Deutsche Verbraucherpreise: Inflationsrate springt über die 2%-Marke - Nord LB Kolumne
Soeben hat das Statistische Bundesamt seine Vorausschätzung zur Entwicklung der deutschen Verbraucherpreise im Berichtsmonat Februar veröffentlicht. Demnach ist die Inflationsrate in der nationalen Abgrenzung zum ersten Mal seit Ende 2012 mit 2,2% Y/Y wieder über die 2%-Marke gesprungen. In der harmonisierten Ausweisung kletterte die Jahresteuerung ebenfalls auf 2,2% Y/Y. In der größten Volkswirtschaft der Eurozone ist die Zielmarke der EZB damit nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten.
Wie immer stehen mit der Vorausschätzung für die Preisentwicklung im gesamten Bundesgebiet noch keine Detailinformationen zur Verfügung. Den Veröffentlichungen der insgesamt acht Statistischen Landesämter – darunter jene aus den bevölkerungsreichen und daher schwergewichtigen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg – lässt sich aber entnehmen, dass vor allem Nahrungsmittel sowie die energiesensitiven Komponenten des statistischen Warenkorbs maßgeblich für den gehörigen Preisauftrieb verantwortlich zeichnen. Bei Nahrungsmitteln kam es zu sehr viel stärkeren Preisbewegungen als sonst saisonal üblich, die Jahresrate schnellte in dieser Unterkomponente gegenüber Januar um mehr als einen Prozentpunkt nach oben. Zudem verteuerten sich mit dem schon seit Dezember nachhaltigen Anstieg der Rohölpreise im vergangenen Monat vor allem Benzin und Heizöl. Die Inflationsrate bei Ausklammerung der Preisentwicklung von Energieträgern dürfte immerhin um mindestens einen halben Prozentpunkt niedriger gelegen haben als jetzt für den Gesamtindex berichtet.
Für das morgen zur Veröffentlichung anstehende CPI Flash Estimate von Eurostat sieht es nun nach einer Jahresinflationsrate bei oder sogar knapp oberhalb von 2% Y/Y aus, wir waren zunächst von einem etwas niedrigeren Wert ausgegangen. Da sich auch der Teuerungssprung für die Eurozone insgesamt als vor allem energiepreisgetrieben erweisen wird, dürfte die Kernrate unter Herausrechnung von Nahrung und Energie allerdings knapp unterhalb von 1% verbleiben.
Was bedeutet das für die EZB? Ziel erreicht oder – streng genommen – sogar überschritten? Zeit zur Abkehr von der ultraexpansiven Geldpolitik? Spätestens im Anschluss an die nächste Ratssitzung am Donnerstag kommender Woche wird Mario Draghi dies kategorisch verneinen. Neben dem Verweis auf den mittelfristigen Charakter der Zielmarke wird ihm die Kernrate ein willkommenes Argument für das Festhalten am bisherigen Kurs liefern. Diese wird es bei nur mäßigem Lohndruck bis auf weiteres nicht nennenswert und nachhaltig über die 1%-Marke schaffen. Die in den meisten Volkswirtschaften der Eurozone zurückhaltende Lohn- und Beschäftigungsentwicklung lässt bei stärkerem Preisauftrieb – und sei es nur bei Energie und Nahrungsmitteln – allerdings gleichzeitig die real verfügbaren Haushaltseinkommen dahinschmelzen. Dies wird für die Verbraucher gerade bei der im Supermarkt und an der Tankstelle „gefühlten“ Inflation spürbar sein. Für die privaten Konsumausgaben, die Binnennachfrage und die Wachstumsdynamik sind das keine guten Nachrichten.
Fazit: Die deutsche Inflationsrate ist im Februar zum ersten Mal seit Ende 2012 wieder über die 2%-Marke gesprungen. Ausschlaggebend waren die stark gestiegenen Kosten für Nahrungsmittel und Energie. In der größten Volkswirtschaft der Eurozone ist die Zielmarke der EZB damit nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten. Mario Draghi wird mit der weiterhin niedrigen Kernrate dennoch Argumente für eine Fortsetzung der ultraexpansiven Geldpolitik finden. Das absehbare Dahinschmelzen der real verfügbaren Haushaltseinkommen birgt zudem erhebliche Risiken für die Konjunktur.