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Aktienmärkte im Spannungsfeld zwischen Handelsstreit und Zinssenkungsfantasien - Weberbank-Kolumne

30.08.2019 17:01 Uhr - Autor: Kolumnist  auf twitter

Die europäischen Aktienmärkte mussten in der abgelaufenen Woche die Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China verdauen. Bild und Copyright: MaxxiGo / shutterstock.com

Die politischen Themen haben die Finanzmärkte weiterhin fest im Griff. Vor allem das erneute aufflammen des Handelskonfliktes zwischen den USA und China, die Furcht vor einem harten Brexit sowie die Regierungsbildung in Italien verunsicherten die Anleger. Profiteure der Unsicherheit waren der Rentenmarkt und das Gold. Welche Auswirkungen die Ereignisse auf die Finanzmärkte haben und wie wir die aktuelle Marktlage einschätzen, lesen sie in dieser Ausgabe.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat sich seit vergangenem Freitag weiter zugespitzt. China hat am Freitag angekündigt, ab dem 1. September und 15. Dezember zusätzliche Zölle von 5 Prozent bis 10 Prozent auf USWaren im Umfang von 75 Mrd. USD zu erheben. Zunächst werden Sojabohnen und Erdölimporte von den Belastungen betroffen sein. Ab Dezember sollen dann Zölle in Höhe von 25% auf amerikanische Autos folgen. Die USA reagierten sofort und beabsichtigen, ab dem 1. Oktober chinesische Waren im Wert von 250 Mrd. USD mit 30 Prozent statt 25 Prozent Zöllen zu belegen. Auch die Abgaben auf Konsumgüter, die Trump erst im Dezember erheben will, um das Weihnachtsgeschäft weniger zu belasten, werden von 10% auf 15% erhöht. Außerdem forderte Trump US-Firmen auf, ihre Produktion aus China abzuziehen. Trump benutzt die Handelspolitik für seinen Wahlkampf. Er wird sich weiter an der wirtschaftlichen Entwicklung und der Wählerstimmung orientieren und dementsprechend mit einer Entschärfung oder eine Eskalation reagieren. Letztendlich muss er aber wirtschaftliche Erfolge vorweisen, um am Ende als Präsident wiedergewählt zu werden.

Trotz des Handelskonfliktes, einer steigenden Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits, der Spannungen in Hongkong und der Bildung einer neuen italienischen Regierung ist die Wirtschaft der Eurozone im zweiten Quartal um 0,2 Prozent gegenüber dem ersten Quartal gestiegen. Die vorliegenden Indikatoren allerdings lassen für die Eurozone auf keine große Wachstumsbeschleunigung im laufenden dritten Quartal schließen. Schwachstelle ist weiterhin die Industrie. Der Bausektor und der Dienstleistungsbereich halten die Gesamtwirtschaft bislang auf Wachstumskurs. Positiv halten sich auch der Arbeitsmarkt und der private Konsum. Der Arbeitsmarkt hat zuletzt zwar an Dynamik eingebüßt; per Saldo werden aber immer noch neue Stellen geschaffen, und das Lohnwachstum bleibt solide. Sorgenkind innerhalb Europas ist Deutschland. Aufgrund der hohen Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft befindet sich die Stimmung im deutschen Industriesektor schon seit Monaten im Abwärtstrend. Zuletzt fiel der viel beachtete ifo-Geschäftsklimaindex auf das niedrigste Niveau seit November 2012. Zusätzlich scheint auch der Pessimismus der Industrie auf den eher an der Binnenwirtschaft orientierten Dienstleistungssektor und den Handel überzugreifen. Beide Bereiche profitieren bislang vom robusten privaten Konsum. Insgesamt muss für die deutsche Wirtschaft mit einer deutlichen Abkühlung gerechnet werden.

