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German Startups Group: Die Gründerszene in Deutschland hat Aufholbedarf

02.12.2015 11:50 Uhr - Autor: Michael Barck  auf twitter

„Deutschland ist strukturell unterversorgt mit Venture Capital.“ - German Startups Group Chef Christoph Gerliner im Interview mit www.4investors.de. Bild und Copyright: German Startups Group.

Am 11. November hat die Aktie von German Startups Group ihre Erstnotiz gefeiert. Damals kostete das Papier 2,80 Euro. Inzwischen werden die Aktien auf Xetra mit 3,50 Euro gehandelt. Nicht jeder Börsenneuling kann sich über solche Kursgewinne innerhalb weniger Wochen freuen. Entsprechend stolz zeigt sich Christoph Gerlinger, Vorstandschef von German Startups Group, über die Entwicklung. Im Exklusivinterview mit der Redaktion von www.4investors.de spricht er ausführlich über seine weiteren Pläne mit German Startups Group.


www.4investors.de: Herr Gerlinger, sind Sie eigentlich lieber Investor, wie derzeit mit der German Startups Group, oder Gründer, wie seinerzeit zum Beispiel bei Frogster?

Gerlinger:
Heute bin ich lieber Investor. Das ist auch in den USA ein typischer Karriereweg – vom Startup-Unternehmer zum Venture-Capital-Investor. Ich habe zwei Unternehmen mitgegründet, aufgebaut, an die Börse geführt und für die Aktionäre Wert geschaffen. Seit dreieinhalb Jahren baue ich die German Startups Group auf und habe mich dafür in die Vogelperspektive eines Investors begeben. Beides ist gar nicht so unterschiedlich, wie man denkt. Wir wollen die German Startups Group vom aktivsten privaten zum auch nach Volumina führenden privaten Venture-Capital-Anbieter in Deutschland ausbauen.

www.4investors.de: Die Kultur für junge Unternehmen in Deutschland wird immer wieder als unzureichend kritisiert, unter anderem belasten bürokratische Hürden. Es herrscht zudem oftmals eine von „Hatern“ und Neidkultur geprägte Debatte und Berichterstattung rund um die Gründerszene. Gehen wir hierzulande zu destruktiv mit neuen Ideen, Gründern und Venture-Capital-Gebern um?

Gerlinger:
Die deutschen Gründer spüren noch heute die Folgen aus den Fehlbewertungen zur Zeit des „Neuen Markts“ und der „New Economy Bubble“ vor 15 Jahren. Aus unserer Sicht ist der Öffentlichkeit kaum bekannt, mit welchem Expertenwissen, Fleiß und welcher Sorgfalt junge deutsche Unternehmer heute disruptive Angebote und Geschäftsmodelle konzipieren. Das sind oft erfahrene und teilweise Serien-Gründer, die bereits in erster oder zweiter Reihe bei einem erfolgreichen Startup oder als Mitarbeiter eines Company Builders oder VC Erfahrungen gesammelt haben und genau wissen, was sie tun. Oft gehören sie zu den besten Absolventen führender Hochschulen und verzichten dafür auf eine aussichtsreiche Karriere als Unternehmensberater oder Investmentbanker. Mit Leidenschaft und Talent sowie zahlengetriebener Methodik streben sie systematisch danach, Märkte zu erobern und werthaltige Unternehmen aufzubauen. Es war auch noch nie so einfach, Unternehmer zu werden. Heute reichen dafür Wissen und ein Laptop, man braucht weder Grundstücke noch Maschinen, Fuhrparks, Rohstoffvorkommen, Patente, Vorräte oder Ähnliches. Das ist eine tolle Entwicklung, sowohl für die Individuen als auch für die Gesellschaft, die so Arbeitsplätze, Qualifikation, Steuereinnahmen und folglich an Wohlstand gewinnt.

www.4investors.de: Lange hieß es, dass nicht genügend Venture Capital in Deutschland zur Verfügung stehe. Hat sich das in den vergangenen Jahren geändert?

Gerlinger:
Deutschland ist strukturell unterversorgt mit Venture Capital. Wir haben beispielsweise nur ein Achtel des Venture Capitals gemessen am Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zu den USA, aber auch weniger als fast alle EU-Länder. Entsprechend hat die Gründerszene in Deutschland einen Aufholbedarf und zugleich eine Aufwertungschance, zum Beispiel gegenüber dem Silicon Valley. Gleichzeitig haben in den vergangenen Jahren unserer Einschätzung nach erfolgreiche Exits und weitere positive Markttrends dazu geführt, dass vermehrt neue Unternehmen gegründet wurden. Neben den in Deutschland vergleichsweise guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fördern der Zuzug internationaler Talente und die Präsenz ausländischer Kapitalgeber die Entwicklung des deutschen Venture-Capital-Marktes. Mit unserer Börsennotierung ermöglichen wir es den Kapitalmarktanlegern, sich über uns mittelbar an deutschen Startups zu beteiligen, indem wir diese mit Venture Capital versorgen.

