 Uhr
USA: Chicago PMI (Juni), 15.45 Uhr
USA: Verbraucherstimmung Michigan (Juni),16.00 Uhr
An den Staatsanleihemärkten standen die Renditen auch gestern unter Aufwärtsdruck. 10-jährige Bundesanleihen rentierten bei 0,45%, zum Wochenstart waren es noch 20 Basispunkte weniger. Noch immer hallt vor allem die Rede des EZB-Chefs vom Dienstag nach, auch wenn EZB-Kreise sich bemüßigt sahen, seine Aussagen – u.a. dass bei anhaltender Konjunkturerholung eine Verringerung des monetären Impulses angebracht sei –, in den „richtigen Kontext“ zu stellen und zu betonen, es handle sich dabei im Kern um die Bestätigung der bisherigen EZB-Linie. Klar ist jetzt zumindest: Innerhalb der EZB hat das prinzipielle Nachdenken um eine Reduzierung der Anleihekäufe begonnen; bisher hatte sie eine Diskussion darüber stets von sich gewiesen. Dass die Märkte, die ohnehin schon einhellig von einer im Januar beginnenden Reduzierung der EZB-Kaufvolumina ausgegangen waren, darauf so „geschockt“ reagierten, liegt wohl an der Befürchtung: Jetzt, wo die EZB einen neuen Ton in die Debatte bringt, könnte sie den Ausstieg eher schneller denn langsamer vollziehen. Wir sehen indes keinen Anlass, unsere Erwartung, dass eine Leitzinsanhebung der EZB erst ein Thema für 2019 ist, zu korrigieren. Gestern sah sich der Markt freilich in seiner trüben Stimmung bestätigt, nachdem die Juni-Inflationsrate in Deutschland etwas höher gemeldet wurden als erwartet und darüber hinaus noch der Datensatz der EU-Kommission zur Wirtschaftsstimmung den Marktkonsens deutlich überbot. Der Euro erklomm mit 1,14 US-Dollar ein 12-Monatshoch. Wichtig heute: Die Schnellschätzung der Euroraum-Inflationsrate für Juni.
Aktien
Heute keine relevanten Unternehmenstermine
Der weiter feste Euro wird für die europäischen Aktienbörsen zu einem immer stärkeren Belastungsfaktor. Am gestrigen Handelstag hatten die Indizes zwar noch fester eröffnet, begünstigt durch die deutliche Erholung der US-Technologiewerte und der guten Nachrichten von Stresstests für US-Banken vom Vortag, doch ging es mit den Kursen im Tagesverlauf stetig bergab. Der Kursdruck erhöhte sich mit der Eröffnung der Wall Street, da dort die IT-Titel wieder kräftigere Abgaben verzeichneten. In diesem Umfeld konnten sich im Euroraum lediglich die Banken (-0,6%) und die Versicherungen (-0,1%) einigermaßen behaupten, während alle anderen Branchen stark unter Druck gerieten. Im Dax 30 standen erneut die Aktien der Commerzbank (+1,3%) und der Deutschen Bank (+0,5%) an der Spitze der Kursliste. Dagegen setzten die Titel von RWE (-3,2%) ihren Abwärtstrend fort und verzeichneten damit den neunten Verlusttag in Folge. Noch stärker traf es im Sog der US-Technologie den Halbleiterkonzern Infineon (-3,7%). Im EUROSTOXX 50 legten lediglich einige wenige Finanzaktien zu. Besonders stark präsentierte sich im britischen Handel die Aktie von HSBC (+4,2%), die neben der guten Branchenstimmung von einer Kaufempfehlung profitierte. Auch im Dow Jones Industrial erwiesen sich Finanzwerte wie JP Morgan Chase (+1,5%) und Goldman Sachs (+0,5%) als die einzigen Stützen im Abwärtstrend. Am Ende der Kursliste standen dagegen Cisco (-2,1%) und Intel (-1,9%). Hier konnte neben dem Finanzsektor (+0,7%) noch Energie (+0,1%) leicht zulegen, begünstigt von der weiteren Stabilisierung der Ölpreise. Die IT-Branche verlor letztendlich 1,8%. Die asiatischen Märkte folgen heute Morgen den westlichen Börsen ins Minus. Allerdings hielten sich vor allem an den chinesischen Festlandbörsen die Verluste wegen der guten PMI-Daten in Grenzen. Die europäischen Indizes werden in der Eröffnung etwas schwächer erwartet.