Deutschland: Deutsche Wirtschaft in Q1 gewachsen - Rezession abgewendet - Nord LB
Heute Vormittag hat das Statistische Bundesamt eine erste Schätzung zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal 2024 veröffentlicht. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte demnach saisonbereinigt um 0,2% Q/Q zu, womit die zwischenzeitlich schon als sicher angenommene technische Rezession vermieden werden konnte. Die Jahresrate verharrte mit -0,2% Y/Y im leicht negativen Bereich. Beim nicht-kalenderbereinigten BIP liegt die Jahresrate deutlich niedriger (-0,9% Q/Q), da im ersten Quartal – trotz des Schaltjahres – rechnerisch 1,6 Arbeitstage weniger zur Verfügung standen als im gleichen Vorjahreszeitraum. Die heutigen BIP-Daten liegen im Rahmen unserer Erwartungen. Eine gewisse negative Überraschung ist aber die nochmalige deutliche Abwärtsrevision für das Schlussquartal 2023.
Mit der heutigen Schnellschätzung des BIP veröffentlichte das Statistische Bundesamt wie üblich noch keine Details. Die Statistiker machten jedoch einige Tendenzaussagen zur Verwendungsseite. So trugen erwartungsgemäß die Nettoexporte und die Bauinvestitionen positiv zum Wachstum bei. Der private Konsum hingegen schrumpfte preisbereinigt erneut und verhinderte eine kräftigere Expansion. Aufgrund der bereits deutlich gesunkenen Inflation und recht hoher Nominallohnzuwächse steigen jedoch bereits die Reallöhne wieder kräftig, was die real verfügbaren Einkommen stärkt und im Jahresverlauf zur Trendwende beim privaten Verbrauch beitragen dürfte. Jedoch ist das Verbrauchervertrauen trotz der jüngsten Verbesserungen aktuell immer noch sehr niedrig.
Die zuletzt veröffentlichten harten Konjunkturdaten hatten bereits einen guten Start der deutschen Konjunktur ins Jahr 2024 angedeutet. Einzig die realen Einzelhandelsumsätze entwickelten sich insgesamt rückläufig, konnten aber immerhin im März wie erwartet etwas Boden gut machen (+1,8% M/M). In den ersten beiden Monaten legten vor allem die Exporte, die Industrie- und die Bauproduktion zu. Die Industrieproduktion stieg im Februar nach zuvor +1,3% M/M kräftig um +2,1% M/M. Insbesondere bei den energieintensiven Wirtschaftszweigen ging es steil aufwärts, womit der zyklische Tiefpunkt hier durchschritten sein dürfte.
Einen kräftigen Wachstumsimpuls lieferte im ersten Quartal die Bauproduktion, die im Februar saisonbereinigt um +7,9% M/M gewachsen ist. Dies scheint wegen der anhaltenden Belastungen durch Zinsanstieg und Kostensteigerungen zunächst überraschend. Hierzu hat aber vor allem die günstige Witterung beigetragen. Der Februar war ungewöhnlich warm und hatte nur wenige Frosttage. Das Vorziehen der Frühjahrsbelebung hat somit das Wachstum im ersten Quartal angeschoben, dieser sonst ins Frühjahr fallende Wachstumsimpuls fehlt nun aber im zweiten Quartal. Trotz der jüngsten Stimmungsverbesserung erwarten wir daher zumindest im Frühjahr noch kein anziehendes BIP-Wachstum.
Die Frühindikatoren weisen seit einigen Monaten aufwärts und dokumentieren einen allmählich zunehmenden Optimismus bei Unternehmenslenkern und Finanzmarktexperten. Insbesondere der dreimalige Anstieg des ifo-Geschäftsklimas stützt unsere Prognose einer moderaten konjunkturellen Erholung im zweiten Halbjahr. Für das Gesamtjahr halten wir dennoch an unserer vorsichtigen Wachstumsprognose in Höhe von +0,2% fest. Für die EZB ergeben sich aus den Q1-Wachstumsdaten keine Impulse, von ihrem eingeschlagenen Kurs einer schrittweisen Lockerung der restriktiven Geldpolitik abzuweichen.
Fazit: Die deutsche Wirtschaft ist deutlich besser ins Jahr 2024 gestartet als befürchtet und konnte mit einem preis- und saisonbereinigten BIP-Zuwachs von 0,2% Q/Q eine technische Rezession vermeiden. Der reale private Konsum bremste zwar erneut, dafür kamen jedoch positive Impulse von den Nettoexporten sowie von den Bauinvestitionen – letzteres jedoch vor allem dank günstiger Witterungsbedingungen im Februar. Die sich seit einigen Monaten aufhellende Wirtschaftsstimmung macht Hoffnung auf eine fortgesetzte Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr. Für das Gesamtjahr 2024 erwarten wir ein leichtes Wirtschaftswachstum in Höhe von 0,2%.
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