Gerlinger: „ In Deutschland herrscht nach wie vor ein Käufermarkt“

www.4investors.de: Der Venture Capital Markt wird nach einigen erfolgreichen Investitionen und gestiegenen Preisen als überhitzt angesehen. Bezahlt man in der Branche unter Berücksichtigung der hohen Risiken von Frühphaseninvestments derzeit zu hohe Preise?

Gerlinger:
Der von Ihnen zitierte Eindruck stammt primär aus den USA und ist die Kehrseite der vorgenannten Medaille: Auf Grund der dort vielfach höheren Venture-Capital-Ausstattung gibt es in diesen Märkten durchaus auch einen Wettbewerb zwischen den Investoren um Beteiligungsmöglichkeiten, die deshalb dazu neigen, sich zu überbieten. In Deutschland herrscht nach wie vor ein Käufermarkt, in dem viele Startups um vergleichsweise wenig Kapital im Wettstreit stehen. Manche Startups werden nur in Größenordnung des zwei- oder dreifachen Jahresumsatzes bewertet, obwohl sie disruptive Innovationen beinhalten und stark wachsen. Anders als zur Zeit des Neuen Markts besteht erst jetzt die Hardware-Basis, um digitale Geschäftsmodelle erfolgreich umzusetzen. Damals gab es weltweit rund 100 Millionen Internetanschlüsse, die weitestgehend an PCs gebunden waren, die in der Firma oder im häuslichen Arbeitszimmer standen. Heute sind es über 3 Milliarden Anschlüsse, die wir auf unseren Smartphones immer bei uns tragen, die also ubiquitär rund um die Uhr verfügbar sind. Neben uns selbst sind unsere Autos, unsere Fernseher, unsere Musikanlagen u.v.m. an das Internet angeschlossen. Das eröffnet ganz neue Geschäftsmodelle.

www.4investors.de: Sie haben im letzten Interview mit uns kritisiert, dass ein eigenes Börsensegment für Startups in Deutschland fehle. Wie müsste ein solcher Markt aus Ihrer Sicht aussehen?

Gerlinger:
In der Tat fehlt in Deutschland ein eigenes Börsensegment für Startups. Wenn mehr Unternehmen an die Börse gehen könnten und ihre Anteile frei handelbar wären, würde das auch in den vorbörslichen Finanzierungsrunden die Kapitalaufnahme für die jungen Unternehmen erleichtern. Das hätte positive Wohlstandseffekte für unser Land.

www.4investors.de: Könnte der Entry Standard diese Rolle einnehmen, oder wäre eine solche Börse in Deutschland besser in Berlin angesiedelt?

Gerlinger:
Der Entry Standard zeichnet sich nur durch bestimmte Transparenzpflichten aus, ist aber hinsichtlich Themen wie Wachstumsgeschwindigkeit oder Geographie nicht eingegrenzt und stellt damit einen „Gemischtwarenladen“ mit über 200 Werten dar. Wachstumsunternehmen brauchen aber ein eigenes „Schaufenster“, also ein eigenes Börsensegment oder wenigstens einen eigenen Index. Das schafft die nötige Aufmerksamkeit von Seiten der Investoren.

www.4investors.de: Nachdem Ihr eigenes IPO im Entry Standard trotz viel PR im Sommer abgesagt wurde, kam nun eine überraschende und fast „heimlich“ vollzogene Notierungsaufnahme ohne großes Medienvorspiel. Warum diesmal diese Stille von Seiten der German Startups Group?

Gerlinger:
Wir hatten den Börsengang im Sommer mit viel Einsatz, Anstrengung und Leidenschaft vorangetrieben. Leider hatten wir großes Pech mit dem Timing. Zwar konnten wir sehr gute Zahlen vorweisen – wir sind immerhin seit dem ersten vollen Geschäftsjahr an und zunehmend profitabel – doch der Börseneinbruch wegen der Griechenland-Krise und der Konjunktureintrübung in China machte uns einen Strich durch die Rechnung. Im unverändert fragilen IPO-Umfeld haben wir uns nun für eine sicherere Variante entschieden, indem wir eine Privatplatzierung mit einem anschließenden Listing durchgeführt haben. Da es sich hierbei nicht um ein öffentliches Angebot handelt, ist auch die mediale Aufmerksamkeit geringer. Das war eine gute Entscheidung: Wir freuen uns sehr über den tollen Zeichnungsgewinn von über 30 Prozent für die Zeichner, die im Zuge der vorbörslichen Kapitalerhöhung 2,50 Euro pro Aktie bezahlt haben.

Aussichten auf Beteiligungsverkäufe

www.4investors.de: Ihren Börsengang zu Kursen zwischen 2,70 Euro und 3,60 Euro haben Sie im Sommer nicht durchgeführt. Derzeit notiert die Aktie der German Startups Group auf Xetra bei 3,50 Euro. Bei welchem Kursniveau kann die Börse mit der Kapitalerhöhung rechnen, die Sie eigentlich zum IPO durchführen wollten?