Die Konjunkturdaten aus Amerika bestätigen, dass die US-Wirtschaft zwar weiterhin solide verläuft, die konjunkturellen Risiken aufgrund des internationalen schwachen Konjunkturumfelds aber gestiegen sind. Während einzelne Bereiche der US-Wirtschaft, vor allem das verarbeitenden Gewerbe, schwächeln, zeigen sich die Verbraucher weiterhin zuversichtlich und konsumbereit. Der wichtige Privatkonsum wird unserer Meinung nach auch im zweiten Halbjahr die US-Wirtschaft unterstützen. Hier sorgt die nach wie vor hohe Zuversicht der Verbraucher, eine sehr niedrige Arbeitslosigkeit, ein nachhaltiger Lohnanstieg und die wieder niedrigeren Zinsen für Zuversicht. Auf der anderen Seite könnte aber auch der anhaltende Handelskonflikt den Ausblick trüben. Schließlich werden die amerikanischen Haushalte die Hauptlast der höheren Zölle auf chinesischen Waren tragen müssen. Dass könnte der Konsumentenstimmung in den kommenden Monaten dann doch allmählich schaden.

Die oben genannten Risikofaktoren, sowie die Bereitschaft der EZB zur Lockerung der Geldpolitik ließ die Rendite der europäischen Staatsanleihen kräftig fallen. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Notenbank den Einlagesatz im September senken und ggf. gleichzeitig einen Staffelzins einführen wird. Außerdem dürfte die Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms konkretisiert werden. Die Aussicht auf wieder tiefere Leitzinsen in der Eurozone, anhaltende Rezessionssorgen des Marktes, der Handelskonflikt und die weiteren globalen Risiken dürften dafür sorgen, dass die Kurse der Bundesanleihen weiterhin gut unterstützt bleiben. Es stellt sich allerdings die Frage, in wieweit die Maßnahmen der EZB bereits in den Kursen eingepreist sind. Die hohen Erwartungen an die EZB könnten auch enttäuscht werden und kurzfristig zu steigenden Renditen führen. Vor diesem Hintergrund und halten wir das Segment der Unternehmensanleihen für attraktiver.

Die europäischen Aktienmärkte mussten in der abgelaufenen Woche die Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China verdauen. Erst Äußerungen vom US-Präsident Trump, er würde gerne wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sorgten für eine Stimmungsaufhellung. Solange der Streit zwischen den USA und China nicht gelöst wird, dürften die Aktienmärkte unter Druck bleiben und hohe Schwankungen verzeichnen. Mittelfristig sind wir dennoch zuversichtlich, dass die Aktienmärkte ihren Aufwärtstrend wieder aufnehmen. So sind die Bewertungen insbesondere im Vergleich zu den Anleihenmärkten weiterhin sehr attraktiv. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass sich die konjunkturellen Abwärtsrisiken nicht verfestigen und in schwächere Unternehmensresultate durchschlagen. Eine Stabilisierung der konjunkturellen Frühindikatoren (Ifo Index, Einkaufmanagerindizes etc.) wäre hier durchaus wünschenswert. Einer der stärksten Treiber für die Aktien liegt unseres Erachtens aber in der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken. Diese sollten auch mittelfristig die Aktienmärkte unterstützen. Zusätzlich könnten Fiskalprogramme von den Regierungen gestartet werden. Zu guter Letzt sollte auch nicht die Bereitschaft des US-Präsidenten unterschätzt werden, bei schwächeren US-Aktienmärkten und/oder einem Wirtschaftsabschwung positiv einzugreifen, um seine Chancen für eine Wiederwahl zu steigern. Solange die Lage an den Aktienmärkten durch den Handelskonflikt bestimmt wird, muss mit erhöhten Risiken gerechnet werden. Wir empfehlen momentan eine vorsichtigere Haltung einzunehmen und auf defensive Branchen und eine Beimischung von Gold zu setzen.

Disclaimer: Dieser Text ist eine Kolumne der Weberbank. Der Inhalt der Kolumne wird von 4investors nicht verantwortet und muss daher nicht zwingend mit der Meinung der 4investors-Redaktion übereinstimmen. Jegliche Haftung und Ansprüche werden daher von 4investors ausdrücklich ausgeschlossen!

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