Gerlinger:
Die Entwicklung des Aktienkurses zeigt ja, dass wir mit der ursprünglichen Spanne rund um 3,15 Euro richtig lagen. Bei der kürzlich durchgeführten Privatplatzierung handelt es sich in der Tat um einen Zwischenschritt. Gleichzeitig sind wir mit der Performance sehr zufrieden. Sowohl am ersten Tag wie auch in der weiteren Entwicklung dürften wir einen der oberen Plätze des IPO-Jahrgangs 2015 einnehmen. Ob, wann und bei welchem Kurs wir eventuell weiteren Anlegern Gelegenheit zur Zeichnung von neuen Aktien geben, wissen wir noch nicht. Die Altaktionäre haben übrigens in der Transaktion keine Aktien aus der Hand gegeben. Das ist zwar recht selten, zeigt aber, dass sie an das Potenzial der German Startups Group glauben.

www.4investors.de: Wird eine eventuelle Kapitalerhöhung ein ähnliches Volumen haben wie im Sommer geplant?

Gerlinger:
Es ist noch viel zu früh, um dazu eine Aussage machen zu können. Für uns bestehen zur Zeit tolle Beteiligungsmöglichkeiten, aber auch Aussichten auf sogenannte Exits, also den Verkauf von Anteilen an Wachstumsunternehmen gemeinsam mit den anderen beteiligten Investoren an strategische Investoren oder Finanzinvestoren. Bis zu einer etwaigen Kapitalerhöhung kann also noch Einiges passieren, auch beim Kurs.

www.4investors.de: Das Portfolio der German Startups Group ist beim Blick auf die Branchen stark diversifiziert, es finden sich diverse Fintechs wie CRX Markets oder Scalable Capital, ein Zahnmedizinanbieter, E-Commerce-Beteiligungen wie ein Online-Brillenhändler oder auch der fast schon unvermeidliche Online-Essenslieferdienst und so weiter. Fehlt der German Startups Group der erkennbare Fokus?

Gerlinger:
Klares Nein! Die German Startups Group vereint die aus unserer Sicht attraktivsten deutschen Startups. Unsere Beteiligungen spiegeln damit die Vielfalt der deutschen Startup-Szene bewusst wider und das völlig unabhängig von der jeweiligen Branche der Beteiligungen. Wir versuchen, in unserem Portfolio ein „Best of“ der Assetklasse „Deutsche Startups“ zu vereinen. Wir haben einen klaren Fokus und zwar auf schnell wachsende junge Startups, deren Produkte oder internetbasierte Geschäftsmodelle eine disruptive Innovation verkörpern und ein hohes Potential für Skalierbarkeit erwarten lassen. Anders als typische VC-Fonds mit begrenzter Laufzeit und Investmentperioden, kann die German Startups Group ihre Portfoliounternehmen langfristig finanzieren und begleiten. Mit diesem Investmentansatz haben wir ein diversifiziertes Portfolio bestehend aus einigen der erfolgreichsten und prominentesten deutschen Startups aufgebaut.

Gerlinger: „ Wir wollen das hohe Tempo aufrecht erhalten.“

www.4investors.de: In welchen Bereichen wollen Sie neue Investments tätigen?

Gerlinger:
Wir wollen uns an den Folgefinanzierungsrunden erfolgreicher Portfoliounternehmen beteiligen, Erwerbsopportunitäten von Secondary Shares unserer Portfoliounternehmen, wie auch einiger anderer erfolgreicher und prominenter Wachstumsunternehmen mit guten Exit-Chancen wahrnehmen. Außerdem haben wir einige sehr spannende Angebote für Frühphaseninvestments und befinden uns in der Due Diligence für den Erwerb einer größeren Beteiligung an einem profitablen Wachstumsunternehmen, bei dem wir im zweiten Schritt eine Mehrheit anstreben.

www.4investors.de: Werden Sie in der Zukunft verstärkt Mehrheitsbeteiligungen an Unternehmen erwerben, oder bleibt es im Regelfall beim Minderheitsanteil?

Gerlinger:
Unsere bisher erfolgreiche Beteiligungsstrategie werden wir auch zukünftig fortsetzen. Diese sieht vor, weitere Minderheitsbeteiligungen zu erwerben, indem wir bestehende Beteiligungen zu Mehrheitsbeteiligungen ausbauen oder in frühen Phasen bereits Mehrheiten erwerben, sofern sich dafür eine Gelegenheit bietet.

www.4investors.de: Sie haben seit der Unternehmensgründung im April 2012 viele Beteiligungen gekauft. Soll das Tempo beibehalten werden, oder wollen Sie zukünftig mehr Ressourcen für die Begleitung der Unternehmen in ihrem Portfolio nutzen?

Gerlinger:
Sowohl als auch. Wir wollen das hohe Tempo aufrecht erhalten. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass wir nicht die Ressourcen hätten, unsere Portfoliounternehmen zu unterstützen. Sichtbar wird das beispielsweise an unserer Mehrheitsbeteiligung Exozet. Mit ihren mehr als 70 Software-Ingenieuren können wir so bei anderen Portfolio-Unternehmen einen Beitrag leisten, um ihre Geschäftsmodelle erfolgreich voranzutreiben.

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